Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Hauch Des Bösen: Roman

Titel: Der Hauch Des Bösen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb , Uta Hege
Vom Netzwerk:
öffnete die Tür zu seinem Zimmer.
    Es war genauso aufgeräumt und sauber wie der Rest der Wohnung. Die Kissen waren ausgeschüttelt, das Bett war ordentlich gemacht, und in seinem Schrank waren die Kleider systematisch nach Typ und Farbe aufgehängt.
    Ordnung schien ein regelrechter Zwang für ihn zu sein, überlegte Eve und dachte unvermittelt, dass der Inhalt von Roarkes überdimensionalem Schrank, der eher einem Warenlager ähnelte, ebenso ordentlich gegliedert war.
    Sie studierte seine Kleidung. Modische Hemden, Airboots, Gelsandalen, jede Menge Jeans, jede Menge hochmoderner Hosen. Weder allzu billig noch übermäßig teuer. Schien im Rahmen seiner Verhältnisse zu leben, hatte aber an Garderobe offensichtlich Spaß. Sah eben gern gut aus.
    Image.
    Sie wandte sich seinem Schreibtisch zu.
    In den gut organisierten Unterlagen fand sie eine Einführungsdiskette der Columbia-Universität, eine mit Notizen zu einem Seminar mit dem Titel Imageerforschung von Professor Leeanne Browning aus dem vergangenen Jahr.
    Allmählich häufen sich die Indizien gegen dich, mein guter Gerald, dachte sie, während sie die Disketten in einen Untersuchungsbeutel gab.
    Sie trat vor die Kommode, wühlte zwischen sorgsam gefalteten Socken und Unterhosen herum, fand eine kleine, stoffbezogene Schachtel und darin ein
buntes Sammelsurium von Dingen, die ihm offenkundig wichtig waren.
    Eine getrocknete Rosenblüte, ein glänzender Stein, eine alte Eintrittskarte zum Yankee-Stadion, ein Stück Stoff, das ein Teil einer Decke hätte sein können.
    Einen Bierdeckel aus einem Club. Auf der Pappe stand in leuchtend blauen Lettern Make The Scene. Zusammen mit einer Visitenkarte von Dirk Hastings versiegelte sie ihn.
    Dann sah sie sich noch einmal im Zimmer um. Hier hast du gelebt, aber gearbeitet hast du hier nicht. Das hier ist nicht dein Arbeitsplatz. Du hast dein Privatleben und deine Arbeit sorgfältig voneinander getrennt. Das hier ist die Wohnung deiner Mutter, der Ort, an den du für eine nette, ruhige Mahlzeit oder zum Schlafen kommst. Deiner Arbeit aber gehst du eindeutig woanders nach.
    Du bist schon eine ganze Weile nicht mehr hier gewesen. Sie fuhr mit einer Fingerspitze über die dünne Staubschicht, die auf der Kommode lag. Du hattest nämlich zu viel zu tun. Hattest zu viel zu tun, um abends heimzukommen und dich zu entspannen. Um abends heimzukommen, wo außer dir kein Mensch mehr ist.
    »Eve.«
    Roarke stand an der Tür, und sie fragte: »Schon fertig?«
    »War nicht viel zu finden. Sämtliche Gespräche werden automatisch nach dreißig Tagen gelöscht. Wenn ich den Link mitnehmen würde, könnte ich sicher die gelöschten Anrufe noch finden. Aber von hier aus,
ohne entsprechende Programme, kriegst du nur den letzten Monat. Und er scheint kein großer Plauderer zu sein. Vor ungefähr drei Wochen hat er sich mal eine Pizza kommen lassen, und dann hat er frische Blumen für das Grab seiner Mutter bestellt.«
    »Weißt du, auf welchem Friedhof sie liegt?«
    »Das habe ich rausgefunden, ja. Gespräche mit Freunden, Verwandten, Bekannten gab es nicht. Außerdem hat er den Anrufbeantworter nicht selbst besprochen, sondern nach wie vor die Ansage seiner Mutter drauf.«
    »Trotzdem ist ja seine Stimme auf dem Band. Also haben wir einen Stimmabdruck von ihm.«
    Etwas blitzte kurz in seinen Augen auf. »Ja, das ist kein Problem.«
    »Du willst, dass ich Mitleid mit ihm habe, weil er seine Mutter verloren hat? Weil du selber noch genug um deine Mutter trauerst, um eine Verbindung zwischen euch beiden zu sehen? Tut mir leid, aber ich kann kein Mitleid mit ihm haben. Er hat Menschen umgebracht. Das ist der absolut falscheste Weg. Ich kann nicht meine Trauer um einen Menschen überwinden, indem ich andere, unschuldige Menschen töte.«
    »Nein, das geht nicht.« Er seufzte leise. »Aber diese ganze Wohnung, die Art, wie er hier inmitten all der Dinge seiner Mutter lebt, wirkt irgendwie jämmerlich auf mich. Ihre Kleider, die er noch nicht aus dem Schrank genommen, ihre Stimme auf dem AB, die er noch nicht übersprochen hat. Als ich eben hier über dem Link gesessen habe, habe ich ab und zu den Kopf gehoben und dann jedes Mal in ihr Gesicht geblickt. Siehst du, was er getan hat?«

    »Nein, was hat er getan?«
    »Er hat einen Engel aus ihr gemacht. Nach allem, was wir wissen, war sie ein guter, ja vielleicht sogar ein besonderer Mensch. Dass sie trotzdem menschlich und somit auch sterblich war, hat er nicht akzeptiert. Sie darf nicht

Weitere Kostenlose Bücher