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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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sollte die Lenkung des Staates liegen, der alle wichtigen wirtschaftlichen Ressourcen kontrollierte. Mit Sultan Mehmed II., der laut Josef Matuz »bedeutendsten Herrschergestalt der osmanischen Geschichte«, begann die Epoche des »Klassischen Osmanischen Reiches«.

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    Jüdische Ärzte genossen im Osmanischen Reich ein hohes Ansehen. Sogar die Sultane griffen auf ihre Kunst zurück.
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    Osmanische Händler versuchen in einem Basar, mit Waren aller Art Kunden anzulocken.
    Das klassische Zeitalter
    Auf dem Basar in Konstantinopel herrscht reger Betrieb. Kisten werden geschleppt und Fässer gerollt, Männer im »Dolman«, dem türkischen Leibrock, und mit Turban flanieren zwischen den Ständen; es wird gefeilscht und bezahlt, die Händler sitzen auf Truhen und stellen ihre Waren zur Schau: Teppiche, Sättel und Waffen, Turbane und Geschirr, Gewürze und Rosinen, Medizin und Kräuter, Vögel in Käfigen. Zur Erfrischung bieten mobile Verkäufer eisgekühltes Sorbet an, gebannt sieht das Publikum den Darbietungen des Schattentheaters zu. Unter den Basarbesuchern fällt ein Europäer kaum auf, der von osmanischen Wachen begleitet wird. Es ist Ogier Ghislain de Busbecq, der kaiserliche Gesandte des Heiligen Römischen Reiches in Konstantinopel. Fasziniert bleibt er vor einem Stand stehen, an dem Blumen verkauft werden. »Die Türken pflegen die Blumen sehr«, berichtet er in die flandrische Heimat, »so eine, welche sie Tulipan nennen. Ihr Vorzug liegt in Reichtum und Schönheit der Farbe.« Er wird einige Zwiebeln dieser Blume mit nach Hause nehmen. Hundert Jahre nach Busbecq werden die Tulpen in seiner Heimat zu einem wahren »Fieber« führen und den ersten Börsencrash der Geschichte auslösen.
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    Ogier Ghislain de Busbecq.
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    Süleyman der Prächtige.
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    Denkmal des osmanischen Hofarchitekten Sinan vor einer Moschee in Edirne.
    Die Aufzeichnungen Busbecqs über den Osmanenstaat in seiner Blütezeit, hundert Jahre nach dem Fall Konstantinopels verfasst, fanden im 16. Jahrhundert weite Verbreitung und gehören heute zu den wichtigsten europäischen Quellen über diese Epoche der osmanischen Geschichte. Der Flame Busbecq lebte für insgesamt acht Jahre in einem Imperium, das auf dem Gipfel seiner Macht stand. Eine Glanzzeit, die mit einem Namen besonders verbunden ist: Sultan Süleyman I., von den Europäern »der Prächtige«, von den Osmanen »der Gesetzgeber« genannt. Süleyman vergrößerte nicht nur in zahlreichen Kriegen den territorialen Bestand des Reiches, sondern machte sich auch einen Namen als Kunstmäzen und Bauherr. Unter seiner Herrschaft fand die osmanische Kultur zu Formen, die noch lange als Ausdruck einer Blütezeit verstanden wurden.
    Konstantinopel war zu Süleymans Zeiten eine florierende Metropole, die von Händlern, Gesandten und Reisenden aus der ganzen Welt besucht wurde. 1477 lebten bereits 80 000 Menschen hier, im 16. Jahrhundert war Konstantinopel die »weitaus größte Stadt Europas«, meint die Münchener Historikerin Suraiya Faroqhi. An allen Ecken und Enden wurde gebaut – eine Demonstration imperialer Macht. Süleymans Hofarchitekt Sinan, ein ehemaliger Janitschar, war der genialste osmanische Baumeister. Seine Architektur prägt bis heute das Stadtbild Istanbuls. Neben Zweckbauten wie Brücken und Schulen errichtete der »Michelangelo der
Osmanen«, so der Orientalist Franz Babinger, allein in Konstantinopel 48 Moscheen und 50 kleinere islamische Gebetshäuser. Unter ihnen eine der bedeutendsten der Welt: die Süleymaniye.
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    Die Süleymaniye auf einem Foto von 1905. Im Osmanischen Reich durften nur die Sultane vier Minarette vor einer Moschee errichten.
    Sinans Zeitgenossen galt sie als »Heiligtum« und »zweite Kaaba«. Wie alle großen Moscheen umfasste die Süleymaniye neben dem Gebetshaus Nebengebäude, in ihrem Fall mehrere Medresen (Lehranstalten), eine Koran- und eine Grundschule, eine Bibliothek, ein Hospital, eine Karawanserei, eine öffentliche Küche, Läden und ein Hamam (Badehaus). Vier Minarette schmückten die Süleymaniye, ebenso viele, wie sie die Hagia Sophia besaß. Verwundert berichtete Busbecq von der fremdartigen Sitte des islamischen Gebetsrufs: »Ihre Tempeldiener erheben ihren Ruf von der Höhe eines eigens dazu erbauten Turmes; hier mahnen und laden sie die Menschen zur Verehrung Gottes.«

    Bild 99
    Der Besuch eines Badehauses gehörte bei den Türken zu den Alltagsnormalitäten. Europäische Darstellung aus dem

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