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Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
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geht alles seinen Gang!
    VOIGT
Na, prosit! Sie stoßen an.Dunkel.
    Zehnte Szene
    Personen: Bürgermeister Obermüller, Frau Obermüller, Hellmut und Irene, ihre Kinder, Fanny, das Dienstmädchen, Zuschneider Wabschke
    Das eheliche Schlafzimmer des Bürgermeisters Obermüller in Köpenick. Breites Ehebett aus prätentiösem Edelholz, Nachttische, Vorhänge, Lampen, Kleiderschränke. Über dem Bett des Mannes hängt die Madonna della Sedia, über dem der Frau der Adam von Michelangelo. Eine Uhr tickt an der Wand, ein Wecker auf dem Nachttisch, beide zeigen drei Uhr fünfzehn Minuten. Ein Telefonapparat auf dem Nachttisch der Dame. Frau Obermüller, junonische Erscheinung, sitzt auf dem Bett, in Nachthemd und gestickter Nachtjacke, unter der ein Mieder den Busen trägt. Ihr Haar, der Frisurunterlagen und sonstigen Beiwerks beraubt, ist mit Haarnadeln und Spangen hochgesteckt. Sie hat den Telephonhörer am Ohr und trommelt in höchster Erregung auf den Apparat. Dazu schreit sie.
    FRAU OBERMÜLLER
Potsdam! Pottsdamm! Potsdam 324, Wormser!!
    OBERMÜLLER
halb eingeseift, halb rasiert, im offenen Bademantel, darunter komplette wollene Unterkleidung, Sockenhalter, militärische Zugstiefel mit Sporen, stürzt aus dem Badezimmer Hast du’s, Mathilde? Wo bleibt denn Fanny?!
    FRAU OBERMÜLLER
Herrgott, ich kann doch nicht zaubern – Drückt auf eine Klingel, die schrill ertönt Potsdam, Potsdam 324 – geh doch rasieren, du wirst ja noch nich mal mitm Rasieren fertig!
    OBERMÜLLER
Fertig fertig fertig, wie soll ich denn fertig werden, wenn überhaupt alles versagt, wo bleibt denn Fanny?
    FRAU OBERMÜLLER
schellt wütend Die Gans liegt wieder aufm Ohr. Da meldet sich niemand –
    OBERMÜLLER
Wenn mich der Wormser im Stich läßt, dann muß es eben mit der alten gehn, ich kann doch nicht in Unterhosen zum Kaisermanöver, ich muß doch um Punkt vier –
    FANNY
das Dienstmädchen, verschlafen, im Nachtzeug Wat soll’s denn?
    BEIDE
Die Uniform!!
    FANNY
Die is noch nich jekommen!
    OBERMÜLLER
Die alte, zum Donnerwetter! Die alte!!!
    FANNY
tranig Die olle?
    FRAU OBERMÜLLER
Natürlich, machense doch, sie hängt unten im Vorplatz.
    FANNY
Die soll doch wech.
    OBERMÜLLER
schreiend Holen Sie sie her!!
    FANNY
Ick hol se doch. Ab.
    FRAU OBERMÜLLER
Potsdam!! Potsdam 324! Jetzt steh nich hier rum, wasch dir die Seife ab. Jawohl, Potsdam, endlich, hier ist Bürgermeister Obermüller, Köpenick – Bürgermeister Obermüller, Kö-pe-nick – nein, nein – nicht Spandau, wie kommense denn auf Spandau? – Köpenick!
    OBERMÜLLER
entreißt ihr den Hörer Ist dort Wormser, Uniformschneider Wormser in Potsdam – Sie haben mir für spätestens Mitternacht die neue Uniform versprochen, spätestens Mitternacht haben Sie gesagt, jetzt ist es halb vier, Sie wissen doch, daß ich um vier Uhr beim Regimentsstab sein muß, ich kann doch nicht nackt hinlaufen, wie können Sie mich nur so im Stich lassen, ich – Wie?! Is gar nich Wormser? Ja, wer is denn – wie, was, meldet sich nicht, wieso meldet sich nicht? Mitten in der Nacht? Es ist ja schon hell draußen!! Unerhört so was Läßt den Hörer sinken – meldet sich nicht. Wormser meldet sich nicht.
    FRAU OBERMÜLLER
Das hätt ich dir gleich sagen können. Mitten in der Nacht.
    OBERMÜLLER
Es is ja schon hell draußen. Ich muß doch um vier Uhr –
    FANNY
mit der alten Uniform Da is se. Ick dachte, die soll wech.
    FRAU OBERMÜLLER
Denken Sie nicht, helfen Sie mal meinem Mann, rasch, rasch!
    OBERMÜLLER
Die Hosen gehn auf alle Fälle noch, ich kann sie einfach mit Sicherheitsnadeln feststecken – Ist in die Hose gefahren – aber der Rock! Der Rock!! Versucht, ihn anzuziehen.
    FRAU OBERMÜLLER
mit Fanny helfend, ziehend Du bist viel zu dick geworden, du bist viel zu dick, ich sag’s ja schon lange!
    OBERMÜLLER
Unsinn! Der Stoff ist eingegangen, ich war vor fünf Jahren genau wie heute, Herrgott, ich kann’s mir doch jetzt nicht runterschneiden!! Es geht nicht – Zieht stöhnend an der Uniform, sie geht nicht zu.
    FRAU OBERMÜLLER
An so was denkt man eben früher! Da sind ja die Kinder draußen, was tut denn ihr hier, wie kommt ihr denn dazu, aufzustehn!!
    HELLMUT UND IRENE
halbwüchsig, in langen Nachthemden, schauen herein.
    IRENE
Wie soll denn ’n Mensch schlafen bei dem Radau.
    HELLMUT
Ich dachte, ich kann mal mitn Fahrrad rasch zum Uniformschneider sausen.
    OBERMÜLLER
auf die Kinder los Unfug! Wollt ihr sofort ins Bett!
    HELLMUT
beleidigt Na, ich kann’s ja lassen. Ab mit

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