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Der Hammer der Götter

Der Hammer der Götter

Titel: Der Hammer der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Das ist eine beinahe noch bessere Idee«, sagte Thor abwesend. Torben sagte noch mehr (das vermutlich noch weniger Sinn ergab) und Thor wandte sich endgültig ab und begann nach einem geeigneten Baum zu suchen.
    Es ging schneller, als er zu hoffen gewagt hätte. Dass keiner der Bäume hier höher als zwei oder drei Manneslängen und bis zur Höhe der Kronen hinauf nahezu astlos war, machte ihm die Suche ebenso leicht wie die Tatsache, dass sie fast ausnahmslos gerade gewachsen waren. Schon nach wenigen Augenblicken hatte er fast ein halbes Dutzend geeigneter Bäume gefunden, schlug seinen Mantel zurück und löste Mjöllnir vom Gürtel.
    »Du ... hast nicht das vor, von dem ich glaube, dass du es vorhast ... oder?«, murmelte Torben hinter ihm.
    Thor sparte es sich, auch nur darauf zu antworten, sondern ergriff Mjöllnir mit beiden Händen und machte sich entschlossen ans Werk.
    Eine gute halbe Stunde später – und nachdem er etliche Bäume zu Sägespänen und kaminholzgroßen Scheiten verarbeitet hatte – hatte er nicht nur begriffen, wie schwer es war, einen Baum mit einem Hammer zu fällen (selbst mit einem wie Mjöllnir), sondern auch zum ersten Mal seit sehr vielen Jahren wieder Blasen an den Händen. Aber immerhin hatte er dem Wald vier Stämme abgetrotzt, jeder anderthalbmal solang wie er und gerade gewachsen. Das Schwert hatte sich als hilfreich dabei erwiesen, alle überflüssigen Äste zu entfernen, und indem sie seinen und Torbens Mantel in Streifen geschnitten hatten, besaßen sie auch genug improvisiertes Seil, um die Stämme zusammenzubinden.
    Wenn sie nicht mit einem Fisch zusammenstießen, der größer als eine Kinderhand war, oder von einer sanften Welle getroffen wurden, sollten sie eigentlich halten ...
    »Ich habe niemals behauptet, ein begnadeter Schiffsbauer zu sein, oder auch nur ein guter Kapitän«, nörgelte Torben, als Thor fertig war und einen Schritt zurücktrat, um sein Werk zu begutachten, »aber das nennst du ein Floß?«
    »Nein«, antwortete Thor. »Ich nenne es einen schnellen Weg zur Küste.«
    »Es wird in der ersten Stromschnelle auseinanderfallen«, beharrte Torben. »Ach was, beim Anblick der ersten Stromschnelle. Von Sandbänken und Felsen ganz zu schweigen.«
    »Dann solltest du das besser auch tun«, antwortete Thor scharf. »Schweigen, meine ich.«
    Torben bedachte ihn mit einem wütenden Blick und schwieg tatsächlich, wenigstens so lange, wie sie brauchten, um das improvisierte Floß zum Ufer zu tragen und so ins Wasser zu legen, dass es nicht sofort von der Strömung ergriffen und weggetragen wurde; oder gleich in Stücke gerissen. Thor musste dem alten Kapitän im Stillen recht geben: Sein angebliches Floß bot einem bemitleidenswerten Anblick, vier Baumstämme, die wohl eher von gutem Willen und Vertrauen auf die Götter als von den paar dünnen Stoffstreifen zusammengehalten wurden und kaum so aussahen, als könnten sie das Gewicht eines Kindes tragen, geschweige denn das von zwei ausgewachsenen Männern. Sie hatten weder ein Ruder, noch wussten sie, was sie im weiteren Verlauf des Flusses erwartete.
    »Wenn es auseinanderfällt, dann halten wir uns an den Stämmen fest«, sagte er. »Und wenn deine Kraft nicht reicht, dann schwimmst du zum Ufer.«
    »Ich kann nicht schwimmen«, erinnerte Torben.
    Thor sah ihn ein wenig hilflos an. Torben behauptete das unentwegt, und um so lauter, je mehr er getrunken hatte, aber Thor hatte das bisher stets für einen Witz gehalten. Offensichtlich war es das nicht.
    »Dann musst du dich wohl besonders gut festhalten«, sagte er. »Heißt es nicht sowieso, dass ein Kapitän immer als letzter von Bord geht?«
     
    *
     
    Zum allerersten Mal, seit sie diese verfluchte Insel hinter dem Ende der Welt betreten hatten, meinten die Götter es gut mit ihnen.
    Vielleicht hatten sie auch einfach nur Glück.
    Thors improvisiertes Floß hielt, und die Strömung nahm ganz allmählich, aber auch ebenso beständig zu, sodass sie die Küste weitaus schneller erreichten, als er auch nur zu hoffen gewagt hatte. Und sie hatten noch ein drittes Mal Glück, denn es war tatsächlich derselbe Fluss, den sie von der Höhe ihres steinernen Aussichtspunktes aus gesehen hatten; ein flaches, zum größten Teil versandetes Delta, das nicht einmal einen halben Stundenmarsch vom Liegeplatz des Naglfar entfernt im Meer mündete, sodass sie gemächlich ans Ufer waten konnten – was Torben natürlich nicht daran hinderte, ihn weiter mit Vorwürfen und

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