Der Heiratsspezialist
Botschaft!« sagte Bob.
»Das dachte ich mir.«
»Morgen um elf.«
Und da sagte Müllegan etwas, was Bobs Herzschlag beschleunigte, ihn aber gleichzeitig mit Panik erfüllte:
»Darf ich den Herrschaften dann ab zwölf Uhr mittags ein Doppelzimmer reservieren?«
Du lieber Himmel, was soll ich antworten, durchfuhr es Bob. Sage ich nein, dann hält mich dieser Mann für impotent oder für einen verrückten Sektierer.
Erika Blume erlöste ihn. »Ja, bitte«, sagte sie mit einem dankbaren Augenaufschlag, der Müllegan nicht verborgen blieb; ein guter Hotelier muß auch immer ein guter Psychologe sein! Die Dankbarkeit der Gäste ist höher einzustufen als der Zimmerpreis. »Natürlich nehmen wir ein Doppelzimmer.«
Müllegan notierte sich das in seinem Zimmerplan und führte die Gäste dann in den Speisesaal. Vor diesem Saal lag die lange, über dem Rhein errichtete Terrasse. Der Strom rauschte darunter hinweg. Man saß dort, nur durch ein Gitter vom Rhein getrennt, und hatte das Gefühl, sich auf einem ankernden Schiff zu befinden. Die Terrasse war eine besondere Attraktion des ›Bellevue‹, wohl einzigartig am Rhein.
Zwar stand das Hotel im Durchschnitt zweimal jährlich unter Wasser, und im Foyer hingen Fotos, auf denen Hans-Jakob Müllegan mit einem Boot durch seinen Speisesaal ruderte, aber Besonderheiten haben nun mal ihren Preis.
Bob und Erika nahmen auf der Rheinterrasse Platz. Es war ein milder Abend, dessen samtene Wärme wie geschaffen war für ein junges Paar. Der sanfte Wind vom Rhein schmeichelte auf der Haut, wenngleich er nach Chemie stank, unter der Terrasse zogen vier weiße Schwäne am Ufer entlang, eine Motorjacht schaukelte vor der privaten Landungsbrücke des Hotels ›Bellevue‹. Stromauf und stromab zogen die Schleppkähne, und ab und zu rauschte ein weißer Ausflugsdampfer mit wehenden Wimpeln und Fähnchen vorbei.
»Wie schön …«, sagte Erika. »Was sagen Sie, Bob?«
»Warum ist es am Rhein so schön …« sagte Bob in gequetschtem Deutsch. Und dann weiter auf englisch: »Da drüben liegt Mehlem. Die Botschaft.«
Hotelier Müllegan kam wieder an den Tisch und stellte eine Vase mit Blumen auf die weiße Decke. Der Oberkellner folgte mit Speise- und Weinkarte. Bob bekam einen roten Kopf, die Blumen irritierten ihn.
»Das ist aber lieb von Ihnen«, sagte Erika und betrachtete die Vase verzückt.
»Vorboten des Glücks!« sagte Müllegan galant. Sein sonniges Lächeln machte sogar Erika unsicher. »Wenn ich aus unserer Küche etwas empfehlen dürfte …«
Er empfahl Rheinsalm vom Rost, dazu einen Wein, der Bob nach zwei Gläsern in Stimmung brachte. Für den Mann aus Atlanta und Las Vegas war Wein eines der wenigen Getränke, von denen er nichts verstand. Der Abendmahlswein in der Kirche war schauderhaft gewesen, obwohl Reverend Poslack immer behauptet hatte, der Wein komme aus Deutschland und gelte dort als der beste Tropfen. Auf dem Flaschenetikett hatte ›Winzerblümchen‹ gestanden, womit Bob gar nichts anfangen konnte. Aber als er jetzt nach ›Winzerblümchen‹ fragte, erschrak Hans-Jakob Müllegan, als habe Bob einen anstößigen Witz erzählt – in Gegenwart einer Dame!
Der Wein, den der Hotelier kredenzte, war so wundervoll wie Erika, die den Kopf zurücklehnte und über den Rhein in ein flammendes Abendrot blickte. Der Wind spielte mit ihren Haaren. Bob trank zwei Flaschen, die ihn zu der Überzeugung kommen ließen, Erika sei ein Engel, stolzierte dann, Erika untergefaßt – was gegen keinen Paragraphen des Vertrages verstieß –, hinüber zum Hotelgebäude und verabschiedete sich vor ihrer Zimmertür. Wieder gab sie ihm einen Kuß auf die Wange. Er wäre sonst enttäuscht gewesen, hätte sie es nicht getan. Er wartete bei jedem Abschied darauf.
»Um neun Uhr Kaffee –« sagte er. »Schlaf gut, mein Schatz …«
»Nanu?!« Sie starrte ihn an. »Was ist denn das?«
»Wir können vor Clifford Nesswick nicht gut Sie zueinander sagen.«
»Das stimmt. Gute Nacht, mein Liebling …«
Bob verschwand in seinem Zimmer, setzte sich auf die Bettkante, raufte sich die Haare und sagte laut: »Das nächste Mal trinke ich keinen Wein! Wer hält das aus bei so einer Frau …«
In der Nacht klopfte es. Die Tür ging auf, und Erika kam ins Zimmer, in einer knappen Nachtkombination, nur Hemdchen und Höschen. Bob saß im Bett, knackte mit den Fingern und sagte streng:
»Kein Verstoß gegen Paragraph 11, mein Schatz! Das können wir uns nicht leisten!«
»Der Rhein gluckert
Weitere Kostenlose Bücher