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Der Hagestolz

Der Hagestolz

Titel: Der Hagestolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Hanna.«
    »Ach nein, Victor, ich danke dir,« antwortete sie, »es sind ja nur ein par leichte Läppchen, die ich färbte und hier troknen ließ.«
    »Hat sie dir die Sonne denn nicht sehr ausgezogen?«
    »Nein; dieses Blau muß man in die Sonne legen, vorzüglich in die Frühlingssonne, da wird es immer schöner.«
    »Nun, und ist es schön geworden?«
    »Sieh her.«
    »Ach ich verstehe es doch nicht.«
    »Es ist nicht so schön geworden, wie die Bänder im vorigen Jahre, aber doch schön genug.«
    »Es ist sehr feine Seide.«
    »Sehr fein.«
    »Gibt es noch feinere?«
    »Ja, es gibt noch viel feinere.«
    »Und möchtest du recht viele schöne seidene Kleider haben?«
    »Nein; sie sind zum Festtagsgewande sehr vorzüglich; aber da man nicht viel Festgewand braucht, so wünsche ich nicht viel Seide. Die andern Kleider sind auch schön, und Seide ist immer ein stolzes Tragen.«
    »Ist der Seidenwurm nicht ein recht armes Ding?«
    »Warum, Victor? «
    »Weil man ihn tödten muß, um sein Gewebe zu bekommen.«
    »Thut man das?«
    »Ja, man siedet sein Gespinnst im Wasserdunst, oder räuchert es in Schwefel, damit das Thier drinnen stirbt; denn sonst frißt es die Fäden durch, und kömmt als Schmetterling heraus.«
    »Armes Thier!«
    »Ja - und in unsern Zeiten trennt man ihn auch von seinem armen Vaterlande - siehst du, Hanna - wo er auf sonnigen Maulbeerbäumen herum kriechen könnte, und füttert ihn in unsern Stuben mit Blättern, die draußen wachsen und auch nicht so heiter sind, wie in ihrem Vaterlande. - - Und die Schwalben, und die Störche und die andern Zugvögel gehen im Herbste von uns fort, vielleicht weit, weit in die Fremde; aber sie kommen im Frühlinge wieder. - - Es muß die Welt doch eine ungeheure, ungeheure Größe haben.«
    »Mein armer Victor, rede nicht solche Dinge.«
    »Ich möchte dich um etwas fragen, Hanna.«
    »So frage mich, Victor.«
    »Ich muß dir noch vielmal danken, Hanna, daß du mir die schöne Geldbörse gemacht hast. Das Gewebe ist so fein und weich, und die Farben sind recht schön. Ich habe sie mir aufbewahrt, und werde kein Geld hinein thun.«
    »Ach, Victor, das ist ja schon lange her, daß ich dir die Börse gab, und es ist nicht der Mühe werth, daß du mir dankst. Thue du nur dein Geld hinein, ich werde dir eine neue machen, wenn diese schlecht wird, und so immer fort, daß du nie einen Mangel haben sollst. Ich habe dir zu deiner jezigen Abreise noch etwas gemacht, das viel schöner ist, als die Börse, aber die Mutter wollte, daß ich es dir erst heute Abends oder morgen früh geben sollte.«
    »Das freut mich, Hanna, das freut mich sehr.«
    »Wo bist du denn den ganzen Nachmittag gewesen, Victor?«
    »Ich bin an dem Bache hinaufgegangen, weil ich so lange Weile hatte. Ich habe in das Wasser geschaut, wie es so eilig und emsig unserm Dorfe zurieselt, wie es so dunkel und wieder helle ist, wie es um die Steine und um den Sand herum trachtet, um nur bald in das Dorf zu kommen, in welchem es dann doch nicht bleibt. Ich habe das Steinübergehänge angeschaut, das da steht und unaufhörlich in die Wellen blikt. Zulezt bin ich in den Buchenwald hinauf gegangen, wo die Stämme schön sein werden, wenn ein oder zwei oder gar zehn Jahre verflossen sind. Die Mutter hat mir von einem Plaze erzählt, wo ein flacher Stein über ein Brünnlein liegt, und eine alte Buche mit einem tiefen langen Aste steht. Ich konnte den Plaz nicht finden.«
    »Das ist das Buchenbrünnlein im Hirschkar. Es wachsen gute Brombeeren herum, ich weiß den Plaz recht gut, und werde ihn dir morgen zeigen, wenn du willst.«
    »Morgen bin ich ja nicht mehr da, Hanna.«
    »Ach so, morgen bist du nicht mehr da. Ich meine immer, daß du stets da sein sollst.«
    »Ach nein. - - Liebe Hanna, theile diese seidenen Fleke ab, ich will sie dir doch hinein tragen helfen.«
    »Ich weiß nicht, wie du heute bist, Victor; die Dinge da sind ja so leicht, daß ein Kind das Zehnfache davon zu tragen vermöchte.«
    »Es ist auch nicht wegen der Schwere, sondern ich möchte sie dir nur tragen.«
    »Nun so trage einen Theil, ich werde sie gleich ordnen. Willst du schon in das Haus hinein gehen, so raffen wir schnell zusammen, was noch da ist, und gehen.«
    »Nein, nein, ich will nicht hinein gehen - es ist ja nicht so spät, ich möchte noch in dem Garten bleiben. - - Und das von der Börse ist es auch nicht allein, was ich dir zu sagen habe.«
    »So sprich, Victor, was ist es denn?«
    »Die vier Tauben, die ich bisher ernährt

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