Der Held und die Feuergöttin
vorging…
Sie blickte Mauni an, und in ihren Augen loderte ein kaltes Feuer. Gleichzeitig schlossen sich ihre Finger um den Griff des Obsidianmessers unter dem Umhang.
Ramoa setzte den Zwingenden Blick ein, wild entschlossen, das wiedergutzumachen, was sie angerichtet hatte. Maunis Züge verkrampften sich. Für zwei, drei Herzschläge stand sie starr vor der Göttin.
Langsam kam Ramoas Hand mit dem Messer unter dem Umhang hervor. Langsam holte sie aus, trat auf die Gegnerin zu…
»Du schreckst mich nicht, Ramoa!« rief da Mauni. Sie hob beide Hände, und Ramoa begann zu zittern. Das Messer entfiel ihrer Hand. Der erhobene Arm sank kraftlos herab.
Und Maunis Blick bohrte sich in ihr Hirn, löschte alle Empfindungen, jeden Widerstand aus. Ramoa versank in einem Meer aus Schwärze, taumelte und fiel.
Mauni fing sie auf und trug sie aus dem Tempel.
»Schlafe, Göttin«, murmelte sie. »Wenn du aufwachst…«
In Gedanken malte sie sich Ramoas Qualen aus. Sie übergab sie den Tukken, die sie zum Magmagraben schleppten und auf die erkaltete, erstarrte Glut legten, nachdem sie sie mit ledernen Riemen an Händen und Füßen gefesselt hatten.
Mit geschlossenen Augen stand Mauni davor und murmelte ihre Zauberformeln, Worte, wie sie kein Tau je gehört hatte, und die der Besessenen vom Fraß zugeflüstert wurden. Noch bevor draußen auf den Inseln ein Tag verstrich, sollte das Magma wieder in Fluß kommen, ganz langsam, und mit seiner Glut jene verbrennen, die den Graben geschaffen hatte.
Im Grunde tat die Matu nichts anderes, als ihren eigenen Gegenzauber aufzuheben, wenngleich die Wirkung erst in einer Weile einsetzen sollte, wenn Ramoa aus ihrem Schlaf erwachte. Mauni versah ihren Zauber mit einem magischen Siegel, so daß Ramoa ihn nicht ihrerseits wieder aufheben konnte.
»Über das Feuer des Berges glaubtest du zu herrschen«, flüsterte sie. »Und das Feuer des Berges soll dich richten.«
Doch auch Mauni konnte nichts von dem wissen, was Ramoa hoch im Tempel heraufbeschworen hatte. Noch ruhte der Berg, doch tief in seinen Wurzeln kochte die Glut, lief zusammen und staute sich zum letzten, alles vernichtenden Ausbruch.
»Kommt!« rief die Matu den Tukken zu. »Wir haben hier nichts mehr verloren. Die Schwarze Göttin wartet darauf, daß ich ihre Dienerinnen erwecke!«
Und sie führte die Purpurnen aus dem Gewölbe, hinein in den Stollen, der sie wieder nach unten bringen sollte. Nur einmal blieb sie noch stehen, ließ ihre Blicke auf Ramoas reglosem Körper verweilen und zerstörte den Tempel.
5.
Oniak schien aus verborgenen Kräften zu schöpfen. Manchmal gar mußte er stehenbleiben, um auf Mythor zu warten, dem die plötzliche Selbstsicherheit des Grünhäutigen immer mehr Rätsel aufgab. Er schritt voran, ohne sich umzusehen, ohne auf verdächtige Laute zu lauschen. Wenn Mythor dies tat, bemerkte er gleich darauf nur mühsam gezügelte Ungeduld in Oniaks Blicken.
Was machte ihn so sicher? Was trieb ihn plötzlich voran - ihn, den Zauderer, der einmal von Todessehnsucht erfüllt schien und dann wieder vor Angst fast verging? Wieso drängte er so darauf, daß Mythor Ramoa schnell töten sollte?
Noch schrieb der Sohn des Kometen es dem Umstand zu, daß er Oniaks Herkunft ebensowenig kannte wie seine möglichen wirklichen Beweggründe, sich als Opfer der Göttin vorwerfen zu lassen. Noch schöpfte er keinen wirklichen Verdacht. Allerdings fragte er sich jetzt, ob die Tau ihm wenigstens über Oniak die Wahrheit gesagt hatten - oder ob er gar nicht als Köder dienen sollte. War es denn denkbar, daß zwar Honga dazu ausersehen war, die Göttin zu töten, Oniak aber eine andere Aufgabe zufiel?
Er stellte ihm keine Fragen mehr, durchquerte immer neue Felskorridore, kletterte hinter Oniak durch Kamine und sah sich vor weiteren Abzweigungen. Mit schier schlafwandlerischer Sicherheit fand Oniak den richtigen Weg.
Und der Weg nahm kein Ende. Es war noch heißer geworden. Der Schweiß brach Mythor aus allen Poren und ließ die Felle an seinem Körper festkleben. Immer wieder mußte er sich über die Stirn wischen und Atempausen einlegen, denn auch die Luft wurde noch schlechter. In einigen Stollen war der Boden dick mit scharfkantigen Vulkanschlacke überzogen, erstarrter Lava, die Mythor ohne den Fußschutz die Sohlen aufgeschlitzt hätte. Oniaks Füße bluteten. Doch auch das schien ihm nichts auszumachen.
Mythor erkannte, daß sie schon gefährlich nahe am Lavaspiegel sein mußten, nicht mehr
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