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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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eingeimpft bekamen – und sonst nichts. Viele dieser Schüler, das arabische Wort ist »Taliban«, waren mittellose junge Pakistaner. Dazu kamen Kinder aus den riesigen Flüchtlingslagern, in denen sich nach dem Einmarsch der Sowjets unzählige afghanische Familien sammelten.

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    In den Koranschulen in Pakistan werden den Kindern der Armen fundamentalistische Lehren vermittelt – und sonst nichts.
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    Aus den Koranschulen in den Krieg: Afghanische Mudschaheddin lernen in Pakistan den Umgang mit modernen Waffen.
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    Osama bin Laden in der Pose des tapferen Rebellenkommandeurs – ein Mythos, der sich propagandistisch gut nutzen ließ.
    Doch Bin Laden gewann an Einfluss. 1984 begann er, arabische Freiwillige für den Kampf in Afghanistan zu werben. Sein Angebot: kostenlose Anreise, freie Unterkunft und die Übernahme der Lebenshaltungskosten für die daheim gebliebenen Familien. Die muslimischen Freiwilligen wollte er in Afghanistan zu einer eigenen Brigade organisieren. Abdallah Azzam veröffentlichte gleichzeitig eine Fatwa, ein religiöses Gutachten, das Islamisten in aller Welt aufhorchen ließ: Die Teilnahme am Heiligen Krieg in Afghanistan sei eine individuelle Pflicht für jeden Muslim, der körperlich dazu in der Lage sei. Die muslimische Welt befinde sich im Zustand der Sünde, solange der Feind nicht vertrieben sei.
    Doch nur wenige Freiwillige folgten dem Aufruf zum »defensiven Dschihad«. Umso stärker wurde das private Engagement Bin Ladens anerkannt, auch wenn es bescheiden blieb, wenn man bedenkt, dass die saudische Regierung Jahr für Jahr zwischen 350 und 500 Millionen Dollar für die Mudschaheddin zur Verfügung stellte. Bin Laden unterhielt
derweil mit Azzam in Peschawar ein »Dienstleistungsbüro« als Propagandazentrale und Geldsammelstelle. Außerdem betrieb er in der pakistanischen Grenzstadt ein Gästehaus für die freiwilligen Kämpfer. Viele von ihnen waren junge saudische Studenten, die es für ein paar Wochen nach Abenteuern gelüstete. Dazu kamen Glücksritter, aber vor allem auch Idealisten und Fanatiker, die wegen islamistischer Aktivitäten in ihren Heimatländern angeeckt waren. Pakistan wurde zum Anziehungspunkt für viele Saudis, aber auch Algerier, Jemeniten und Ägypter. Sie schworen Azzam Treue – er war der Chefideologe. Bezahlt wurden sie von Bin Laden – er war der Cheflogistiker. Sie alle hofften, bald über den Khaiberpass nach Afghanistan zu ziehen – und wenn sie im Kampf starben, wären ihnen der Märtyrerstatus und das Paradies gewiss. Einige Experten sprechen von insgesamt 10 000 bis 20 000 Freiwilligen, die sich zwischen 1980 und 1992 für den Kampf in Afghanistan meldeten, die Masse soll allerdings erst nach 1988 gekommen sein. »Die meisten kamen über Peschawar nie hinaus«, bilanziert der US-Publizist und Al-Qaida-Experte Lawrence Wright. Immerhin unternahmen, angeführt von Bin Laden, Gruppen von bis zu 60 Mann Ausflüge über die Grenze – immer auf der Suche nach der Front und »ungläubigen« Feinden. Die ließen sich jedoch in der Regel nicht finden, zumal die afghanischen Mudschaheddin-Kommandeure die fremden Freiwilligen militärisch nicht ernst nahmen. Als Sohn eines Bauunternehmers konnte sich Bin Laden schließlich doch noch praktisch nützlich machen: Ihm und seinen Leuten unterstand der Ausbau eines Höhlensystems im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Dort errichteten sie ein Waffen-und Munitionslager für die Mudschaheddin. Der Bergrücken, an dem die Bin-Laden-Truppe schuftete, wurde Tora Bora genannt.
    »Eine Stunde im Gefecht zu stehen ist besser als sechzig Jahre nächtliche Gebete.«
    Abdallah Azzam
    Die ausländischen Kämpfer etablierten weiter südlich zudem ein dauerhaftes Lager in Afghanistan. Bei Dschadschi entstand das erste feste Camp für die »arabische Fremdenlegion«, es trug den Namen »Masada« – die Höhle des Löwen. Benannt wurde es zu Ehren seines Erbauers: Osama bedeutet »Löwe«. Von hier aus wollte Bin Laden im April 1987 mit 120 Mann einen Außenposten der kommunistischen afghanischen Regierungstruppen angreifen, das Unterfangen scheiterte gleich zu Beginn kläglich an Planungsmängeln. Einen Monat später wurden neun Mann in ein Scharmützel mit einer sowjetischen Patrouille verwickelt. Danach beschossen die Sowjets Bin Ladens Stützpunkt wochenlang aus allen Rohren. Bei anschließenden Gefechten um das total zerstörte Lager wurden jedoch 35 sowjetische Speznaz-Elitesoldaten getötet.

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