Der Hauptmann von Koepenick
richtig is, ick meine, wat Recht is, det sollt auch Recht sein! Nich!?
HOPRECHT
Recht is, was Gesetz is, Willem. Es geht ja nicht nach dem, was einer möchte, es is ja für alle da. Das is es, Willem.
VOIGT
Und wenn einer kaputtjeht bei, denn is er alle. Da hilft ’n kein Recht mehr, und kein Jesetz.
HOPRECHT
Wenn ’n Soldat fällt, Willem, denn fällt er eben. Gegens Letzte is kein Kraut gewachsen. – Aber bei uns kommt immer noch jeder zu Seinem.
BEIDE
haben begonnen, sich umzukleiden.
VOIGT
Amen.
HOPRECHT
Was is?
VOIGT
freundlich, ohne Spott Det haste vergessen. Sone Sätze hörn immer mit Amen auf. Der Pastor aufn Friedhof hat janz was Ähnliches jewußt.
HOPRECHT
Ich versteh dich nicht.
VOIGT
Is auch nich nötig. Laß dir man nicht stören. Ick zieh mir nur um – und denn jeh ick.
HOPRECHT
Wohin denn?
VOIGT
zuckt die Achseln.
HOPRECHT
Ja wieso – du willst doch nich fort, Willem?
VOIGT
Darnach is nich gefragt. Ick muß fort.
HOPRECHT
macht einen Schritt auf ihn zu.
VOIGT
holt mit einer gleichsam abwehrenden Bewegung das Papier aus seiner Tasche, wirft’s auf den Tisch Lies man.
HOPRECHT
liest Ausweisung – ja Herrgott, Willem, haste denn keine Eingabe gemacht?
VOIGT
Zweie. Abschlägig beschieden. Für die erste hattense kein Interesse, für die zweite keene Zeit.
HOPRECHT
ratlos Ja – wo willste denn hin, Willem?
VOIGT
lacht sonderbar Jarnirgends.
HOPRECHT
Mensch – du wirst mir doch keine Dummheiten machen!!
VOIGT
Ausjeschlossen. Dummheiten – ausjeschlossen. Ick wer nu langsam helle.
HOPRECHT
Du mußt natürlich sehn, daß du in einem andren Bezirk ’n Aufenthalt kriegst – oder du mußt um ’n Paß einkommen, bei deiner Heimatbehörde.
VOIGT
Danke. Det kenn ick schon.
HOPRECHT
Ja, was willste denn sonst – was willste denn anfangen?!
VOIGT
Mach dir man keine Sorjn. Is nich so wichtig. Lacht wieder leise.
HOPRECHT
Lach doch nich immer! Die Sache is doch ernst!
VOIGT
Ick finde dat lustig. Dir hamse nich befördert – mir befördernse. Jedem dat Seine. Nich?
HOPRECHT
Sei doch still!! Willem, du fährst aufn ganz falschen Gleis! Wenn so was is, denn, denn müssen besondere Gründe sein, das is halt ’n Unglück, Willem, was dir passiert!
VOIGT
’n Unglück? Nee. Da is kein Glück bei, und is auch kein Unglück bei. Det is janz ’n sauberes glattes Unrecht is det. Aber reg dir man nich auf, Friedrich. Et jibt mehr Unrecht auf de Welt, scheenes ausjewachsenes Unrecht. Det muß man nur wissen. Ick weiß nu.
HOPRECHT
Gar nichts weißte! Pech haste! Det is es! Wenn det so wär, wie du sagst – denn gäb’s ja kein Treu und Glauben mehr auf de Welt! So darfste mir nich fort, Willem. So kommste nich weiter. Du mußt das tragen – wie ’n Mann.
VOIGT
Tragen – det bin ick jewohnt, Friedrich. Det macht mir nichts. Ich hab ’n breiten Puckel, da jeht ’n Packen ruff. Aber – wohin soll ick’s tragen, Friedrich! Det is die Frage! Wo soll ick denn hin mit!? Ick hab ja keen Aufenthalt, für mir gibt’s ja keen Platz uff de Erde, da könnt ick höchstens in de Luft steigen, nich?
HOPRECHT
Nich in de Luft, Willem! Zurück aufn Boden, Mensch! Wir leben in ’n Staat – und wir leben in ne Ordnung – da kannste dir nich außerhalb stellen, das darfste nich! So schwer’s auch hält – da mußte dich wieder reinfügen!
VOIGT
Wo rein? In Staat? In ne Ordnung? Ohne Aufenthalt? Und ohne Paß?
HOPRECHT
Einmal kriegste’s doch! Einmal kommste doch wieder rein!
VOIGT
So – und wat soll ick drinnen? Wat hilft et mir denn? Da wer’ck noch lange kein Mensch von!
HOPRECHT
’n Mensch biste überhaupt nur, wenn du dich in ne menschliche Ordnung stellst! Leben tut auch ne Wanze!
VOIGT
Richtig! Die lebt, Friedrich! Und weißte, warum se lebt? Erst kommt de Wanze, und dann de Wanzenordnung! Erst der Mensch, Friedrich! Und dann de Menschenordnung!
HOPRECHT
Du willst dich nich unterordnen, das isse’s! Wer ’n Mensch sein will – der muß sich unterordnen, verstanden?!
VOIGT
Unterordnen. Jewiß! Aber unter wat drunter?! Det will ick janz jenau wissen! Denn muß de Ordnung richtig sein, Friedrich, det isse nich!
HOPRECHT
Sie is richtig! Bei uns is richtig! Schau dir ne Truppe an, in Reih und Glied, denn merkste’s! Wer da drin steht, der spürt’s! Tuchfühlung mußte halten! Dann biste’n Mensch – und dann haste ne menschliche Ordnung!
VOIGT
Wennse man nur keen Loch hat! Wennse man nur nich so stramm sitzt, daß de Nähte platzen! Wenn da man
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