Der Hauch Des Bösen: Roman
der Brille auf der Nase konnte sie die Reste des Pflasters um die Wunde herum sehen. »Und er ist nicht ertrunken. Er scheint vielmehr an einer durch einen Stich mit einer schmalen Klinge verursachten Herzverletzung gestorben zu sein. Wahrscheinlich wird die Untersuchung seines Blutes ergeben, dass ihm Opiate verabreicht worden sind.«
Sie hockte sich auf ihre Fersen. »Rufen Sie Morris an. Ich will, dass er ihn sich sofort ansieht. Dann nehmen Sie die Fingerabdrücke des Toten und überprüfen nochmals seine Identität. Bestimmen Sie den Todeszeitpunkt, und führen Sie die Untersuchung des Fundortes zu Ende. Besorgen Sie Namen und Adresse seiner nächsten Angehörigen, und dann schicken Sie ihn in die Pathologie. Ich werde zwischenzeitlich die Leute befragen, von denen er gefunden worden ist.«
Als sie sich zum Gehen wandte, holte ihre Assistentin erst einmal tief Luft.
Die beiden Zeugen saßen dicht nebeneinander auf der Treppe. Hüfte an Hüfte hockten sie in ihrer ehemals wahrscheinlich eleganten Abendgarderobe da. Die Frau trug ein schwarz-weiß geflecktes Kleid, das sich wie die Schlange, die es wohl darstellen sollte,
um ihren Körper wand. Ihr Haar hatte den Abend wahrscheinlich als goldene Turmfrisur begonnen, nur dass inzwischen wirre Strähnen ihr Gesicht umrahmten, da der Turm merklich in sich zusammengefallen war.
Der Mann sah nicht viel besser aus. Sein tropfnasses Jackett lag zusammengeknüllt auf einer Stufe, und sein einst schneeweißes Rüschenhemd klebte seit dem Bad in dem Brunnen durchsichtig an seiner Brust. Auch seine Hose klebte feucht an seinen dünnen Beinen, und die nassen silberfarbenen Schuhe hatte er neben sich gestellt.
Sie schätzte beide auf knapp dreißig, ein für gewöhnlich sicher unbeschwertes junges Paar.
Sie schickte den Kollegen fort und zog ihre Dienstmarke hervor. »Ich bin Lieutenant Dallas. Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
»Er lag im Wasser. Ich habe ihn herausgezogen. Er war tot. Mir ist schlecht.«
»Ich weiß, das ist nicht leicht für Sie.« Ihm war vermutlich wirklich hundeübel, und zwar nicht nur wegen der Begegnung mit dem Toten, sondern auch oder vor allem infolge übertriebenen Alkohol- oder vielleicht sogar Drogengenusses, dachte sie. »Wie haben Sie ihn gefunden?«
»Wir waren im Ballett - Giselle -, und dann waren wir noch auf einer Party. Im Haus eines Freundes am Riverside Drive.«
»Das ist nicht gerade nebenan. Was haben Sie um vier Uhr morgens hier gewollt?«
»Es ist nicht verboten, um vier Uhr morgens in der Gegend rumzulaufen«, erklärte ihr die Frau mit einer
jämmerlichen Babystimme, die Eve schlagartig furchtbar auf die Nerven ging.
»Nein, aber es ist verboten, sich die halbe Nacht irgendwelche illegalen Drogen auf einer Party reinzuziehen. Wir können die Sache schnell und problemlos über die Bühne bringen - oder ich nehme Sie mit aufs Revier und unterziehe Sie dort einem Drogentest.«
»Wir haben nur versucht zu helfen«, protestierte der Mann.
»Deshalb will ich ja auf den Drogentest verzichten. Also fangen wir noch mal von vorne an.« Sie zog ein Notizbuch aus der Tasche und klappte es auf. »Ich brauche Ihre Namen.«
»Ich bin Maxville Drury. Hören Sie, ich bin bei Fines und Cox, der Werbeagentur. Ich will keinen Ärger.«
»Bestücken Sie nicht die Werbeflieger und die Holo-Reklametafeln entlang des FDR?«
»Unter anderem.«
»Haben Sie eigentlich eine Vorstellung davon, wie lästig diese Dinger sind?«
Er grinste kurz. »Ja.«
»Hat mich nur mal interessiert. Miss?«
»Loo Macabe. Ich bin Schuhdesignerin.«
»Haben Sie die Treter hier entworfen?«
»Allerdings.«
»Interessant. Nun, da wir drei Freunde sind, warum erzählen Sie mir nicht genau, was vorgefallen ist? Sie waren erst im Ballett, dann auf einer Party - und danach?«
»Okay.« Maxville atmete tief durch. »Wir haben die Party verlassen. Ich schwöre, ich habe keine Ahnung,
um wie viel Uhr das war. Wissen Sie, wir waren einfach gut drauf. Es ist eine heiße Nacht, und wir haben Witze darüber gemacht, wie wunderbar es wäre, sich etwas im Brunnen abzukühlen. Eins führte zum anderen, und dann sind wir schließlich hier gelandet. Wir dachten, wir könnten uns nicht nur abkühlen, sondern gleichzeitig etwas heiß machen, wenn Sie verstehen...«
Eve schaute Loo aufmerksam an und bemerkte das leicht schwachsinnige Lächeln. »Muss eine wirklich dolle Party gewesen sein.«
»Ich habe Max erzählt, dass ich diese Wette mit ein paar Freunden laufen
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