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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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opfern wollte, hatten jüdische Bewohner einst ihren Tempel zu Ehren Jahwes errichtet. Für die Christen war die Grabeskirche als Schauplatz von Jesu Tod und
Auferstehung ein heiliger Ort. Nach der Eroberung der Stadt im Jahr 638 hatten die Muslime den Felsendom gebaut, der an den Himmelsritt des Propheten Mohammed erinnern sollte.
    Bild 41
    Auf der Luftaufnahme sind die ummauerte Altstadt von Jerusalem und der Tempelberg mit dem Felsendom zu erkennen.
    Die Geschichte Jerusalems war und ist geprägt von Konflikten, aber auch vom Miteinander der Religionen. Kalif Omar I., der zweite Nachfolger Mohammeds, hatte nach seinem Einzug in die eroberte Stadt die jüdischen und die christlichen Gläubigen aufgefordert, mit den Muslimen in Eintracht zu leben. Ein gemeinsames Gebet in der Grabeskirche vermied er aus Respekt, ansonsten hätten seine Glaubensbrüder das Gotteshaus nach den Regeln des Koran als Moschee angesehen. Lange konnten die Christen unter muslimischer Herrschaft ihre Religion frei ausüben, Pilger hatten ungehinderten Zugang, doch im Jahr 1009 ging die Zeit der Toleranz zu Ende. Die christlichen Stätten in Jerusalem wurden Opfer religiöser Eiferer, des Fatimiden al-Hakim, der Juden und Christen verfolgen ließ. Die alte Grabeskirche ging in Flammen auf, wurde geplündert, zerstört – später wieder aufgebaut. Nachdem die Fatimiden die
Vorherrschaft im Heiligen Land innehatten, wurde ihnen diese von den türkischen Seldschuken im 11. Jahrhundert immer wieder streitig gemacht. Dabei häuften sich auch die Übergriffe auf Christen. Pilgerfahrten nach Jerusalem wurden behindert, Wallfahrer getötet, die heiligen Stätten immer schwerer zugänglich. Doch war dies der einzige Grund dafür, dass im 11. Jahrhundert ein riesiger Heerzug von Christen ins Heilige Land aufbrach?
    »Die historische Brisanz des Verhältnisses zwischen Christentum und Islam rührt nicht aus ihrer Unterschiedlichkeit, sondern gerade aus ihrer Ähnlichkeit. Beide stellen konkurrierende Religionen oder Kulturen dar, die aus gemeinsamen Traditionen schöpfen und dabei trotz mancher Übereinstimmungen gerade ihre Gegensätzlichkeit betonen.«
    Nikolas Jaspert, Historiker
    Das Konzil von Clermont
    1095 begann jene Geschichte, welche vier Jahre später vor Jerusalem in ihre entscheidende Phase trat, in dem alten Bischofssitz Clermont in Zentralfrankreich (Auvergne). Dieser Ort wurde zum Ausgangspunkt des ersten Kreuzzugs. Im November des Jahres lud Papst Urban II. hochrangige Kirchenvertreter zu einer Synode ein – 13 Erzbischöfe, 225 Bischöfe, 90 Äbte und zahlreiche Fürsten aus Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien versammelten sich zunächst in der Kathedrale. Urban selbst, ein gebürtiger Franzose, hatte ein verlässliches Gespür für die Stimmungen in Adel, Klerus und Volk und war bekannt für sein rhetorisches Talent. Zum Abschluss der Synode ging der Pontifex in die Offensive. Mehrere tausend Gläubige folgten seinem Ruf zu einem feierlichen Gottesdienst. Die Menge war so groß, dass die Messe auf einem Feld außerhalb der Stadt stattfinden musste, auch wenn mittelalterliche Abb den Platz vor der Kirche als Versammlungsort ausweisen. Mit der Predigt, die er hier halten wollte, verfolgte Urban eine dezidierte Absicht. Sie sollte die christlichen Mitbrüder angesichts der Bedrängnis des Oströmischen Reiches und einer sich zuspitzenden Lage im Heiligen Land aufrütteln.

    Bild 55
    In der Bibliothèque Nationale Paris befindet sich ein wertvolles Pergament aus dem Jahre 1337, das Ankunft und Rede von Papst Urban II. beim Konzil von Clermont zeigt.
    Mehr als ein halbes Dutzend Fassungen der Rede von Clermont sind von mittelalterlichen Chronisten überliefert, nur einige von ihnen waren Zeitgenossen oder gar anwesend. Während Wilhelm von Tyrus oder Robert von Reims ihre Texte literarisch ausschmückten oder dramatisch überspitzten, gelten die Aufzeichnungen des Fulcher von Chartres als vergleichsweise moderat. Was exakt in Clermont gesagt wurde, was die Chronisten später nachholten oder hinzufügten, ist umstritten.
    Nach der Schnittmenge verschiedener tradierter Schilderungen malte Urban jedenfalls ein bedrohliches Szenario aus: »Es ist nämlich nötig, dass Ihr Euren Mitbrüdern im Orient, die Eurer schon so oft erbetenen Hilfe bedürfen, unverzüglich diese Hilfe bringt. Wie den meisten von Euch schon gesagt worden ist, sind nämlich die Türken … bis hin zum Mittelmeer, bis zum sogenannten Arm Sankt Georgs [Bosporus]

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