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Der Hausflug

Titel: Der Hausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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wichtig.“ Die Frau blieb unerbittlich.
    „Ja, ja“, sagte sie, „bei euch ist alles immer unheimlich wichtig.“
    Jonas überlegte fieberhaft, was er tun sollte. Einfach vorbeirennen? Die Alte würde ihn nicht aufhalten können, aber bis er das richtige Buch gefunden hatte, würde man ihn längst wieder hinausgeworfen haben.
    „Komm morgen wieder“, sagte die Frau, „mit deiner Mütter oder deinem Vater. Wir schließen sowieso gleich.“
    „Wir schreiben aber schon in der ersten Stunde die Arbeit“, sagte Jonas; er bemühte sich, einen recht weinerlichen Tonfall anzuschlagen, er quetschte sogar ein paar Tränen heraus, „und wenn ich wieder eine Fünf anbringe – mein Vater schlägt mich windelweich!“
    Die Tränen waren echt. Jonas hätte laut schreien können vor Verzweiflung. Bestimmt wurde die Bibliothek um sechs Uhr geschlossen, und der Zeiger auf der Uhr hinter der Frau zeigte bereits auf die Zehn.
    „Ich werde dir helfen“, sagte eine Stimme hinter seinem Rücken. Jonas drehte sich um. Ein alter Mann mit weißem Spitzbart, den Arm voller Bücher, blinzelte ihm zu.
    „Dem jungen Mann muß doch geholfen werden, Frau Emmerich. Bitte achten Sie solange auf meine Bücher, ja?“ Er legte der Frau seinen Bücherpacken auf den Tisch und ging in den Lesesaal, nach wenigen Augenblicken kam er mit einem dicken Band zurück.
    „Lexika werden an niemanden ausgeborgt“, sagte die Frau mit spitzer Stimme, „nicht einmal an Sie, Herr Professor, und aus dem Lesesaal schon überhaupt nicht. Das wissen Sie.“
    „Der Junge will doch nur mal reingucken, nicht wahr?“ Jonas nickte eifrig.
    „Gut, Herr Professor, aber nur, weil Sie es sind. – Und beeil dich, Bengel“, herrschte sie Jonas an.
    Jonas blätterte vor Aufregung viel zu weit, landete bei „Untergrundbahn“, schlug hastig zurück zu „Pythagoras“, landete bei „Rabatz“; der Professor nahm ihm das Buch aus der Hand, schlug die richtige Seite auf. Da stand es: Quecksilber. Jonas legte den Finger auf die Spalte, überflog den Text.
    „Willst du dir keine Notizen machen?“ fragte der Professor.
    „Oh, das merke ich mir schon“, sagte Jonas.
    „Donnerwetter“, sagte der Professor, „du scheinst ja ein helles Köpfchen zu haben. Klug, aber faul, was?“
    Jonas antwortete nicht. Er hatte gefunden, was er suchte. Er prägte es sich ein. Im Auswendiglernen war er einsame Spitze in seiner Klasse. Er wiederholte es noch einmal in Gedanken, prüfte, ob er auch alles richtig behalten hatte, dann schlug er das Buch zu.
    „Danke schön“, rief er, „tausend Dank, Herr Professor, Sie haben jemandem das Leben gerettet. Wenn Sie wüßten…“ Damit stürzte er hinaus.
    „Diese Jungen!“ Der Professor nahm schmunzelnd seinen Bücherstapel vom Tisch, dann stutzte er, seine Stirn legte sich in Falten. „Sagen Sie, Frau Emmerich, sind jetzt nicht Ferien?“
    Jonas raste über den Platz, direkt auf das Haus zu. Für ihn war es nicht mehr völlig unsichtbar; dort, wo es stand, flimmerte die Luft ein wenig.
    „Alles klar“, rief Jonas, sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Wir müssen nach Spanien, nach Almadena.“
    Er lief in das große Zimmer und zeigte auf dem Globus, wo ungefähr dieses Almadena liegen mußte.
    „Ich glaube, ich weiß jetzt auch, warum dein Suchgerät kein Phlochl entdeckt hat; bei uns auf der Erde kann man reines Quecksilber nur selten finden.“ Er schloß die Augen und zitierte aus dem Gedächtnis.
    „Das wichtigste Quecksilbererz ist das Zinnober oder Schwefelquecksilber. Die Quecksilbererze werden geröstet, die entweichenden Dämpfe in Ton- oder Eisenröhren verdichtet… Wegen seiner Giftigkeit wird Quecksilber in fest verschlossenen Fässern aufbewahrt und transportiert… Die Hauptvorkommen befinden sich bei Almadena in der spanischen Sierra Morena, aber auch in Idria, Jugoslawien, und in der Toskana in Italien kommt es vor… Zufrieden?“
    „Wir starten schon“, sagte Xindy vergnügt. „Auf nach Spanien!“
    „Halt, nicht so hastig“, rief Jonas. „Spanien ist ein großes Land. Wie wollen wir Almadena finden, einfach mal anhalten und fragen? Ich kann kein Wort spanisch.“
    „Vielleicht mein Computer“, meinte Xindy.
    Ja, vielleicht verstand der Übersetzungs-Computer spanisch, doch wie sollten sie herausbekommen, welche der vielen Sprachen, die er anbot, spanisch war?
    „Wir brauchen eine Karte von Spanien“, sagte Jonas, „eine möglichst genaue Landkarte. Fliegen wir ins Zentrum

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