Der Hauch Des Bösen: Roman
arbeitsmäßig etwas ins Schleudern gebracht. Aber vielleicht kannst du mir ja von dem Fall erzählen, bevor wir wieder getrennter Wege gehen.«
»Collegestudentin, hat nebenher als Teilzeitkraft in einer Drogerie gejobbt«, begann sie, rappelte sich hoch und sammelte ihre verstreuten Kleider ein. »Jemand hat sie gestern am späten Abend mit einem Stich ins Herz getötet und dann ihre Leiche in einen Recycler in der Delancey Street gegenüber dem Laden gestopft, in dem sie gearbeitet hat.«
»Schlimm.«
»Es wird noch schlimmer.«
Auf dem Weg hinauf ins Bad erzählte sie ihm von den Bildern und von dem Tipp, den Nadine bekommen hatte. Es war wirklich hilfreich, laut über einen Fall zu sprechen, vor allem wenn der Zuhörer jede Nuance des Berichtes registrierte.
Und Roarke hatte noch nie eine Nuance überhört.
»Es muss also jemand gewesen sein, den sie gekannt und dem sie vertraut hat«, meinte er, als sie wenig später gemeinsam aus der Dusche kamen.
»Das glaube ich ebenfalls. Sie hat sich nämlich nicht gewehrt.«
»Jemand, der nicht auffällt, wenn er über den Campus läuft«, fügte er hinzu und nahm sich ein Handtuch. »Auf diese Weise hat sich niemand etwas dabei gedacht, als er oder sie sich dort herumgetrieben hat.«
»Er - oder sie - scheint äußerst vorsichtig zu sein.« Gewohnheitsmäßig stieg sie in die Trockenkabine und ließ sich von der warmen Luft trockenwehen. »Und methodisch«, rief sie über den Lärm der Luftdüsen
hinweg. »Ordentlich. Jemand, der alles gründlich plant. Wenn Dr. Mira das Täterprofil erstellt, wird sie mir bestimmt sagen, dass der Killer eine feste Arbeit hat, seine Rechnungen pünktlich bezahlt, nie irgendwelche Schwierigkeiten macht. Kann gut fotografieren, ist also mindestens ein ernst zu nehmendes Hobby oder aber sogar sein Beruf.«
»Es gibt da etwas, was du bisher noch nicht erzählt hast«, fügte Roarke, als sie aus der Kabine trat, hinzu. »Du hast bisher noch nicht gesagt, dass er vermutlich bereits auf der Suche nach dem zweiten Opfer ist.«
»Weil das nicht stimmt.« Auf dem Weg ins Schlafzimmer fuhr sie sich mit beiden Händen durch das Haar. »Er hat es nämlich schon ausgesucht. Er hat die ersten Fotos von ihm bereits gemacht.«
Sie zog eine alte graue Turnhose und ein ärmelloses T-Shirt an. »Vielleicht ist ja dieses Internetlokal der Teich, in dem der Täter fischt. Ich werde prüfen, was ich auf den Überwachungsdisketten und in den Akten der Angestellten finde.« Sie warf einen Blick über die Schulter. »Das Make The Scene gehört nicht zufällig dir?«
»Der Name sagt mir nichts«, antwortete er, während er ein frisches Hemd anzog. »Mir gehören ein paar Internetlokale in der City, aber die meisten liegen in der Nähe von Schulen oder der Universität. Möglichst viele Gäste bedeuten nämlich möglichst viel Profit.«
»Hmm. Bist du je aufs College oder so gegangen?«
»Nein. Die Schule war nie so mein Ding.«
»Meins auch nicht. Irgendwie habe ich dort nicht hingepasst. War wie auf einem anderen Planeten. Und
jetzt mache ich mir Sorgen, dass ich womöglich irgendetwas übersehe, weil es mir halt so fremd ist. Ich meine, nimm zum Beispiel diese Dozentin für Bildbearbeitung. Weshalb gibt sie diesen Unterricht? Sie ist so reich, dass sie das Geld aus diesem Job nicht braucht. Und wenn sie mit Bildern arbeiten will, warum macht sie es dann nicht, ohne sich dabei mit irgendwelchen Schülern abzuplagen, die das, was sie zu sagen hat, meistens eh nicht interessiert?«
»Diejenigen, die selbst etwas nicht können, unterrichten einfach andere darin. Gibt es nicht ein Sprichwort in der Art?«
Sie blinzelte ihn verständnislos an. »Wenn man etwas nicht kann, wie zum Teufel bringt man es dann anderen bei?«
»Ich habe keinen blassen Schimmer. Aber vielleicht unterrichtet sie ja gern. Es soll tatsächlich Leute geben, denen es Vergnügen macht.«
»Ich werde nie verstehen, warum. Ständig stellen einem irgendwelche Leute blöde Fragen und sehen einen in der Hoffnung auf eine schlaue Antwort, auf Zustimmung oder auf sonst etwas mit großen Augen an. Ständig gibt man sich mit irgendwelchen Volltrotteln oder vorlauten und selbstherrlichen Idioten ab. Und das alles, damit sie eines Tages Jobs bekommen, mit denen sich viel mehr verdienen lässt als damit, sie in den Dingen zu unterrichten, die man, um diese Jobs zu kriegen, braucht.«
»Sicher gibt es Leute, die etwas Ähnliches von euch Polizisten behaupten.« Er strich mit einer
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