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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Frankenreich zurückgekehrt, erscheint Karl dem Großen eines Nachts der Erzengel Gabriel. Der Bote Gottes drängt ihn, einem christlichen König zu helfen, dessen Stadt von den Heiden belagert wird. Das Rolandslied ist nicht von ungefähr zur Zeit des ersten Kreuzzugs entstanden. Und Karl, das deutet das Rolandslied an seinem Schluss noch an, wird dem Ruf Gottes folgen.

Kreuzzug nach Jerusalem
    Vor der Heiligen Stadt
    Fast drei Jahre schon befand sich die bewaffnete Heerschar auf dem Weg ins Heilige Land; ursprünglich waren es einige tausend Ritter mit mehr als zehnmal so vielen Gläubigen im Gefolge. Der Gemeinschaft gehörten Menschen aller Stände der mittelalterlichen Gesellschaft an: Herzöge und Knappen, Kirchenleute und Laien, Adlige und Bauern, Männer und Frauen. Es war keine Heerfahrt wie frühere, keine gewöhnliche christliche Pilgerreise nach Palästina, die im Jahr 1096 ihren Anfang genommen hatte. Nur jeder Vierte der berittenen Krieger war noch am Leben, das Fußvolk auf weniger als ein Drittel seiner Stärke dezimiert.
    Als sich das ersehnte Ziel am Horizont abzeichnete, schienen für einen Moment alle Strapazen vergessen. Es muss den Überlebenden wie eine Erlösung vorgekommen sein, als sie der Konturen der Heiligen Stadt ansichtig wurden: Jerusalem mit seinen massiven Mauern, den legendären Türmen und Kuppeln. Die aufgestauten Gefühle der erschöpften Menge entluden sich. Die Ritter und Pilger sackten, während sie sich bekreuzigten, auf die Knie, richteten ihre Blicke zum Himmel, erhoben ihre Hände, um sich dann wieder zu Boden zu werfen – es dürfte ein Rausch der Glückseligkeit gewesen sein, in den sich Jubel, Loblieder und Gebete mischten.
    Was hatte die geschundene Schar nicht alles durchgemacht – enorme Verluste erlitten, schlimmste Entbehrungen ertragen. Vor geraumer Zeit waren sie aus der Heimat aufgebrochen, in eine völlig ungewisse Zukunft, auf der Suche nach dem Heil, nach Vergebung, dem Abenteuer oder auch
nach Macht und Reichtum. Der Zug der Ritter aus dem Westen Europas hatte jedoch auch grausige Spuren hinterlassen auf der dreijährigen Odyssee ins Heilige Land, hatte Angst, Schrecken, Gewalt, Terror und Tod verbreitet.
    Bild 36
    Im Juni 1099 erreicht der erste Kreuzzug Jerusalem. Der Holzstich von Gottfried Dorè soll die Stimmung im Moment der Ankunft wiedergeben.

    Nun war das Ziel zum Greifen nahe. Wie lange würden sich die Kreuzfahrer noch gedulden müssen bis zum Einzug in die Heilige Stadt, wie viele Wochen würde die Belagerung dauern? Zunächst zog eine Prozession von Kämpfern singend und betend um die Mauern Jerusalems, als wollten sie diese durch bloße Beschwörung zum Einsturz bringen – wie einst Josua vor Jericho. Was mögen die Verteidiger der Heiligen Stadt – einige zehntausend fatimidische Krieger – empfunden haben, als sich derart seltsame Dinge vor ihren Augen abspielten? Die meisten der in Jerusalem lebenden Christen hatten sie aus der Stadt getrieben, nicht nur, um das Risiko eines Verrats zu mindern. Sie sollten fortan den Besatzern, ihren christlichen Glaubensbrüdern, zur Last fallen, waren sie doch bei der Belagerung kaum einsetzbar, mussten aber versorgt und ernährt werden. Das war schwierig genug in der kargen Umgebung von Jerusalem, der Proviant im Heer aus dem Abendland ging zur Neige.
    Fünf lange Wochen sollte die Belagerung dauern, in brütender Hitze. Die Muslime hatten Wasserstellen trockengelegt, einige sollen mit Unrat verschmutzt oder gar vergiftet gewesen sein. Die Bäume der Umgebung waren abgeholzt, es fehlte an Material zum Bau von Belagerungstürmen. Die Zeit arbeitete gegen die Christen.
    Der 15. Juli 1099 wurde zum Tag der Entscheidung. Ginge die Schlacht verloren, so wäre die Rückeroberung des Heiligen Landes am eigentlichen Ziel, Jerusalem, gescheitert; der Kampf gegen die »Heiden« würde womöglich in einer Katastrophe enden. Doch auch für die Belagerten stand viel auf dem Spiel. Würde die Stadt von den Kreuzrittern eingenommen, so hätten die Muslime wichtige Heiligtümer und damit ihr Gesicht vor Allah verloren. Was einmal zum Machtbereich des Islam gehörte, durfte nicht mehr preisgegeben werden – so wollte und will es die Auslegung des Koran.
    Seit mehr als 450 Jahren gehörte das einst von den byzantinischen Kaisern beherrschte Jerusalem zum Reich der Nachfolger Mohammeds. Juden, Christen und Muslime haben dort ihre heiligen Stätten. Auf dem Berg Moria, wo der biblische Abraham seinen Sohn Isaak

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