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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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annehmen;
besser hätte es indes getan, zu bleiben, wo es war.
    Marie hingegen, die sonst so sanfte Marie, war griesgrämig und
gab zuletzt ihrer Mutter recht, die den Ungehorsam niemals
verzeihen konnte. Das Ehepaar geriet wieder in Streit; man warf
einander das Kind vor, schob einander die Schuld zu, bis endlich
Octave in fröhlichem Tone vermittelnd dazwischen trat.
    Wenn es da ist, helfen Ihnen diese Streitigkeiten nichts… Wie
wär's denn, wenn wir heute nicht zu Hause speisten? da wird man ja
ganz verstimmt. Ich führe Sie in ein Restaurant. Wollen Sie?
    Die junge Frau errötete. Im Restaurant speisen, war für sie eine
Freude. Sie erwähnte indes ihr Töchterchen, das sie immer daran
hindere, sich ein Vergnügen zu gönnen. Man einigte sich dahin, daß
Lilitte diesmal bei der Partie sei. Es folgte ein fröhlicher Abend.
Octave hatte sie in das Speisehaus zum »Rinderbraten« geführt, in
ein besonderes Zimmer, um, wie er sagte, ungezwungener sein zu
können. Er ließ ihnen dort Speisen in Hülle und Fülle vorsetzen mit
unüberlegter Verschwendung, ohne an die Rechnung zu denken, nur
glücklich, daß er sie essen sah.
    Ja, beim Nachtisch ließ er, als man Lilitte zwischen die beiden
Kissen auf dem Sofa der Länge nach hingelegt hatte, Champagner
bringen; so vergaßen sie sich alle drei, mit den Ellbogen auf den
Tisch gestützt, mit tränenfeuchten Augen; allen dreien war das Herz
voll, und sie verschmachteten schier in der drückenden Hitze des
Kabinetts.
    Endlich um elf Uhr sprachen sie davon, daß sie nach Hause gehen müßten, aber sie waren ganz rot; die
frische Luft in der Straße hatte sie betäubt. Da die Kleine, vom
Schlafe niedergedrückt, nicht gehen wollte, bestand Octave darauf,
um alles bis ans Ende gutzumachen, einen Wagen zu mieten trotz der
Nähe der Choiseul-Straße.
    Während oben im vierten Stock Julius damit beschäftigt war,
Lilitte hineinzutragen, drückte Octave einen Abschiedskuß auf die
Stirne der jungen Frau wie ein Vater, der seine Tochter einem
Schwiegersohne überläßt. Als er dann sah, daß sie verliebt taten,
einander mit trunkenen Blicken betrachteten, brachte er sie zu
Bette und wünschte ihnen durch die Türe eine gute Nacht und schöne
Träume.
    Meiner Treu! dachte er, als er sich allein in sein Bett drückte.
Das hat mir fünfzig Franken gekostet, aber ich war es ihnen wohl
schuldig… Am Ende habe ich nur 
einen
 Wunsch,
den, daß ihr Mann sein Weibchen glücklich mache.
    Gerührt über sein eigenes gutes Herz beschloß er, am Abend des
folgenden Tages den großen Anschlag zu versuchen.
    Jeden Montag nach dem Essen half Octave der Frau Hédouin die
Bestellungen für die Woche nachsehen. Zu diesem Geschäfte zogen sie
sich in das hintere Kabinett zurück, ein enges Stübchen, wo bloß
eine Kasse, ein Schreibtisch, zwei Stühle und ein Sofa standen.
    Diesen Montag jedoch sollte Frau Hédouin mit den Duverdy in die
Komische Oper gehen. Daher rief sie den jungen Mann schon um drei
Uhr. Trotz des hellen Sonnenscheins mußten sie das Gas anzünden,
weil das Kabinett nur ein fahles Licht von einem innern Hofe her
erhielt. Als er den Riegel vorschob und sie ihn verwundert ansah,
murmelte er:
    Damit uns niemand störe.
    Sie nickte zustimmend, und dann gingen sie
an die Arbeit. Die Sommermodeartikel hatten einen vorzüglichen
Absatz, das Haus gewann einen immer weiteren Geschäftskreis. In
dieser Woche stellte sich der Verkauf kleiner Wollwaren so gut an,
daß ihr ein Seufzer entschlüpfte:
    Ach, wenn wir Raum hätten!
    Nun, sagte er, um einmal den Angriff zu beginnen, das hängt von
Ihnen ab… Ich habe seit einiger Zeit einen Gedanken, von dem ich
jetzt mit Ihnen sprechen will.
    Es war die kühne Unternehmung, die er plante. Er setzte alles
weitläufig auseinander; es handelte sich um den Ankauf des
angrenzenden Hauses in der Neuen Augustinstraße, wo man einem
Sonnenschirmhändler sowie einem Spielzeugfabrikanten kündigen
würde, um die Warenlager zu vergrößern; man könne sodann einen
ungeheueren Kundenkreis gewinnen.
    Hierbei ereiferte er sich, zeigte sich voller Verachtung gegen
die veraltete Art des Handels in entlegenen, feuchten, rußigen
Läden ohne Schaufenster, zauberte mit einer Gebärde einen neuen
Handel hervor, bei dem er alle weiblichen Luxusartikel in
Kristallpalästen anhäufen möchte, wo man am hellen Tage
Millionenschätze ausbreiten und des Abends in fürstlichem Glanze
erstrahlen lassen werde.
    Sie werden den Handel im Rochusviertel lahm legen, sagte

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