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Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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hundertfünfzig, höchstens zweihundert Jahren?«
    »Mehr oder weniger. Ich möchte mich da ungern festlegen. Aber die Zahlen sprechen für sich. Die Schicht von Treibhausgasen um uns lässt immer noch die Ultraviolettstrahlung durch und verhindert die Abstrahlung von Infrarot, also werden wir bei weiter wachsender Hitze weiter gebacken und gebraten. Zusätzlich dazu verlieren wir immer größere Teile unserer Ozonschutzhülle. Durch die Lücken ergießt sich starke Sonnenstrahlung und kocht unseren Planeten wie ein gigantischer Laser hoch, wodurch sich die ganzen in den letzten paar Jahrhunderten einsetzenden Verschlechterungsprozesse beschleunigen. Die Meere rülpsen wie besoffen Methan aus. Und die pflanzlichen Biota, auf die zu verlassen wir uns angewöhnt hatten, dass sie die CO 2 -Überschüsse in der Atmosphäre durch ihre Photosynthese beseitigen, bescheren uns mittlerweile dank der raschen Zersetzungsprozesse abgestorbenen pflanzlichen Materials in den neuen feuchten Dschungelregionen auf dem ganzen Planeten einen drastischen Nettozuwachs dieses Gases. Von Jahr zu Jahr entfernt sich die Substanz, die wir als Luft atmen, immer weiter in ihrer chemischen Zusammensetzung von dem, an was wir uns im Lauf der Entstehungsgeschichte der Menschheit gewöhnt hatten.«
    »Und es ist nicht wahrscheinlich, dass wir uns weiterentwickeln, eine neue Evolution erleben könnten, die uns den veränderten Umständen anpasst?«, fragte Enron.
    Rhodes lachte; heftig, explosiv und scharf. Es war das drastischste Anzeichen von Vitalität seinerseits an dem ganzen bisherigen Abend.
    »Eine Evolution? In fünf, sechs Generationen? So schnell funktioniert die Entwicklung nicht. Jedenfalls nicht in der Natur.«
    »Aber eine Evolution lässt sich auch künstlich herbeiführen«, sagte der Mann aus Israel. »In Laboratorien.«
    »Genau.«
    »Und würdest du uns dann sagen, welche spezifischen Zielsetzungen euer Forschungsbereich hat? Welche körperlichen Aspekte versucht ihr beim Menschen zu modifizieren? Und welche Fortschritte habt ihr da bisher gemacht?«
    »Du sagst dem kein verdammtes Wort mehr, Nick!«, sagte Isabelle. »Der ist ein Spion von Kyocera oder sonst einer Firma, die wir nicht mal dem Namen nach kennen, irgendwelche Leute, die von Kairo oder Damaskus aus arbeiten, merkst du das denn nicht?«
    Rhodes errötete. »Isabelle, bitte!«
    »Aber es ist doch wahr! «
    Enron streifte sie, diesmal weniger ärgerlich, nur mit einem Blick und sagte fast herablassend: »Ich habe die Erlaubnis zu diesem Interview von Dr. Rhodes' Arbeitgebern, Ms. Martine. Und wenn die nichts von mir befürchten, besteht dann irgendein Grund, weshalb du das solltest?«
    »Also …«
    Rhodes sagte: »Ich glaube nicht, dass sie ernstlich deine Seriosität in Zweifel ziehen wollte, Mr. Enron. Sie mag es nur nicht, wenn ich über irgendwelche Einzelheiten meiner Forschungsarbeit spreche.«
    Enron betrachtete Isabell, als wäre sie eine fremdartige Lebensform, die soeben aus dem Teppich gewachsen war. »Und was genau an Dr. Rhodes' Arbeit versetzt dich in solche Bedrängnis?«, fragte er sie.
    Sie zögerte. Carpenter fand, sie wirkte ein bisschen zerknirscht wegen ihrer Äußerungen.
    Leise sagte sie dann: »Ich stehe Nick gar nicht so kritisch gegenüber, wie es vielleicht geklungen hat. Er ist ein Genie, und ich bewundere ihn schrecklich für das, was er geleistet hat. Aber ich mag einfach nicht zusehen, wie die ganze Welt in einen Zoo voller scheußlicher Adaptos verwandelt wird. Es gibt jetzt schon genug idiotische Herumspielerei mit Genen, diese ganzen Retrofittings und das Babyspleißen und alles. Diese Geschlechtsumwandlungen und die kosmetischen Körperveränderungen. Und jetzt soll auch noch jeder Fötus automatisch in ein groteskes Geschöpf mit Kiemen und drei Herzen und ich weiß nicht, was sonst noch, verwandelt werden …« Isabelle schüttelte den Kopf. »Zum einen, wir können uns das gar nicht leisten. Es gibt zu viele andere Probleme, die wir lösen müssen, als dass wir uns den Luxus eines derart abwegigen Projekts erlauben dürften. Und außerdem finde ich es scheußlich. Es würde das Ende der Menschheit, wie wir sie kennen, bedeuten. Wenn man den Körper verändert, verändert man das Bewusstsein. Das ist ein Naturgesetz. Es würde eine neue Spezies daraus entstehen, und Gott allein kann wissen, was für eine. Auf jeden Fall nicht mehr menschlich. Irgendein hässliches, böses, grauenhaftes Ding. Wir dürfen uns selbst das nicht antun.

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