Der Heilige Krieg
griechische Siedlung am Goldenen Horn »Byzantion«, ein Name thrakischen Ursprungs. Nach der Neugründung der Stadt durch Kaiser Konstantin I. 324 n. Chr. erhielt sie den Namen »Nova Roma« (»Neues Rom«). Später wurde sie »Konstantinopel« (»Stadt des Konstantin«) genannt. Die Osmanen machten »Kostantiniye« daraus. Doch bereits vor der Eroberung durch Mehmed II. gab es noch eine andere Bezeichnung für die Stadt, wie etwa Johannes Schiltberger bezeugt: »Constantinopel hayssen die Christen Istimboli und die Thürken hayssends Stambol« – ein Name, der sich möglicherweise vom griechischen »eis tin polin« (»in die Stadt«) ableitet. Noch lange nach der Einnahme durch das osmanische Heer wurden beide Namen weiterverwendet, im 18. Jahrhundert zeitweise durch die Kunstschöpfung »Islambol« (»Vom Islam erfüllt«) ersetzt. Auch »Dersaadet« (»Pforte des Heils«) nannten die Osmanen ihre Hauptstadt. Erst 1930 wurde »Istanbul« der offizielle und einzige Name für die Stadt am Bosporus.
»Angst, von den Türken unterjocht zu werden, gehörte zu den Traumata der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Christenheit.«
Klaus Schreiner, Historiker
Für viele Europäer schien sich die biblische Endzeit anzukündigen. Der Astrologe Johannes Lichtenberger sah in den Türken die »Zuchtrute Gottes« und sagte den Weltuntergang voraus. Und für den Humanisten Philipp Melanchthon waren die Türken das Endzeitvolk, das ganz Europa überrennen würde.
Noch einmal rief der Papst zum Kreuzzug auf: »Ihr Deutsche, die ihr den Ungarn nicht beisteht, hofft nicht auf die Hilfe der Franzosen! Und ihr Franzosen rechnet nicht auf den Beistand der Spanier, sofern ihr den Deutschen nicht helft. Nachdem Mehmed die Herrschaft im Osten erlangt hat, will er nunmehr die im Westen erringen.« Doch die Zeit der Kreuzzüge war vorbei, trotz aller Beteuerungen verfolgten die lateineuropäischen Staaten ihre eigenen Ziele – und die hatten zumeist nichts mit dem Balkan, Byzanz oder den Osmanen zu schaffen. »Die Monarchien des Westens waren nicht interessiert«, bestätigt denn auch der Historiker Steven Runciman.
»Die Osmanensultane haben keine planmäßigen Versuche gemacht, die christliche oder jüdische Bevölkerung zum Islam zu bekehren. Doch gab es für die Untertanen nicht wenige Anreize, Muslime zu werden.«
Suraiya Faroqhi,
Historikerin und Turkologin
In Religionsfragen zeigte sich Mehmed II. für damalige Verhältnisse vergleichsweise tolerant. Die jüdische Gemeinschaft und die orthodoxe Kirche genossen im Osmanischen Reich Privilegien. Die orthodoxen Patriarchen und Metropoliten wurden durch den Sultan bestallt und finanziell kontrolliert, aber auch mit Rechten ausgestattet. Alle Geistlichen waren steuerbefreit. Das galt ebenfalls für
die armenisch-apostolische Kirche und bald auch für die katholischen Gemeinschaften auf dem westlichen Balkan. Unter dem Schutz des Sultans konnten sie ihre Religion praktizieren, wenngleich mit einigen Einschränkungen: So duften sie nicht missionieren und keine neuen Kirchen errichten (eine Regel, die wohl in der Praxis nicht so genau beachtet wurde, wie zahlreiche Neubauten von Kirchen im Osmanischen Reich belegen).
»Die Flüchtlingsströme nach der Einnahme Konstantinopels bewegten sich größtenteils in eine Richtung: von den christlichen Ländern ins Osmanische Reich.«
Roger Crowley, Publizist
»Die Türken zwingen niemanden, seinem Glauben abzuschwören, versuchen niemanden zu missionieren«, so ein Zeitzeuge aus dem 15. Jahrhundert. Zwar mussten die jüdischen und christlichen Untertanen eine Extrasteuer bezahlen und verschiedene Diskriminierungen in Kauf nehmen: So durften Christen sich nur in Schwarz, Violett und Blau kleiden; ihre Häuser durften nicht so hoch sein wie die ihrer muslimischen Nachbarn; sie durften nur bestimmte Reittiere benutzen. Und doch waren viele mit ihrem Los im Osmanischen Reich zufrieden. »Hier, im Land der Türken, können wir uns nicht beklagen«, bemerkte ein aus Spanien vertriebener Jude – was sich in Europa, wo die Zeit der religiösen Verfolgungen gerade begonnen hatte, herumsprach.
Nach seinem Sieg über Byzanz setzte Mehmed II. seine Eroberungen auf dem Balkan, in Griechenland und auf der Krim fort. »Es darf nur ein Reich geben, einen Glauben und einen Herrscher in der Welt«, lautete sein Credo. Konstantinopel wurde zur neuen Hauptstadt ausgebaut, um die absolute Macht des Sultans zu bekräftigen. Allein in seinen Händen
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