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Der Hauch Des Bösen: Roman

Titel: Der Hauch Des Bösen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb , Uta Hege
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ihre Ohren abfielen. Am Schluss jedoch war Jessie, wenn auch widerstrebend, damit einverstanden, ein Phantombild ihres Nachbarn anfertigen zu lassen. Solange es in ihrem eigenen Wohnzimmer geschah.
    »Sie halten mich für starrsinnig.« Jessie setzte sich in einen Sessel, kreuzte die Arme vor der Brust und musterte Eve stirnrunzelnd. »Aber ich betrachte Gerry als Freund. Ich habe mit angesehen, was er mit seiner Mutter hat durchmachen müssen, und es brach mir regelrecht das Herz. Ich hatte noch nie vorher einen Menschen sterben sehen. Sie hat so sehr gekämpft, und er war die ganze Zeit dabei und hat sie unterstützt. Und als sie nicht mehr die Kraft hatte zu kämpfen, hat er allein weitergekämpft.«

    Sie biss sich auf die Lippe, damit sie nicht die Kontrolle über sich verlor. »Er hat sie gebadet, gefüttert, hat an ihrem Bett gesessen, hinter ihr aufgeräumt. Er hat nicht zugelassen, dass irgendjemand anderes die Drecksarbeiten übernimmt. Eine derartige Hingabe habe ich noch nie erlebt. Ich weiß nicht, ob ich selber dazu fähig wäre.«
    »Eine solche Erfahrung kann einen Menschen den Verstand verlieren lassen.«
    »Vielleicht. Vielleicht, aber... Gott, ich hasse den Gedanken. Er hat bereits so sehr gelitten. Als es vorbei war, sah er aus wie ein Gespenst. Hat sich für nichts mehr interessiert. Hat furchtbar abgenommen und fast so krank ausgesehen wie sie. Dann schien er wieder Lebensmut zu fassen. In den letzten Monaten hatte ich den Eindruck, dass er langsam wieder auf die Füße kommt. Sie wollen, dass ich denke, er wäre verrückt, irgendein krankes Monster. Aber ich lebe seit zweieinhalb Jahren direkt gegenüber, und ich weiß mit Sicherheit, dass er das nicht ist.«
    »Es gab drei junge Menschen, die ihn angesehen haben, die ihm, wie ich vermute, direkt ins Gesicht gesehen haben. Sie dachten offenkundig genauso wenig, dass er ein Monster ist.«
    »Sie werden sehen, er hat bestimmt nur einen Auftrag. Er ist bestimmt nur bei der Arbeit und versucht, sein Leben in den Griff zu kriegen. Sie werden sehen.«
    »Oder Sie«, entgegnete Eve und wandte sich zum Gehen.

21
    Eve starrte auf die Tür des Apartments 1208, als könnte sie allein mit ihrer heißen Ungeduld Löcher hineinbohren, um tatsächlich etwas zu sehen.
    Ihr fehlte eine einzige Erlaubnis, um sich endlich Zugang zu verschaffen, ein einziges Papier.
    Himmel, was hatte es schon zu bedeuten, dass sie bisher keine konkreten Beweise gegen Gerald hatte. Sie wusste ganz genau, dass er der Täter war.
    Sie glaubte fest an das Gesetz. Glaubte an die Regeln, an die Grenzen, die es ihnen wies. Polizisten hatten nicht das Recht, ohne weiteres wie ein Sturmtrupp in eine private Wohnung einzudringen. Auf eine bloße Vermutung oder vage Ahnung hin oder weil noch irgendeine Rechnung zwischen ihnen und demjenigen offen war.
    Sie brauchte einen dringenden Tatverdacht. Und den hatte sie auf jeden Fall. Weshalb in aller Welt hatte der zuständige Richter nicht genügend funktionstüchtige Hirnzellen, um dementsprechend zu reagieren?
    Geduld, wies sie sich an. Der Durchsuchungsbefehl würde kommen, und dann hätte sie endlich die Erlaubnis, durch diese Tür zu gehen.
    Die elendige Warterei ließ sie daran denken, wie es vielleicht gelaufen wäre, wäre Roarke dabei. Hätte sie dann längst schon ihren Generalschlüssel benutzt? Nein, verdammt, ehe sie den Schlüssel nur hervorgezogen hätte, hätte er die Schlösser längst geknackt.

    Weshalb, was immer sie in dieser Wohnung vorgefunden hätte, vor Gericht nicht zugelassen worden wäre. Sie hätte Stevenson den Freispruch durch ihr übereiltes Vorgehen also sozusagen auf dem Silbertablett serviert. Außerdem glaubte sie an die wechselseitige Kontrolle, an die Herrschaft des Gesetzes, erinnerte sie sich.
    Aber, Himmel, weshalb brauchte dieser Richter nur so lange?
    Peabody kam aus dem Apartment gegenüber, wo sie auf Eves Befehl Stellung bezogen hatte. »Sie versucht nach wie vor, Zeit zu schinden«, berichtete sie leise. »Yancy macht seine Sache prima. Allmählich schafft er es, eine Beziehung zu ihr herzustellen und ihr Vertrauen zu gewinnen, aber schnell gehen wird es sicher nicht.«
    Eve warf einen kurzen Blick in Jessies Wohnung. Yancy, der das Phantombild basteln sollte, sprach mit netter Plauderstimme mit der starrsinnigen Frau. Er war jung, doch grundsolide und vor allem wirklich gut.
    Und sie musste ihn in Ruhe lassen, überlegte Eve. Hielt sich am besten aus der ganzen Sache raus. Die Zeugin hatte bereits

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