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Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
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nur nichts passiert, Mensch!
    HOPRECHT
Bei uns nich! Bei uns in Deutschland, da is ’n fester Boden drunter, da is kein hohler Raum zwischen, da kann nichts passieren! Anderswo vielleicht, wo det Jebälke faul is – da vielleicht! Sagen wa mal: in Rußland zum Beispiel, da habense die Bestechlichkeit der Behörden, habense da – und denn die Muschiks, det sind nämlich Analphabeten, die wissen noch nich mal wie se heißen – und denn die Lasterhaftigkeit der höheren Kreise, und denn die Studentinnen, un det ganze schlechte Beispiel! Da kann was passieren, Willem, da is Bruch! Verstehste?! Bei uns is alles jesund von unten auf – und was jesund is, det is auch richtig, Willem! Det is auf Fels jebaut!
    VOIGT
So? Und woher kommt denn det Unrecht? Kommt det janz von selbst?
    HOPRECHT
Bei uns gibt’s kein Unrecht! Wenigstens nicht von oben runter! Bei uns geht Recht und Ordnung über alles, das weiß jeder Deutsche!
    VOIGT
So? Un deine Beförderung, is det Recht und Ordnung? Und mein Aufenthalt, is det Recht und Ordnung?
    HOPRECHT
Du drehst alles um, Willem! Du hast doch zuerst jeschlagen, widers Recht, und denn hat’s dich jetroffen! Und das mit der Beförderung, das muß eben sein! Da gibt’s keine Beschwerde drüber! Die kriegen im Reichstag de Hölle heiß jemacht, wegen de Wehrvorlage und ’n Heeresetat, denn müssense ’n Etat kürzen, und denn trifft et eben mich, det is nu mal so, könnt jedem andren auch passieren! Wat is denn schon einer, gegens Ganze jenommen?! Für det Geld, wat se an Löhnung sparen, da wird vielleicht ne Kanonejebaut!
    VOIGT
Und denn jeht se los – un denn trifft et wieder dich! Bumm-bumm, da liechste!
    HOPRECHT
Jawoll, da liech ick, wenn’s man losjeht! Und denn weiß ick auch, wofür! Fürs Vaterland, und für de Heimat!!
    VOIGT
Mensch, ick häng an meine Heimat jenau wie du! Jenau wie jeder! Aber se sollen mir mal drin leben lassen, in de Heimat!! Denn könnt ick auch sterben für, wenn’s sein muß! Wo is denn de Heimat, Mensch? In ’n Polizeibüro? Oder hier, ins Papier drinnen?! Ick seh ja gar keene Heimat mehr, vor lauter Bezirke!!
    HOPRECHT
Ich will’s nich mehr hören, Willem! Ich darf’s nich mehr hören – ich bin Soldat! Und ich bin Beamter!! Das bin ich mit Leib und Seele, da steh ick für! Ich weiß, daß bei uns das Recht über alles geht!
    VOIGT
Auch übern Menschen, Friedrich! Übern Menschen, mit Leib und mit Seele! Da jeht et rüber, und denn steht er nich mehr uff.
    HOPRECHT
Du hast nich jedient, Willem! Du kennst et nich! Wenn de wüßtest, wie unsre Offiziere sind, da mag mal so ’n junger Schnösel bei sein, jewiß – aber die andren! De richtigen, Mensch! Da jehn wir durchs Feuer für, und det machen die auch für uns, da is jeder für jeden!
    VOIGT
Und det Janze?! Det Janze, Friedrich, für wem is det?! Wat steht hinter, Friedrich, ’n Gott oder ’n Teufel?! Nee, mir hamse zu lang jepufft, mir hamse nu wachjekriegt, da jibt’s keen Pennen mehr, ick will det nu janz jenau wissen!!
    HOPRECHT
Ick sag dir zum letztenmal: reinfügen mußte dich! Nich mängeln gegen! Und wenn’s dich zerrädert – denn mußte det Maul halten, denn jehörste doch noch zu, denn biste ’n Opfer! Und det is ’n Opfer wert!! Mehr kann ick nich sagen, Mensch! Haste denn keine innere Stimme, Willem? Wo sitzt denn bei dir det Pflichtgefühl?!
    VOIGT
Vorhin – aufn Friedhof – wie de Brockn aufn Sarch runterjekullert sind – da hab ick’s jehört – da war se janz laut, war se –
    HOPRECHT
Wer? Was haste jehört?
    VOIGT
De innere Stimme. Da hatse jesprochen, du, und da is alles totenstill jeworden in de Welt, und da hab ick’s vernommen: Mensch, hatse jesagt – einmal kneift jeder ’n Arsch zu, du auch, hatse jesagt. Und denn, denn stehste vor Gott dem Vater, stehste, der allens jeweckt hat, vor dem stehste denn, und der fragt dir ins Jesichte: Willem Voigt, wat haste jemacht mit dein Leben? Und da muß ick sagen – Fußmatte, muß ick sagen. Die hab ick jeflochten im Jefängnis, und denn sind se alle druff rumjetrampelt, muß ick sagen. Und zum Schluß haste jeröchelt und jewürcht, um det bißchen Luft, und denn war’s aus. Det sagste vor Gott, Mensch. Aber der sagt zu dir: Jeh wech! sagt er! Ausweisung! sagt er! Dafür hab ick dir det Leben nich jeschenkt, sagt er! Det biste mir schuldig! Wo is et? Wat haste mit jemacht?! Ganz ruhig Und denn, Friedrich – und denn is et wieder nischt mit de Aufenthaltserlaubnis.
    HOPRECHT
Willem – du

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