Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)
für eine verdammte Überraschung!«
Kapitel 5
Farkas sagte: »Ich glaube, wir haben gefunden, wonach wir gesucht haben.«
Er war allein in seinem Hotelzimmer und sprach über ein Scramblerhandy mit Colonel Emilio Olmo, dem dritthöchsten Offizier der Guardia Civil von Valparaiso Nuevo. Oberst Olmo stand sehr hoch in der Gunst und genoss das Vertrauen von Don Eduardo Callaghan, des Generalissimo undsoweiter Maximo Leaders. Von signifikanterer Bedeutung für das Vorhaben von Farkas war es, dass Olmo auch der wichtigste Kontaktmann von Kyocera-Merck in Valparaiso Nuevo war. Soweit Farkas wusste, verfolgte die Firma den Langzeitplan, Olmo als den Nachfolger aufzubauen, für den Zeitpunkt, zu dem es als angebracht erscheinen würde, der langen Regierungszeit Don Eduardos ein Ende zu setzen. Olmo war in einer hübschen Lage, er verdiente von beiden Seiten, und so war es vielleicht unklug, ihm zu weit zu trauen, doch seine Zukunftsinteressen hingen unverkennbar mit K-M zusammen, und deshalb schätzte Farkas, es sei sicher, mit ihm Geschäfte zu machen.
»Wer ist dein Kurier?«, fragte Olmo.
»Juanito Holt.«
»Ekelhafte kleine Latinorotznase. Ich kenn ihn. Aber ein schlaues Bürschchen, das muss ich sagen. Wie hast du ihn gefunden?«
»Also, eigentlich hat er mich gefunden. Fünf Minuten war ich aus dem Shuttle, und da stand er bereits. Er ist sehr schnell.«
»Sehr. Manchmal zu schnell. Sein Vater war in die Sache mit dem Central American Empire verwickelt – erinnerst du dich? Die Dreiecksrevolution? Spielte beide Seiten gegen die Mitte aus. Ein sehr schlauer hombre. War entweder Sozialist oder Faschist, keiner war sich je sicher, was wirklich, und am Ende, als alles auseinanderbrach, verduftete er und setzte seine umstürzlerische Arbeit von hier aus fort. Dann fiel er ärgerlich auf, und nach einiger Zeit kamen die Rechten und die Linken zu dem Schluss, dass es für sie am besten wäre, wenn sie sich zusammentun, und sie schickten eine Delegation hier herauf, um ihn loszuwerden. Sein Kleiner ist genauso raffiniert. Sei vorsichtig mit dem, Victor.«
»Ich bin in allem vorsichtig«, sagte Farkas. »Das weißt du doch.«
»Ja. Ja, vorsichtig, das bist du bestimmt.«
Im Augenblick beobachtete Farkas argwöhnisch den Visor des Telefons, der plan in die Wand eingelassen war, und für Farkas sah das aus wie ein gelblich irisierendes isoskeles Dreieck, dessen lange schmale Obere Spitze sich nach hinten in die Wand zurückkrümmte, als wollte sie in eine andere Dimension hineingleiten. Das Kopf-Brustbild Olmos, zentral auf der Mittelachse nahe der Dreiecksbasis, prägte sich in Farkas' Sensorium als zwei abgeschrägte kobaltblaue Würfel aus, die beiläufig durch ein Zickzackband grellweißen diamantenen Lichts verbunden waren.
Die Luft im Raum war entnervend kühl und rein. Es war, als atmete man Parfüm ein. Die Luft war genauso künstlich, wie man sie in irgendwelchen geschlossenen Räumen auf der Erde zu atmen bekam, nein, eigentlich war sie das in noch stärkerem Maße, aber dennoch war es eine irgendwie andersartige Kunstluft. Farkas vermutete, dass man auf der Erde, anders als hier, allen möglichen Dreck aus der Luft herausfiltern musste, bevor sie in ein Gebäude gelangen durfte, Methan, das überschüssige CO 2 , und das ganze andere Treibhauszeug, so dass auf der Erde die Luft immer irgendwie steril und leblos wirkte, wenn sie durch die Filtersysteme geschleust worden war. Man wusste, es war Luft, die bearbeitet werden musste, damit man sie atmen konnte, und man atmete sie mit Argwohn. Man fragte sich, was die da – neben den Giftstoffen – sonst noch herausgenommen haben könnten. Aber in einem L-5-Satelliten dagegen bauten sie sich die Atmosphäre ganz neu auf, quirlten sich eine gesunde Mischung zusammen aus Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxid und so weiter, und zwar in den Mengenverhältnissen, wie sie ursprünglich von ›Gott‹ beabsichtigt gewesen waren; nein, eigentlich sogar noch besser, als ›Gott‹ die Angelegenheit geregelt hatte, denn hier befand sich weniger relativ nutzloser Stickstoff in der Luft als auf der Erde, aber ein höherer Sauerstoffanteil, und es war nicht erforderlich, etwas aus der Luft herauszufiltern, da sie von Anfang an nichts enthielt, was nicht hineingehörte.
Und so war die synthetische Luft in den Habitaten voller und roch kräftiger als die denaturierte ›echte‹ Luft in abgeschotteten Häusern auf der Erde. Sie stieg einem richtig zu Kopf. Zu
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