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Der heilige Schein

Der heilige Schein

Titel: Der heilige Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Berger
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Theologenakademie« - das sind nur einige der Titel, mit denen er sich schmücken durfte. Selbst jenen, die von diesem Schmuck nichts wissen konnten, war, wenn er auftrat, sofort bewusst, dass sie es hier mit einer besonderen Persönlichkeit zu tun hatten. Einer Priesterpersönlichkeit, die die ganze Tradition klerikaler Eitelkeiten mit einem ungebrochenen Selbstbewusstsein und großer Stilsicherheit verkörperte.
    Rudolf Michael Schmitz war damals gerade Mitglied des überdimensional kostümierten »Instituts Christus König und Hoherpriester « geworden, einer kleinen Ordensgemeinschaft, die die Crème de la Crème des Parfüm- und Operettentraditionalismus bildet. Von seiner Statur hochgewachsen, sah er immer aus, als wäre er gerade eben von Friseur und Visagist aufwändig gestylt worden. Dies fiel mir umso mehr auf, da ich gerade im traditionalistischen Lager auch immer wieder sehr ungepflegt wirkenden Geistlichen begegnet war.
    Als Päpstlicher Ehrenkaplan hatte er nicht nur das besondere Recht auf ein eigenes Wappen, sondern, noch viel wichtiger, das Privileg, die schwarze Soutane mit violetter Paspelierung, violetten Knöpfen und einem auffällig breiten Gürtel aus violetter Seide zu tragen, die an das Bischofsamt erinnern sollten. Von diesem Recht machte er offenbar mit Genuss, aber auch mit großer Würde Gebrauch. Dazu führte er meistens gut sichtbar ein in Safianleder gebundenes lateinisches Manuale oder Brevier bei sich. Wenn er sich bewegte, lief er nicht einfach, sondern er durchschritt den Raum, als wäre er das Zentrum einer religiösen Prozession oder eines monarchistischen Rituals. Mit seiner sonoren Tenorstimme und einer ungewöhnlich vornehmen, teilweise auch etwas antiquierten und exaltierten Sprache wurden seine Vorträge zu Inszenierungen, die ein Aroma von Heiligkeit und Tradition verströmten und so die Zuhörer begeisterten.
    »Ich habe zwar vieles nicht verstanden, was er gesagt hat, aber ich komme immer viel frommer aus seinen Vorträgen und habe das Gefühl, dass es so schön ist, katholisch zu sein«, meinte einmal eine ältere Dame des Opus Dei zu mir.
    Kurzum, er war wie eine Verkörperung des von Felix Krull bewunderten geistlichen Rates Chateau in Thomas Manns gleichnamigem Roman: »... ein eleganter Priester, welcher den Adel und Glanz seiner Kirche persönlich aufs überzeugendste vertrat und zur Anschauung brachte.« In dieser Hinsicht kann Rudolf Michael Schmitz geradezu als beispielhaft dafür gelten, wie die meisten traditionell katholischen Geistlichen gerne wären.
    So wie Chateau die Sympathie erwiderte, die Krull für ihn empfand, verstanden Schmitz und ich uns von Anfang an gut. Die wechselseitige Sympathie wurde durch eine Begegnung während einer vom »Internationalen Zentrum für liturgische Studien« im Herbst 2000 veranstalteten Tagung in der Eremitage des Schlosses von Versailles noch verstärkt, auf der wir beide zur Bedeutung der klassischen Liturgie referierten.
    Kurz darauf lud mich der Päpstliche Ehrenkaplan in das Ferienhaus seiner Eltern im Westerwald ein. Während meines Besuchs dort entstand die Idee zur Gründung des thomistischen Jahrbuchs Doctor Angelicus. Eine Zeitschrift sollte entstehen, die das Studium der Werke des Thomas von Aquin und seiner großen Schüler vor allem im deutschen Sprachraum, aber in enger Verbindung mit konservativen Kräften innerhalb des Vatikans propagierte.
    Die damals entworfene Idee wurde 2001 Realität und machte im katholischen Deutschland ein wenig Furore, da es solch eine Zeitschrift schon viele Jahrzehnte hier nicht mehr gegeben hatte und sie sogleich als wissenschaftliches Gegenprogramm zur Modernisierung von Theologie und Kirche aufgefasst wurde. So urteilte das Lexikon philosophischer Grundbegriffe der Theologie zwei Jahre später nicht ganz unzutreffend: »Jüngste Bemühungen im deutschen Sprachraum, über das seit 2001 erscheinende thomistische Jahrbuch >Doctor Angelicus< einen Thomismus zu etablieren, der sich ausdrücklich gegen Brückenschläge zur modernen Philosophie richtet, scheinen primär revisionistische Intentionen gegen zeitgenössische Theologien zu leiten.« [36] Später, als er in den USA Generalvikar des »Instituts Christus König und Hoherpriester « geworden war, musste Schmitz seine Mitarbeit einstellen, doch die Zusammenarbeit mit ihm in den ersten Jahren des Jahrbuches war im Hinblick auf die internationalen Kontakte, besonders in den Vatikan, äußerst hilfreich für mich.
    Schließlich

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