Der Heckenritter von Westeros
kam, konnte er sehen, dass sie in Wahrheit die Farbe von hellem Silber mit einer Spur Gold darin hatten.
»Daeron hat das nicht zum ersten Mal gemacht«, erwiderte ein anderer. Plummer stand so, dass Dunk den Sprecher nicht sehen konnte. »Du hättest ihm nicht befehlen dürfen, an dem Wettstreit teilzunehmen. Er gehört ebenso wenig auf einen Turnierplatz wie Aerys oder Rhaegel.«
»Womit du meinst, dass er lieber eine Hure als ein Pferd reitet«, sagte der erste Mann. Der gedrungen gebaute und kräftige Prinz – er war ganz gewiss ein Prinz – trug eine Brigantine aus Leder mit silbernen Nieten unter einem schweren schwarzen Mantel, der mit Hermelin gesäumt war. Seine Wangen waren von Pockennarben gezeichnet, die der silberne Bart nur teilweise verbergen konnte. »Ich muss nicht an die Unzulänglichkeiten meines Sohnes erinnert werden, Bruder. Er ist erst achtzehn Jahre alt. Er kann sich ändern. Er wird sich ändern, bei den Göttern, oder ich schwöre, ich werde ihn tot sehen.«
»Mach dich nicht völlig zum Narren. Daeron ist, was er ist, aber er ist trotzdem von deinem und meinem Blut. Ich zweifle nicht daran, dass Ser Roland ihn auftreiben wird, und Aegon mit ihm.«
»Vielleicht wenn das Turnier vorbei ist.«
»Aerion ist hier. Er geht sowieso besser mit der Lanze um als Daeron, falls du dir wegen des Turniers Sorgen machst.« Dunk konnte den Sprecher jetzt sehen. Er saß auf dem Hohen Sitz, einige Blätter Pergament in einer Hand, und Lord Aschfurt stand neben ihm. Selbst sitzend schien er einen Kopf größer zu sein als der andere, den langen Beinen nach zu urteilen, die er von sich gestreckt hatte. Sein kurzgeschnittenes Haar war dunkel und graumeliert, der markante Kiefer glatt rasiert. Die Nase sah aus, als wäre sie mehr als einmal gebrochen worden. Obwohl er sehr schlichte Kleidung trug, grünes Wams, brauner Mantel, zerkratzte Stiefel, war er ein bedeutender Mann, der ein Gefühl von Macht und Sicherheit vermittelte.
Dunk wurde bewusst, dass er da in etwas hineingeraten war, das er nie hätte hören sollen. Ich gehe besser und komme später wieder, wenn sie fertig sind, beschloss er. Aber es war schon zu spät. Der Prinz mit dem silbernen Bart nahm plötzlich Notiz von ihm. »Wer seid Ihr – und was denkt Ihr Euch dabei, einfach so hier hereinzuplatzen?«, herrschte er Dunk an.
»Das ist der Ritter, den unser guter Haushofmeister erwartet hat«, sagte der sitzende Mann und lächelte Dunk in einer Weise an, die darauf hindeutete, dass er ihn schon die ganze Zeit bemerkt hatte. »Du und ich, wir sind die Eindringlinge hier, Bruder. Kommt näher, Ser.«
Dunk kam näher, war aber nicht sicher, was von ihm erwartet wurde. Er sah Plummer an, fand aber keine Unterstützung. Der Haushofmeister mit dem verkniffenen Gesicht, der gestern so gebieterisch gewesen war, stand nun stumm da und studierte die Steinplatten am Boden. »Mylords«, sagte Dunk, »ich habe Ser Manfred Dondarrion gebeten, für mich zu bürgen, damit ich an dem Turnier teilnehmen kann, aber er weigert sich. Er behauptet, er kennt mich nicht. Aber Ser Arlan hat ihm gedient, ich schwöre es. Ich trage sein Schwert und Schild, ich …«
»Ein Schwert und ein Schild machen noch keinen Ritter«, verkündete Lord Aschfurt, ein großer, glatzköpfiger Mann mit einem runden, roten Gesicht. »Plummer hat Euretwegen mit mir gesprochen. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass Eure Waffen diesem Ser Arlan von Hellerbaum gehört haben, könnte es sein, dass Ihr ihn tot aufgefunden und sie gestohlen habt. Wenn Ihr keinen stichhaltigeren Beweis für Eure Behauptung habt, etwas Schriftliches oder … «
»Ich erinnere mich an Ser Arlan von Hellerbaum«, sagte der Mann auf dem Hohen Sitz leise. »Ich wüsste nicht, dass er je ein Turnier gewonnen hätte, aber er hat sich auch nie blamiert. Vor sechzehn Jahren überwand er in Königsmund Lord Schurwerth und den Bastard von Harrenhal im Buhurt, und viele Jahre zuvor stieß er in Lennishort den Grauen Löwen selbst vom Pferd. Wobei der Löwe damals noch nicht so grau war.«
»Davon hat er mir oft erzählt«, sagte Dunk.
Der große Mann musterte ihn. »Dann werdet Ihr Euch ohne Zweifel an den wahren Namen des Grauen Löwen erinnern.«
Einen Moment herrschte völlige Leere in Dunks Kopf. Tausendmal hat der alte Mann die Geschichte erzählt, tausendmal der Löwe, der Löwe, sein Name, sein Name, sein Name … Er war der Verzweiflung nahe, als er ihm endlich einfiel. »Ser Damon Lennister!«, rief er.
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