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Der Hammer der Götter

Der Hammer der Götter

Titel: Der Hammer der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schärferem Ton ins Wort:
    »Ich weiß, was Ihr wolltet, Herr. Aber es ist nicht notwendig. Die Wunde heilt gut. Ich spüre sie kaum noch.«
    »Sie wird dich behindern«, antwortete Thor verwirrt. »Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
    »Das ist wahr«, erwiderte Torben kühl. »Aber ich habe nicht vor, nach Hause zu schwimmen.«
    Thor antwortete gar nicht mehr, sondern sah ihn nur hoffnungslos verwirrt an. Er verstand nicht, warum Torben das sagte. Wie viele kleine und größere Verletzungen, die sich Torben im Laufe seines langen Lebens zugezogen hatte, hatte er geheilt, indem er ihm nur die Hand auflegte und ihm ein wenig von seiner unerschöpflichen Kraft gab? Wie oft hatte Torben ihn darum gebeten , ihm diesen kleinen Dienst zu erweisen, statt Tage oder sogar Wochen darauf zu warten, dass eine Verletzung von selbst heilte?
    »Du hast nicht hier gesessen, um über meinen Schlaf zu wachen«, sagte er. »Du hast gewartet, bis ich aufwache. Warum? Was ist passiert, Torben?«
    »Das frage ich dich, Thor.« Torben wandte sich mit einem Ruck um, ging wieder zum Fenster und starrte eine kleine Ewigkeit hinaus. Etwas schien sich auf der unsichtbaren Trennlinie zwischen Himmel und Ozean hinter ihm zu bewegen, aber Thor war nicht sicher, und bevor er genauer hinsehen konnte, drehte sich Torben wieder um, und sein Blick wurde bohrend. »In dieser Stadt, Thor. Auf dieser von den Göttern verfluchten Insel. Was ist da passiert?«
    »Das weißt du, mein Freund«, antwortete Thor sanft. »Du warst dabei.«
    Ein Schatten huschte über Torbens Gesicht, und er ballte kurz und ruckartig die Fäuste. Aber seine Stimme war eher noch ausdrucksloser, als er antwortete. »Also gut, dann frage ich direkt: Wer bist du, Thor?«
    »Wer ich bin?« Thor schüttelte verstört den Kopf. »Was soll der Unsinn, Torben? Wer außer dir sollte diese Frage beantworten können? Du bist mein ältester und bester Freund! Du hast mich groß gezogen, nachdem meine Eltern gestorben sind! Du hast mich das Laufen und Sprechen gelehrt, und mir das Jagen und Kämpfen beigebracht! Du hast mich das erste Mal zu einem Weib geführt und mir alles erklärt, was ich in diesem Moment wissen musste, und du hast dabei geholfen, meine Kinder auf die Welt zu bringen! Wenn nicht du, wer sollte denn sonst wissen, wer ich bin? Du bist wahrscheinlich der einzige wahre Freund, den ich je hatte!«
    »Ich war der Lehrmeister eines Knaben, Thor«, antwortete Torben. »Ich habe ihn aufgezogen und unterrichtet, und ich habe ihn geliebt wie den Sohn, den ich niemals hatte. Und ich war stolz, der Freund eines jungen Kriegers zu sein, der eines Nachts in den Sturm hinausging und nach drei Tagen als ein anderer zurückkam.« Er legte eine kurze, aber bedeutsame Pause ein. »Was ist in dieser Nacht passiert Thor?«
    »Du hattest versprochen, niemals danach zu fragen«, erinnerte ihn Thor.
    »Ich weiß nicht mehr, ob ich wirklich dem Mann gegenüberstehe, dem ich dieses Versprechen gegeben habe«, antwortete Torben. »Ich weiß, wer in jener Nacht in den Sturm hinausgegangen ist, aber seit gestern ... weiß ich nicht mehr, was nach drei Tagen zurückgekommen ist. Sagst du es mir?«
    Das Schlimme war, dass er es nicht konnte. Er wusste nur zu gut, wovon Torben sprach, erging es ihm doch ganz genau so.
    Hatte er wirklich geglaubt, es wäre so leicht? Er hätte wissen müssen, dass die Götter niemals etwas verschenkten.
    Lange Zeit schwiegen sie, und schließlich gab Torben einen sonderbaren Laut von sich, von dem Thor unmöglich sagen konnte, ob es ein Seufzen oder ein nur noch mühsam zurückgehaltenes Schluchzen war, oder vielleicht etwas vollkommen anderes, und viel Schlimmeres.
    »Ich muss wieder zurück an Deck, Herr«, sagte er mit veränderter, auf fast schreckliche Weise sachlicher Stimme. »Die Männer arbeiten nicht, wenn niemand hinter ihnen steht und sie ständig antreibt.«
    »Warte«, bat Thor.
    Torben machte einen einzelnen Schritt, wie um diese Bitte zu ignorieren, hielt aber dann wieder inne und sah zumindest in seine Richtung, wenn ihm auch nicht direkt in die Augen. »Herr?«
    »Thor«, verbesserte ihn Thor. »Bitte.«
    »Thor«, nickte Torben. Aber er tat es auf eine Art, die Thor sich fast wünschen ließ, er wäre bei der förmlichen Anrede geblieben.
    »Du fragst mich, wer ich bin«, sagte er leise. »Vor wenigen Tagen noch hätte ich dich ausgelacht, hättest du mir dieselbe Frage gestellt. Jetzt ... bin ich nicht mehr sicher, ob ich es selbst

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