Der Hauch Des Bösen: Roman
habe, wer von uns es an den meisten New Yorker Sehenswürdigkeiten treiben kann. Und wir dachten, warum machen wir nicht rasch noch ein paar Punkte heute Nacht?«
»Sie sind also hierher zurückgekommen und...«
»Ich bin einfach reingesprungen«, fuhr Max mit leiser Stimme fort. »Himmel, beinahe wäre ich auf ihm gelandet. Ich habe ihn hochgezogen und über den Brunnenrand gezerrt. Loo hat einen Krankenwagen gerufen. Ich habe es mit Mund-zu-Mund-Beatmung und mit Herzmassagen versucht. Ich habe es wirklich versucht. Ich habe keine Ahnung, ob das richtig war, irgendwie war ich völlig durcheinander. Ich habe keine Ahnung, ob das richtig war.«
Da er sie beinahe flehentlich ansah, nahm Eve neben ihm Platz. »Er war schon tot, Max. Er war schon tot, bevor Sie hier aufgetaucht sind. Sie hätten nichts mehr für ihn tun können. Aber Sie haben es versucht, und Sie haben einen Krankenwagen alarmiert. Sie haben also genau das Richtige getan.«
Die Dämmerung tauchte den milchig weißen Himmel in ein trübes Licht. Die Straßenlampen verlöschten langsam, und der großartige Brunnen erwachte zu neuem Leben und spuckte dicke Wassertürme in die schwere Luft.
Wie an jedem frühen Morgen hörte man das Scheppern und das Klappern der zu entleerenden Recycler, das Husten altersschwacher Maxibusse, das Dröhnen und das Surren der ersten Lufttaxis und -busse unter dem kränklich weißen Firmament.
Die Hundeführer kamen mit den Meuten aus den Häusern, und die ersten Jogger liefen leichtfüßig die Gehwege hinab.
Schwebekarren wurden aufgebaut, und der fettige Rauch, der über ihnen aufstieg, verpestete die Luft.
Eve verfolgte, wie der Leichenwagen mit dem jungen Mann mit den langen, geschmeidigen Gliedern und dem kleinen Loch im Herzen abfuhr.
Und wie der Van von Channel 75 am Rand der Straße hielt.
Während Nadine behände aus dem Wagen kletterte, trat Peabody neben Eve. »Ich habe die nächsten Verwandten ermittelt, Lieutenant. Die Eltern des Opfers. Sie hatten ihn bereits als vermisst gemeldet.«
Und sie müsste ihnen sagen, dass er gefunden worden war.
»Lassen Sie mich das machen«, meinte Eve und lief hinüber zu Nadine.
»Ich hätte mich bei Ihnen gemeldet,«, setzte die Journalistin an. »Aber dann kam die Meldung von der Leiche und davon, dass die Polizei am Fundort ist, und ich ging davon aus, dass ich Sie hier treffe.«
»Weil?«
»Weil ein neuer Brief und neue Fotos bei mir eingegangen sind. Ich hatte sie um sechs auf dem Computer in meinem Büro. Ein junger Mann, halb Asiate. Sehr schlank, sehr attraktiv. Wieder ein Student, nehme ich an, weil er auf den Schnappschüssen vor der Juilliard School zu sehen ist. Ich habe sie erkannt. Wer in aller Welt bringt diese Kinder um?«
Eve schüttelte den Kopf. »Ich gebe Ihnen jetzt sofort ein kurzes Interview, Nadine. Aber dann schicken Sie Ihre Leute fort, übergeben mir das Schreiben und die Bilder, fahren aufs Revier und warten dort auf mich. Ich muss noch kurz etwas erledigen, aber ich bin so bald wie möglich dort. Ich muss Sie darum bitten, mit niemandem darüber zu sprechen, dass heute erneut eine Mail bei Ihnen eingegangen ist. Dafür gebe ich Ihnen alles, was ich Ihnen geben kann.«
»Fangen wir an.« Sie winkte ihre Crew zu sich heran. »Dallas, ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um Ihnen zu helfen, diesen Kerl zu stoppen. Aber das heißt nicht, dass ich nicht exklusiv die ganze Story haben will, sobald er hinter Gittern sitzt.«
»Sie werden von mir alles kriegen, was ich Ihnen geben kann.« Das Ziehen hinter ihrer Stirn kündete von Kopfweh. Ohne sich aber etwas anmerken zu lassen, warf sie einen Blick auf ihre Uhr. »Bringen wir es hinter uns. Gleich beginnt für mich nämlich die nächste Schicht.«
Noch vor halb acht an einem schwülen Sommermorgen saß Eve im Wohnzimmer des eleganten Hauses der Familie Sulu und musste tatenlos mit ansehen, wie
ein Ehepaar unter dem Schock, das einzige Kind verloren zu haben, zusammenbrach.
»Es könnte doch ein Irrtum sein.« Lily Sulu, eine schlanke Frau, die ihre Figur an ihren Sohn vererbt hatte, umklammerte die Hand ihres Mannes. »Kenby ist nicht heimgekommen, aber trotzdem könnte es ein Irrtum sein. Er ist erst neunzehn, wissen Sie. Er ist unglaublich stark und sehr intelligent. Es könnte also ein Irrtum sein.«
»Es tut mir sehr leid, Mrs Sulu, aber es ist kein Irrtum. Ihr Sohn wurde eindeutig identifiziert.«
»Aber er ist erst neunzehn.«
»Lily.« Chang Sulu hatte die
Weitere Kostenlose Bücher