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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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der Frauen, das hämische Lachen der Männer unter dem
hellen Lichte der Fenster inmitten des üppigen Reichtums des
Kirchenschiffes und der Kapellen.
    Gestehen Sie nichts, sagte Frau Josserand zu Valerie, als die
Familie nach der Kirche sich in die Sakristei zu gehen
anschickte.
    In der Sakristei trugen zuvörderst die Neuvermählten und die
Zeugen ihre Namen in das Kirchenbuch ein. Doch man mußte auf
Campardon warten, der die Damen soeben zur Besichtigung der
Calvarienarbeiten in den Hintergrund des Chors hinter eine
Bretterverschalung führte. Er kam endlich, entschuldigte sich und
bedeckte das Register mit einem, breiten Namenszug. Der Abbé
Mauduit reichte, um die beiden Familien zu ehren, die Feder jedem
einzelnen hin, mit dem Finger die Stelle bezeichnend, wo die
Unterschrift erfolgen sollte, und lächelte mit seiner Miene
liebenswürdiger, weltmännischer Duldung inmitten der ernsten
Örtlichkeit, deren Getäfel einen beständigen Weihrauchgeruch
beibehielt.
    Wohlan, mein Fräulein, fragte Campardon Hortense, macht Ihnen
das nicht Lust, ein gleiches zu tun?
    Dann bedauerte er seinen Mangel an Takt. Hortense, welche die
ältere war, kniff die Lippen zusammen. Indessen rechnete sie
darauf, an demselben Abend auf dem Balle eine bestimmte Antwort von
Verdier zu erhalten, den sie drängte, zwischen ihr und seiner
Kreatur zu wählen. Doch sie antwortete Campardon mit rauher
Stimme:
    Ich habe Zeit … Sobald ich will …
    Sie kehrte dem Architekten den Rücken und stieß dabei auf ihren
Bruder Leo, der allein ankam, zu spät wie immer.
    Du bist artig, Papa und Mama sind sehr zufrieden … Nicht da
zu sein, wenn man eine seiner Schwestern verheiratet! Wir erwarteten dich zum mindesten mit Frau
Dambreville.
    Frau Dambreville tut, was ihr beliebt, sagte der junge Mann
trocken, und ich tue, was ich kann.
    Sie waren gegeneinander erkaltet, er und die Dambreville. Leo
fand, daß sie ihn zu lange für sich behalte, und war einer
Liebschaft überdrüssig geworden, deren Lästigkeit er in der
alleinigen Hoffnung auf eine gute Heirat ertragen hatte. Seit
vierzehn Tagen ließ er sie fahren samt ihren Versprechungen. Frau
Dambreville, von Liebeswut ergriffen, beklagte sich selbst bei Frau
Josserand über das, was sie die tollen Einfälle ihres Sohnes
nannte. Letztere wollte ihn auszanken, indem sie ihm vorwarf, daß
er keinerlei Zärtlichkeit oder Rücksicht gegen seine Familie übe,
da er in den feierlichsten Augenblicken fehle. Aber mit dem
hochmütigen Tone des jungen Demokraten gab er seine Gründe dafür
an: eine unvorhergesehene Arbeit bei dem Abgeordneten, dessen
Sekretär er war, ein Vortrag, der vorzubereiten war, alle möglichen
Mühen und Gänge von dringendster Wichtigkeit.
    Eine Heirat geht so rasch vonstatten, sagte Frau Dambreville,
ohne über ihren Satz nachzudenken, indem sie ihm flehende Blicke
zuwarf, um ihn zu erweichen.
    Nicht immer, erwiderte er hart.
    Er ging Berta umarmen, dann seinem neuen Schwager die Hand
drücken, während Frau Dambreville erbleichte, gepeinigt, sich in
ihrer mattgelben Toilette zurückwendend und den Leuten unbestimmt
zulächelnd.
    Jetzt zog der Zug der Freunde, der einfachen Bekannten, aller
Geladenen, die die Kirche gefüllt hatten, durch die Sakristei. Die
Neuvermählten tauschten stehend fortwährend Händedrücke aus, beide
mit entzückten und verlegenen Mienen. Die Josserand und Duverdy
konnten kaum mit den Vorstellungen fertig
werden. Von Zeit zu Zeit sahen sie einander erstaunt an, Bachelard
führte Leute herein, die niemand kannte, und die zu laut sprachen.
Nach und nach stieg die Verwirrung, das Drängen und Stoßen, es
zeigten sich über den Köpfen ausgestreckte Arme, junge Mädchen,
eingeschlossen zwischen Herren mit dicken Bäuchen, die Enden ihrer
weißen Röcke zwischen den Beinen dieser Väter, dieser Brüder und
dieser Oheime, die noch von irgendeinem Laster schwitzten.
Seitwärts standen Gueulin und Trublot und erzählten Octave eben,
daß gestern Clarisse den Fehler begangen, sich von Duverdy mit
einem andern überraschen zu lassen, und sich darein ergeben habe,
ihn mit ihren Gefälligkeiten zu überhäufen, um ihn zu blenden.
    Halt! murmelte Gueulin, er umarmt die junge Frau: Das muß gut
riechen!
    Inzwischen hatten die Gäste sich allmählich entfernt. Nur die
Verwandten und vertrautesten Freunde waren noch beisammen
geblieben. Das Mißgeschick, welches Theophil getroffen, machte noch
die Runde inmitten der Händedrücke und der Beglückwünschungen.

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