Der heimliche Rebell
könnte?“ Malparto lächelte beruhigend. „Das hier ist der einzige Ort in unserer gesegneten Zivilisation, wo Pimpfe keinen Zutritt haben.“
„Davon habe ich gehört.“
„Ein Treppenwitz der Weltgeschichte. Es scheint, daß Major Streiters Gattin eine Schwäche für die Psychoanalyse hatte. Ein Jungianer aus der Fifth Avenue kurierte die partielle Paralyse ihres rechten Armes. Sie kennen diesen Patiententyp ja sicher.“
Mr. Coates nickte.
„Und darum“, sagte Malparto, „erhielten wir von der neuen Komitee-Regierung trotz der allgemeinen Verstaatlichungsmaßnahmen die Erlaubnis, unsere Rechtstitel zu behalten. Wir – damit meine ich die Mitglieder der Psych-Front, die aus dem Krieg übriggeblieben waren. Streiter war ein vorausschauender Mensch. Außergewöhnlich befähigt. Er erkannte die Notwendigkeit…“
Mr. Coates sagte: „Sonntag nacht hat jemand an einem Schalter in meinem Kopf gedreht. Daraufhin bin ich losgegangen und habe die Statue von Major Streiter geschändet. Das ist der Grund, warum ich den Posten als Direktor von T-M nicht annehmen kann.“
„Ah“, sagte Malparto, und seine Augen klammerten sich an das Gramm mit dem nicht weiter reduzierbaren Kern. Er hatte das Gefühl, mit dem Kopf nach unten über einem Ozean zu hängen; seine Lunge schien mit sprühendem Gischt gefüllt zu sein. Vorsichtig nahm er die Brille ab und polierte sie mit seinem Taschentuch.
Draußen vor seinem Bürofenster lag die Stadt, flach mit Ausnahme des Turms der Heiligen MoRes, der sich im exakten Totpunkt erhob. Die Stadt ging strahlenförmig davon aus, in konzentrischen Zonen: wie mit dem Lineal gezogene Fluchtlinien und große Strudel, die sich hübsch ordentlich schnitten. Auf dem ganzen Planeten, dachte Doktor Malparto. Wie das Fell eines riesigen, halb im Schlamm untergetauchten Säugetiers. Halb begraben im Lehm einer gestrengen und puritanischen Sittsamkeit.
„Sie sind hier geboren worden“, sagte er. In seinen Händen hielt er die Datensammlung, die persönliche Geschichte seines Patienten; er blätterte die Seiten durch.
„Das sind wir alle“, sagte Mr. Coates.
„Sie haben Ihre Frau in den Kolonien kennengelernt. Was machten Sie eigentlich auf Bet-4?“
Sein Patient sagte: „Ein Paket überwachen. Ich war Sachberater bei der alten Wing-Miller-Agentur. Ich wollte ein Paket haben, das auf den Erfahrungen der bäuerlichen Kolonisten basierte.“
„Ihnen gefiel es dort?“
„In gewisser Weise. Es war wie bei den alten Pionieren. Ich erinnere mich an ein Farmhaus aus geweißelten Balken. Das war das Haus ihrer Familie… ihres Vaters.“ Er schwieg einen Augenblick lang. „Er und ich pflegten dauernd miteinander zu debattieren. Er gab eine Kleinstadtzeitung heraus. Nächtelang – diskutieren und Kaffee trinken.“
„Beteiligte sich…“ Malparto konsultierte das Dossier. „Beteiligte sich Janet auch daran?“
„Nicht oft. Sie hörte meistens zu. Ich glaube, sie fürchtete sich vor ihrem Vater. Vielleicht auch ein bißchen vor mir.“
„Sie waren fünfundzwanzig?“
„Ja“, sagte Mr. Coates. „Janet war zweiundzwanzig.“
Malparto las eine weitere Information ab. „Ihr eigener Vater war tot. Ihre Mutter lebte aber noch, nicht wahr?“
„Sie starb 2111“, sagte Mr. Coates. „Nicht viel später also.“
Malparto machte seine Bild- und Ton-Aufzeichnungsgeräte betriebsbereit. „Ich darf doch mitschneiden, was wir hier sagen?“
Sein Patient überlegte kurz. „Von mir aus. Es macht sowieso nichts mehr aus. Sie haben mich ja ohnehin.“
„In meiner Macht? Wie ein Zauberer? Wohl kaum. Das einzige, was ich jetzt habe, ist Ihr Problem; dadurch, daß Sie es mir erzählt haben, haben Sie es an mich weitergegeben.“
Mr. Coates schien sich zu entspannen. „Danke“, sagte er.
„Bewußt“, sagte Malparto, „verstehen Sie nicht, warum Sie die Statue geschändet haben; das Motiv ist tief drunten in Ihrem Unterbewußtsein vergraben. Aller Wahrscheinlichkeit nach bildet die Episode mit der Statue nur einen Teil eines umfassenderen psychischen Vorgangs – eines Vorgangs, der sich vielleicht über Jahre hinweg erstreckt. Es ist völlig unmöglich, diese Episode allein aus sich heraus zu begreifen; ihre Bedeutung liegt in den Umständen, die ihr vorausgegangen sind.“
Allen verzog das Gesicht. „Sie sind der Zauberer, Doktor.“
„Ich wünschte mir, Sie würden nicht so von mir denken.“ Dieses von Laien oft gebrauchte Stereotyp – denn nichts anderes war es in
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