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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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hatte, fragte er: »Welcher Andrej? Der, mit dem du zusammenwohnst?«
    »Ja.«
    »Den du überhaupt nicht ausstehen kannst?«
    »… Ehm, ja.«
    »Vielleicht«, sagte er mit seiner Bitterschokoladenstimme, »könntest du so freundlich sein, mir zu erklären, was passiert ist.«
    Sie machte den Mund auf und wieder zu. Es war schwer zu erklären.
    »Es ging um einen Topf«, begann sie.
    »Einen Topf?«
    »Du weißt schon, einen Kochtopf, einen kleinen. Wir waren in der Küche. Er wollte den Topf benutzen, und ich hatte ihn nicht abgespült. Andrej war sauer. Was er immer ist.«

    Sie überlegte, wie sie beschreiben sollte, was dann passiert war. Andrej hatte den Kochtopf auf die Theke geknallt und sie böse angeblitzt, seine blauen Augen hatten gelodert und seine Kiefermuskeln gezuckt, und sie hatte zurückgeblitzt, und plötzlich – und sie wusste wirklich nicht, wie genau es angefangen hatte – lagen sie sich in den Armen und küssten sich wild und heftig, und es war eine riesige Erleichterung. Dann zerrte sie an seiner Kleidung, wollte mehr von ihm, und er bugsierte sie in sein Zimmer, und sie, von seinen starken Armen umklammert, fiel rückwärts aufs Bett, und er murmelte Liebkosungen auf Polnisch und küsste ihren Haaransatz mit kleinen wilden Küssen, und sie streckte ihren Arm aus, der plötzlich nackt war, und fegte das Foto von Rosie auf den Fußboden, worauf er lachte, und obwohl das Bett so schmal war und sie Andrej so abgrundtief verabscheute, war es der beste Sex, den sie je gehabt hat.
    Aber das konnte sie Gilbert keinesfalls erzählen.
    »Die Wohnung ist so klein.« Das war die einzige Erklärung, die irgendeinen Sinn ergab. »Ich glaube, es ist nicht vorgesehen, dass Männer und Frauen auf so engem Raum zusammenleben. Wenn Frauen auf engem Raum zusammenleben, pendelt sich ihre Menstruation auf denselben Zeitpunkt ein. Und wenn Männer und Frauen eng zusammenleben, schlafen sie irgendwann miteinander.« Sie brach ab. Sie klang nicht im mindesten überzeugend. »Es bedeutet nichts.«
    Zugegeben, es waren die intensivsten fünfzehn Minuten in ihrem ganzen bisherigen Leben gewesen, nie war sie so dankbar gewesen für ihre Haut und ihre Empfindsamkeit
und dafür, dass sie fühlen, riechen und schmecken konnte, aber es hatte nichts bedeutet .
    »›Es bedeutet nichts‹? Du klingst wie ein Mann.« Gilberts Miene war kalt und unbeeindruckt.
    »Es hat wirklich nichts bedeutet. Es wird nie wieder passieren. Ich mag ihn nicht einmal … und dich mag ich sehr gern.«
    »Also, Lydia.« Er trommelte mit seinen langen eleganten Fingern auf den Tisch. »Ich frage mich jetzt: Warum erzählst du mir das?«
    »Weil es sich so gehört. Ich muss ehrlich sein. Ich respektiere dich, Gilbert.«
    »Du respektierst mich? Du schläfst mit einem anderen Mann und lässt es am nötigen Respekt fehlen, indem du mir das erzählst.«
    »Nein! Ich habe mit einem anderen Mann geschlafen, zufällig , nebenbei bemerkt, und ich respektiere dich so sehr, dass ich dir die Wahrheit sage. Glaubst du, ich wollte es dir erzählen? Es wäre viel leichter gewesen, nichts zu sagen, dich wie einen Trottel zu behandeln, einen Trottel, der sich aufregen würde, aber das wäre nicht in Ordnung gewesen. Ehrlichkeit ist wichtig. Ohne Ehrlichkeit ist alles nichts.«
    Doch während sie sprach, war sie sich nicht sicher, ob das stimmte.
    »Wann hat dieses zufällige Ereignis stattgefunden?«, fragte Gilbert.
    Lydia sah auf die Uhr. »Vor einer Stunde und … siebenunddreißig Minuten.«
    »Du kommst direkt aus seinem Bett?«
    »Ich musste es dir sagen.« Sie hatte geglaubt, dass
jede Sekunde, in der Gilbert nicht davon wusste, die Kränkung noch schlimmer machte …
    »Wie rücksichtsvoll von dir.«
    … doch jetzt war Gilbert so wütend, dass sie sich nicht mehr sicher war. Aber sie hätte es nicht ertragen, es ihm zu verheimlichen. Das Beste wäre gewesen, sie hätte nicht mit Andrej geschlafen, doch leider bestand diese Möglichkeit nicht.
    »Du glaubst, du bist die einzige Frau für mich?«, fragte Gilbert mit sanfter Stimme, aber plötzlich mit einem hässlichen Glanz in den Augen.
    Sie schluckte heftig. »Ja«, sagte sie, »das habe ich geglaubt.«
    »Aber so ist es nicht.«
    Sie schluckte wieder. »Toll. Verstehe. Aha.«
    »Es hat andere gegeben.«
    »Klar.« Sie holte tief Atem. »Ganz gut also, dass wir dieses Gespräch führen, wie?«
    »Aber diese anderen Frauen –« mit einem triumphierenden Glitzern griff er ihre Worte auf – »sie

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