Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
weißen und violetten Streifen. Ei hatte ihr Zelt ein wenig abseits der anderen aufgestellt. Maester und die beiden Pferde waren in der Nähe angepflockt, und Dunks Waffen und Rüstung waren ordentlich an der Burgmauer gestapelt. Als er ins Zelt kroch, saß sein Knappe im Schneidersitz vor einer Kerze. Sein Kopf glänzte, und er spähte über den Rand eines Buches.
    »Du wirst noch blind, wenn du bei Kerzenlicht liest.« Lesen blieb für Dunk ein Geheimnis, obwohl der Junge versucht hatte, es ihm beizubringen.
    »Ich brauche das Kerzenlicht, um die Wörter zu erkennen, Ser.«
    »Möchtest du eine Ohrfeige? Was für ein Buch ist das?« Dunk sah bunte Farben auf der Seite, kleine bemalte Schilde, die sich zwischen den Buchstaben versteckten.
    »Ein Adelsregister, Ser.«
    »Suchst du nach dem Fiedler? Du wirst ihn nicht finden. Heckenritter kommen nicht in diese Rollen, nur Lords und Recken.«
    »Ich habe nicht nach ihm gesucht. Auf dem Hof habe ich einige andere Wappen gesehen. … Lord Sunderland ist hier, Ser. Er trägt die Köpfe von drei blassen Damen auf grün-blauen Wellen.«
    »Ein Mann von den Schwestern? Ehrlich?« Die Drei Schwestern waren Inseln im Biss. Dunk hatte Septone schimpfen gehört, die Inseln seien ein Pfuhl der Sünde und der Gier. Schwestering war das berüchtigste Schmugglernest von ganz Westeros. »Er hat einen weiten Weg auf sich genommen. Bestimmt ist er mit Butterquells neuer Braut verwandt.«
    »Ist er nicht, Ser.«
    »Dann ist er wegen des Festes gekommen. Auf den Drei Schwestern essen sie Fisch, oder? Fisch kann man irgendwann nicht mehr ertragen. Hast du genug zu essen bekommen? Ich habe dir einen halben Kapaun und Käse mitgebracht.« Dunk wühlte in der Tasche seines Mantels.
    »Sie haben uns Rippen serviert, Ser.« Ei hatte die Nase wieder in das Buch gesteckt. »Lord Sunderland hat für den Schwarzen Drachen gekämpft, Ser.«
    »Wie der alte Ser Konstans? Er war nicht so schlecht, oder?«
    »Nein, Ser«, sagte Ei, »aber …«
    »Ich habe das Drachenei gesehen.« Dunk verstaute das Essen bei ihrem harten Brot und dem Pökelfleisch. »Es war fast ganz rot. Hat Lord Blutrabe auch ein Drachenei bekommen?«
    Ei senkte das Buch. »Warum sollte er? Er ist von niederer Geburt.«
    »Ein Bastard, ja, aber nicht von niederer Geburt.« Blutrabe war auf der falschen Seite der Decke geboren worden, doch sowohl in seiner Mutter als auch in seinem Vater floss edles Blut. Dunk wollte Ei gerade von den Männern erzählen, deren Unterhaltung er mit angehört hatte, als er das Gesicht seines Knappen bemerkte. »Was ist mit deiner Lippe passiert?«
    »Ein Streit, Ser.«
    »Lass mich mal sehen.«
    »Es hat nur ein bisschen geblutet. Ich habe es mit Wein abgetupft.«
    »Mit wem hast du gestritten?«
    »Mit ein paar anderen Knappen. Sie haben gesagt …«
    »Es interessiert mich nicht, was sie gesagt haben. Was habe ich dir gesagt?«
    »Ich soll meine Zunge im Zaum halten und keinen Ärger machen.« Der Junge berührte die geplatzte Lippe. »Aber sie haben meinen Vater einen Sippenmörder genannt.«
    Das ist er, Junge, obwohl ich nicht glaube, dass er es mit Absicht getan hat. Dunk hatte Ei schon ein halbes Hundert Mal gesagt, er solle sich solche Worte nicht zu Herzen nehmen. Du kennst die Wahrheit. Das muss genügen. Sie hatten solches Gerede schon oft gehört, in Weinschenken und billigen Tavernen und an Lagerfeuern in den Wäldern. Das ganze Reich wusste, dass Prinz Maekars Streitkolben seinen Bruder Baelor Speerbrecher auf den Wiesen von Aschfurt erschlagen hatte. Da musste man damit rechnen, dass von Verschwörung gemunkelt wurde. »Wenn sie gewusst hätten, dass Prinz Maekar dein Vater ist, hätten sie so etwas nie gesagt.« Hinter deinem Rücken, ja, aber niemals dir ins Gesicht. »Und was hast du zu den anderen Knappen gesagt, anstatt deine Zunge im Zaum zu halten?«
    Ei wirkte beschämt. »Dass Prinz Baelors Tod nur ein Unfall gewesen sei. Erst als ich sagte, Prinz Maekar habe seinen Bruder Baelor geliebt, hat Ser Addams Knappe geantwortet, er habe ihn zu Tode geliebt, und Ser Mallors Knappe meinte, er habe die Absicht, seinen Bruder Aerys auf die gleiche Weise zu lieben. Da habe ich zugeschlagen. Hart zugeschlagen.«
    »Ich sollte dich auch hart schlagen. Ein dickes Ohr würde gut zu deiner dicken Lippe passen. Dein Vater würde das Gleiche tun, wenn er hier wäre. Glaubst du, Prinz Maekar muss sich von einem kleinen Jungen verteidigen lassen? Was hat er dir gesagt, als er dich mir mitgegeben

Weitere Kostenlose Bücher