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Der Hausflug

Titel: Der Hausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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zweite, die rote Sonne auf, und zum ersten Mal sah er alle vier Monde. Der Chlm wurde kleiner, dann erlosch das Bild.
    Ohne ein Wort gingen sie beide hinaus. Sie ließen sich erst los, als Xindy beide Hände brauchte, um die Schleuse zu bedienen.

Das zwanzigste

    Vater als „schwebende Jungfrau“
Abschiedsgeschenke und unglaubliche Welten Ein Trichter in der Ostsee
     
    „Es wird Zeit, daß wir das Haus zurückbringen“, unterbrach Xindy das Schweigen.
    „Laß uns noch einen Augenblick so sitzen“, bat Jonas.
    Sie hockten am Hang der Düne und blickten über das irdische Meer, über dem der Mond jetzt als schmale Sichel stand. Jonas zog sein Taschentuch heraus und wischte sich verstohlen die Tränen ab. Xindy rückte näher, legte den Arm um seine Schultern.
    „Mir geht es nicht anders“, sagte er. „Der Abschied von dir fällt mir schwerer als damals der Abschied vom Chlm. Wir kennen uns erst vier Tage, und doch ist es eine Freundschaft für ein ganzes Leben geworden. Ich werde oft an dich denken. – Wir“, korrigierte er sich, „wir werden oft aneinander denken, nicht wahr?“ Jonas nickte, dann winkte er mit dem Kopf zu den Sternen.
    „Wo liegt dein Chlm?“
    „Ungefähr dort.“ Xindy drehte sich um und zeigte nach Süden. „Aber unser Sonnensystem ist von der Erde nicht zu sehen.“
    „Nicht einmal unsere Sonnen können wir sehen“, sagte Jonas. „Und ich werde nie erfahren, ob du auch wieder nach Hause gekommen bist.“
    „Vielleicht kann ich dir ein Zeichen geben“, meine Xindy, „eine Nachricht. Ich weiß noch nicht, wie, aber ich verspreche dir, ich werde darüber nachdenken.“ Er stand auf, klopfte sich den Sand vom Skaphander. „Bringen wir es hinter uns.“
    Jonas lief zum Parkplatz und holte die beiden Decken aus dem Kofferraum. Er mußte schmunzeln, als er sah, wie Xindy Vater vorsichtig auf beiden Händen aus dem Haus trug. Vater schien auf der Luft zu liegen. Wie die „schwebende Jungfrau“, die Jonas einmal in einer Zaubervorstellung gesehen hatte. Aber das war nur ein Spiegeltrick gewesen, hatte Vater ihm erklärt, keine schwerelose Frau. Wenn Vater sich so sehen könnte! Er schnaufte und schnarchte, und einmal drehte er sich sogar auf die andere Seite, während Xindy ihn auf die Rückseite der Düne brachte.
    Jonas scharrte mit den Händen eine Mulde in den Sand, breitete die eine Decke darin aus, mit der zweiten deckte er Vater zu. So würde er sich bestimmt nicht erkälten.
    „Wenn du ihn dann wecken willst“, sagte Xindy, „mußt du ihm dreimal ins Ohr flüstern: Vater, wach auf.“
    Xindy überließ es Jonas, das Haus zu „tragen“. Er balancierte es auf den Spitzen seiner Finger, während sie über den Strand dahinglitten. Xindy hatte auch Aufnahmen von dem genauen Stand des Hauses, er dirigierte es so lange, bis es millimetergenau auf dem alten Platz stand. Niemand würde vermuten, daß es zwischendurch bei Island und auf dem Mont Blanc, in Spanien und Afrika gewesen war.
    „Schade“, meinte Jonas, „ich wäre zu gern einmal mit dem Haus um die Erde geflogen, nein, mindestens zweimal: einmal immer den Sonnenaufgang vor Augen und ein zweites Mal bei Nacht.“
    „Ja, die Erde bei Nacht ist ein faszinierendes Bild“, sagte Xindy. „Bei uns auf dem Chlm ist es nachts dunkel bis auf die Raumschiffhäfen, aber die Erde ist voller Lichter. All die Städte – manche Küsten sind wie eine Lichterkette.“
    „Und ich werde es nie sehen“, sagte Jonas traurig.
    „Wer weiß, vielleicht wirst du einmal Astronaut?“
    Sie kehrten zurück, auf Jonas’ Wunsch über das Wasser. Einmal noch wollte er „Wasser treten“. Er wurde so übermütig, daß er sich zu stark von den Wellen abstieß und beim Aufsprung bis zu den Knien im Wasser versank; als sie angekommen waren, mußte Jonas die nasse Hose ausziehen. Xindy hielt ihm den Skaphander hin.
    „Zieh ihn über, sonst unterkühlst du dich und wirst noch krank.“
    „Was machen wir eigentlich damit?“ erkundigte sich Jonas. „Verwandelst du den Skaphander wieder in meine Klamotten?“
    „Das geht leider nicht“, sagte Xindy.
    „Aber Vater wird die Sachen vermissen!“ rief Jonas.
    „Er weiß schon, daß ihr sie verloren habt“, sagte Xindy, „und er hat sich damit abgefunden; es waren ja nicht deine besten Kleidungsstücke.“
    „Die Hose und die Turnschuhe schon!“
    „Verrat es nicht, dein Vater denkt, es waren alles nur alte Sachen.“
    „Du sorgst dafür, daß auch nicht eine einzige Spur von dir

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