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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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aus. Nur heller.«
    »Der hellste Stern von allen. Er wird auch der Stern der Liebe genannt.« Ging er zu weit? »Ich heiße Fionn Purdue.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Purdue.«
    Oh, diese Bescheidenheit, diese Liebenswürdigkeit! »Fionn, Fionn, Fionn. Und wie heißen Sie?«
    »Rosemary Draper.«
    »Rosemary«, murmelte Fionn. War das nicht schön? Rose, Rose, Rose, Mary, Mary, Mary.
    »Meine Freunde nennen mich Rosie.«
    »Darf ich …?«
    »Sind Sie mein Freund?« Oh, sie flirtete! Sie flirtete, die Kleine, die aussah, als könnte sie kein Wässerchen trüben.
    »Ich wäre es gern.«
    »Ach, hören Sie auf damit, Sie unverschämter Kerl!« Aber sie lächelte. Ein etwas geziertes Lächeln, dem die rechte Wärme fehlte, aber dennoch ein Lächeln.
    Schon jetzt wusste er so viel über sie. Ihr gemeinsames Haus wäre immer sauber und hübsch, viel hübscher als die äußerlich identischen Häuser der Nachbarn; sie könnte vorzüglich mit Geld umgehen und würde sehr sparsam haushalten; sie wäre eine begabte Köchin und würde schmackhafte und billige Fleischgerichte zaubern;
in ihrer Straße wären sie die Einzigen, die Ferien im Ausland machten; selbst nach vielen, vielen Schwangerschaften hätte sie sich ihre schlanke Figur bewahrt, und sie würde sich immer hübsch anziehen mit Blusen und Röcken, die sie auf ihrer eigenen Nähmaschine schneiderte. Fionn wusste nicht genau, warum sich ihr gemeinsames Leben in den fünfziger Jahren abspielen würde, aber was machte das schon.
    »Womit verdienen Sie Ihren Unterhalt, Rosie?« Er suchte eine Möglichkeit, sie mit der Neuigkeit zu überraschen, dass er demnächst ein Held des Bildschirms sein würde.
    »Ich bin Krankenschwester.«
    Krankenschwester! Sie wirkte zu, wie sollte er sagen, zu zugeknöpft , um Krankenschwester zu sein. Die Krankenschwestern, die Fionn kannte, waren derber, lauter, am Tage pflegten sie hingebungsvoll die Kranken und Sterbenden, und die Abende verbrachten sie bei Copperface Jacks, wo sie große Mengen Alkohol verkonsumierten und mit Polizisten und Feuerwehrmännern tanzten.
    »Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden.« Rosemary – sollte er sie Rosie nennen? – versuchte, Fionn zu umrunden. Offenbar wollte sie zu der offen stehenden Haustür.
    »Sie wollen hier rein? Wohnen Sie auch hier? Ich wohne im ersten Stock.« Was war das für ein Haus, mit so vielen schönen Frauen? Sirenen! Verführerinnen! Es kam ihm in den Sinn, dass sie stehen geblieben war und mit ihm gesprochen hatte, weil sie ohnehin ins Haus wollte, und seine Erregung legte sich ein wenig.

    »Ich besuche meinen Freund. Andrej Palweski.«
    »Sie haben einen Freund?« Das war ein Schlag.
    Aber natürlich hatte sie einen Freund, warum auch nicht? Damit würde er kurzen Prozess machen.
    »In welchem Krankenhaus arbeiten Sie?«, rief er hinter ihr her, als sie auf der Treppe war.
    Ihre Unterschenkel – mehr konnte er von ihr nicht sehen – verharrten. Dann flogen die magischen Worte zu ihm hinunter. »St. Vincent.« Und ihre Beine stiegen weiter die Treppe hinauf.
    SECHSUNDDREISSIG TAGE …
    »Ich habe Riesenhunger und nichts zu essen«, sagte Lydia. »Kann ich was von deinem komischen polnischen Brot haben?«
    »Kein Problem. Aber es ist alt.«
    »Trocken. Und kann ich von deinem komischen polnischen Käse essen?«
    »Klar.«
    Sie strich Frischkäse auf zwei trockene Scheiben Brot und klappte sie zusammen, dann warf sie sich aufs Sofa. Erstaunlich, was alles gut schmeckte, wenn man hungrig war. Im Fernsehen lief eine Sendung über ein Haus, aus dem ein Geist exorziert wurde. Sie sah kaum hin und war zu müde, um zu fragen, ob sie etwas Besseres einschalten könnten.
    Aus dem Augenwinkel sah sie zu Andrej hinüber, sie wollte nur wissen, ob er vielleicht Anstalten machte, aus
dem Zimmer zu gehen. Als spürte er ihren Blick, drehte er sich um, und einen Moment lang sahen sie sich mit inbrünstiger gegenseitiger Abneigung an. Schiere Antipathie. Dann machte einer von ihnen, wahrscheinlich Andrej, dachte sie später, eine kleine Bewegung, und von da an war alles verschwommen. Sie bewegten sich beide in einer kleinen Drehung aufeinander zu, warfen sich irgendwie aufeinander und küssten sich und zerrten und zogen aneinander in einer wahnwitzigen Gier.
    Es war wie beim ersten Mal, nur dass sie diesmal die Lust der Vorfreude hatte. Sie wusste, dass es fantastisch sein würde. Sie wusste, wie seine Haut sich anfühlen würde – heiß und kalt und glatt und rau –, wenn

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