Der Hauch Des Bösen: Roman
Vorbehalte gegen sie, und wenn sie jetzt in deren Wohnzimmer marschierte und versuchte, Druck zu machen, damit alles zügiger ging, erreichte sie dadurch nur das Gegenteil.
»Ständig ändert sie ihre Meinung bezüglich aller möglichen Details«, fuhr ihre Assistentin fort. »Alle zwei Sekunden ändert sie das Kinn, die Nase, ja sogar seinen Teint. Trotzdem entsteht langsam, aber sicher ein halbwegs brauchbares Bild.«
»Ich würde ihr am liebsten kräftig in den Hintern treten«, fauchte Eve. »Das brächte sie eventuell endlich zur Vernunft.«
Stattdessen zog sie abermals ihr Handy aus der Tasche und rief Baxter an. Sie ließe ihre Männer nicht länger auf der Straße Däumchen drehen, bis Stevenson möglicherweise irgendwann mal kam.
»Yeah, Baby?«
»Yeah, Baby?«
»Ich wollte einfach sichergehen, dass Sie mich nicht vergessen haben.«
»Ich habe noch nie jemanden vergessen, der mir derart auf die Nerven geht. Ich habe Ersatz für Sie bestellt. Sie und Trueheart sehen sich am besten noch mal etwas in der Kneipe um.«
»Hast du gehört, Kleiner? Dann genehmigen wir uns am besten erst mal einen kühlen Drink.«
»Aber nichts mit Alkohol.« Sie überlegte kurz, seit wann die beiden bereits auf den Beinen waren, und fügte dann hinzu: »Eine Stunde reicht. Sehen Sie sich nur kurz noch einmal um. Wollen Sie dabei sein, wenn das Arschloch von uns hochgenommen wird?«
»Aber sicher.«
»Dann gebe ich Ihnen rechtzeitig Bescheid. Wenn wir ihn heute Abend nicht mehr finden, machen Sie ab neun Uhr frei.«
»Verstanden. Kommen Sie, Trueheart, trinken wir ein Glas auf unseren erlauchten Lieutenant.« Er zwinkerte Eve zu. »Übrigens, Ihr HAL ist auf dem Weg hierher.«
»Mein HAL?«
»Ah, ich glaube, er meint Roarke«, erklärte ihre Assistentin,
als Baxter grölend lachte. »HAL, HerzAllerLiebster, nicht?«
»Meine Güte.« Knurrend marschierte Eve zum Lift.
»Ich habe nicht nach dir geschickt.« Sobald Roarke aus dem Fahrstuhl trat, piekste sie ihm zornig mit dem Finger in die Brust.
»Das zerreißt mir beinahe das Herz. Aber ich habe ein paar der Infos, die du wolltest, und dachte, ich bringe sie dir persönlich.« Er zog eine Braue in die Höhe und blickte lächelnd zu Peabody, die zwischen den beiden Apartments stand. »Und, wie läuft es hier?«
»Langsam. Was hast du rausgefunden?«
»Ein paar Kleinigkeiten. Ein paar Parkhäuser, in denen zu meinem Entsetzen tatsächlich ein paar Nebengeschäfte getätigt zu werden scheinen. Dann habe ich mich kurz mit Stevensons Neurologen unterhalten. Ich weiß, du hast mich nicht darum gebeten, aber ich habe mir gedacht, ein bisschen Eigeninitiative kann bestimmt nicht schaden.« Sein Lächeln dehnte sich zu einem Grinsen aus. »Ich hoffe, dass es dafür eine Gehaltserhöhung gibt.«
»Träum weiter. Was hat das Gespräch ergeben?«
»Er hat mir erzählt, dass die Patientin eine wirklich außergewöhnliche Frau gewesen ist. Mutig, optimistisch, einfach ein wunderbarer Mensch. Nur hat ihr eben das Schicksal übel mitgespielt. Zufällig war sie selber Krankenschwester, und zwar...«
»Im Gesundheitszentrum an der East Side«, beendete Eve den Satz.
»Genau. Ihr Sohn hat sie abgöttisch geliebt und war
nicht nur optimistisch, sondern hat die Augen fest vor den Tatsachen verschlossen. Er hat sich rundheraus geweigert zu glauben, dass sie stirbt. Als es dann passierte, warf ihn das völlig aus der Bahn. Er hat den Ärzten, dem Krankenhaus und allen anderen die Schuld daran gegeben und ein Gespräch mit einem Psychologen abgelehnt. Deshalb war der Arzt in Sorge, er täte sich möglicherweise etwas an.«
»Hätte er das bloß getan. Wird er ihn identifizieren?«
»Er ist dazu bereit. Er ist geradezu versessen darauf, uns zu helfen.«
Nickend zog sie ihr Handy aus der Tasche. »Die Nachbarin von Stevenson, mit deren Hilfe wir ein Phantombild von dem Kerl erstellen wollen, ist das genaue Gegenteil. Selbst wenn der Beamte, der mit ihr arbeitet, das Bild bekommen wird, dauert das viel zu lange. Am besten schicke ich deshalb einen anderen Kollegen zu diesem Neurologen, damit der ihm eine Beschreibung von dem Typen gibt. Ich brauche Namen und Adresse von dem Mann.«
Sie rief bei der Zentrale an, gab die Daten durch und wollte ihr Handy gerade wieder in die Hosentasche stecken, als es plötzlich klingelte.
»Dallas.«
»Lieutenant, wir schicken Ihnen jetzt den Durchsuchungsbefehl.«
Wurde auch allmählich Zeit, dachte sie, verkniff sich aber einen bösen Kommentar.
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