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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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sie ihrerseits davon, ihren Mann
beschämen zu wollen indem sie ihm beweisen werde, daß das Billett
nicht die Schrift Octaves sei, sowie daß er auch nicht der Herr von
der Rochus-Kirche sei. Frau Josserand hörte ihr zu, prüfte sie mit
ihrem erfahrenen Blicke, einzig damit beschäftigt, irgendein
Auskunftsmittel zu finden, um ihr behilflich zu sein, Theophile zu
täuschen. Es gelang ihr auch in der Tat, ihr höchst weise
Ratschläge zu erteilen.
    Lassen Sie nur mich machen; mengen Sie sich gar nicht in die
Sache … Da er einmal will, daß es Herr Mouret gewesen ist,
lassen wir ihn gewähren; es wird also Herr Mouret gewesen sein. Ist
etwas dabei, wenn man auf den Treppen einer Kirche mit Herrn Mouret
gesehen ist? Unangenehm ist einzig und allein der Brief … Sie
werden triumphieren, sobald der junge Mann ihm zwei Zeilen von
seiner Hand zeigt Sagen Sie nur immer dasselbe wie ich; Sie
verstehen mich doch, ich werde nicht zugeben, uns einen solchen Tag
zu verderben.
    Als sie Valerie, die ganz aufgeregt war, beruhigt hatte, sagte
Theophile seinerseits mit erstickter Stimme zu seiner
Schwester:
    Nur dir zuliebe tue ich es, wenn ich dir verspreche, daß ich sie
hier nicht verunstalten werde, da du versicherst, daß es wegen
dieser Hochzeit unschicklich sei … Aber in der Kirche stehe
ich für nichts. Kommt mir dieser freche Ellenritter dort unter die
Augen, bringe ich sie beide um.
    August, in tadelloser schwarzer Toilette, das linke Auge
zugedrückt – die Folge eines einseitigen Kopfschmerzes, der ihn
seit drei Tagen das Zimmer zu hüten nötigte – kam in diesem
Augenblicke herauf, um seine Braut abzuholen, in Begleitung seines Vaters und seines Schwagers,
beide waren in Gala. Da man etwas verspätet war, mußte man sich
beeilen. Zwei der Damen, Frau Duverdy und Frau Dambreville, mußten
Frau Josserand ihren Schal anziehen helfen; es war ein schwerer,
ungeheuer großer Schal mit gelbem Grund, den sie bei allen
feierlichen Gelegenheiten anlegte, obgleich er längst außer Mode
war, und obgleich die Größe und seine bunten grellen Farben die
Straßen in Aufruhr brachten, als ob sie ein mit Vorhängen und
Tapeten ausgeschlagenes, wandelndes Haus sei.
    Jetzt hieß es wieder, auf Herrn Josserand warten. Er suchte
einen Manschettenknopf unter den Möbeln, der tags vorher mit dem
Kehricht weggefegt war. Endlich erschien er und stammelte etwas zu
seiner Entschuldigung; ganz außer sich, dabei doch höchst vergnügt,
ging er zuerst hinunter, indem er den Arm Bertas fest unter dem
seinen drückte. Ihnen folgten August und Frau Josserand. Dann kam
die lange Reihe von Gästen, die beim Ausgange durch ein lautes
Gemurmel die tiefe Stille störte, die sonst auf der Treppe
herrschte. Theophile hatte sich Duverdy angeschlossen, dem er mit
seiner Geschichte die ernste Stimmung verdarb. Er jammerte ihm die
Ohren voll und verlangte Ratschläge, während Valerie, die sich
wieder erholt hatte, vor ihnen in bescheidener Haltung einhergehend
die zärtlichen Ermutigungen der Frau Juzeur anhörte und die
fürchterlichen Blicke ihres Gatten gar nicht zu bemerken
schien.
    Dein Gebetbuch! rief Frau Josserand plötzlich verzweifelt
aus.
    Die Gesellschaft hatte sich schon in die Wagen gesetzt; Angela
mußte wieder hinauf, das Gebetbuch mit weißem Samtdeckel zu holen.
Endlich fuhren sie ab. Alle Hausleute standen draußen, die
Hausmägde, die Hausmeistersleute; Marie
Pichou war mit Lilitte heruntergekommen, wie zum Ausgehen
angekleidet, und der Anblick der hübschen und schön gekleideten
Braut rührte sie zu Tränen. Herr Gourd bemerkte, daß nur die Leute
vom zweiten Stockwerke sich nicht gerührt hatten: sonderbare
Hausbewohner, die alles anders taten als die übrigen Leute.
    In der Rochus-Kirche wurden beide Flügel der Pforte geöffnet.
Ein roter Teppich lief bis auf den Fußweg herunter.
    Es regnete; der Maimorgen war recht kühl.
    Dreizehn Stufen, sagte Frau Juzeur ganz leise zu Valerie, als
sie durch die Türe gingen. Das ist kein gutes Zeichen.
    Sobald der Hochzeitszug zwischen den beiden Bankreihen erschien,
in der Richtung auf den Chor zuschreitend, wo die Wachskerzen des
Altars gleich Sternen glänzten, stimmte die Orgel über den Häuptern
der Brautleute einen Freudensang an. Es war eine reiche, heiter
anmutende Kirche mit ihren großen weißen Fenstern, gelb und
zartblau eingesäumt, mit ihrer roten Marmorverkleidung am Fuße der
Mauern und Säulen, ihrer vergoldeten Kanzel, gestützt von den vier
Evangelisten, ihren

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