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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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bedeuten nichts.«
    »Sie bedeuten nichts? Du meinst, wie bei mir? Aber komisch«, sagte sie, als sie aufstand, um zu gehen, »du klingst kein bisschen wie ein Mann.«

DREIUNDVIERZIG TAGE
    »Die Jahre waren gut zu dir. Geschadet haben dir nur die Wochenenden.«
    Katie fand das so überraschend und so witzig, dass ihrer Kehle ein kleines Geräusch entwich. Könnte man sagen, sie habe aufgelacht, überlegte sie? War der Spruch also zum Lachen? Automatisch griff sie nach ihrem Handy: Conall hätte seine helle Freude daran.
    Dann fiel ihr ein, dass sie ihn nicht anrufen konnte. Jetzt nicht und nie wieder. Abermals war da dieses kleine Geräusch, und diesmal war es eindeutig kein Lachen. Die Zeiten, da sie einfach ihr Handy nehmen und ihm die bitteren kleinen Bonmots aus ihrem Tagebuch vorlesen konnte, waren ein für alle Mal vorbei.
    Oh. Das fühlte sich nicht gut an. Heute ging es ihr nicht besonders gut. Den Montagabend, nachdem sie sich von ihm getrennt hatte, hatte sie gut überstanden. Den Dienstagabend auch. Den Mittwochabend auch. Den gestrigen Abend hatte sie nicht gut überstanden.
    Denn sie hatte den Fehler gemacht, ein Buch von Anita Brookner zu lesen – sie hatte den Titel vergessen, sie klangen alle gleich –, und das hatte sie zu Tode erschreckt. Sie war überzeugt, dass sie für den Rest ihres
Lebens mit einer Arbeitskollegin Ferien machen müsste, die sie kaum kannte und die unterdrückte lesbische Neigungen hatte und mit der sie lauter mittelalterliche Kirchen besichtigen müsste. Sie würde vernünftige Schuhe tragen und Reiseführer unter dem Arm und ganze Tage damit verbringen, Kirchenschiffe aus dem fünfzehnten Jahrhundert zu bewundern. Abends würden sie in einem billigen Restaurant das einfachste Menü essen und jede ein Glas Roten von dem Hauswein trinken, und die Frau mit den unterdrückten lesbischen Neigungen würde sagen: »Männer, diese ungeschlachten, hässlichen Wesen. Wir Frauen sind uns gegenseitig Stütze genug.«
    Denn das passierte, wenn man vierzig war und keinen Mann an seiner Seite hatte.
    Wahrscheinlich würde sie auch allein sterben. Sie würde acht Tage tot in der Wohnung liegen, bevor jemand sie entdeckte, und nur das Miauen ihrer siebenundzwanzig hungrigen Katzen würde die herzlosen, desinteressierten Nachbarn alarmieren.
    Aber das würde ihr nichts ausmachen, schließlich wäre sie tot. Nur das mit dem Urlaub machte ihr Sorgen: die vernünftigen Schuhe, die Kirchen, das billige Essen (Tagessuppe, Melone), während die ganzen leckeren Sachen auf der Speisekarte – Krabben, Seebarsch – für sie tabu wären. Und wenn sie ein zweites Glas Wein haben wollte, würde ihre lesbische Begleiterin solch ausschweifende Trinkgelüste gestatten?
    Sie rieb sich die Augen. Was für scheußliche Aussichten. … Außerdem – gerade war ihr noch etwas eingefallen – hätten sie eine Schachtel Pralinen dabei, eine traurige Sorte wie Milk Tray, und jeden Abend, bevor sie
sich in ihre schmalen Betten legten und vier Seiten in ihrem erbaulichen Buch lasen, würde ihre Begleiterin sie auffordern, eine Praline zu nehmen. Um ihre Dankbarkeit zu zeigen, müsste Katie stundenlang den Reiseführer lesen und noch länger an der einen Praline lutschen, das einzige Vergnügen in ihrem Leben, dann würde ihre Begleiterin die Schachtel in ihrem Koffer verstauen und dort bis zum nächsten Abend verschließen!
    Oh nein. Nein, nein, nein!
    Das Problem lag darin, dass sie am Anfang nicht realistisch genug gewesen war. Conall war ein besonderer Mann, er hatte eine starke Präsenz. Er hatte viel Raum eingenommen. Wenn man jemanden wie ihn aus seinem Leben verstieß, erforderte das einige Umgewöhnung. Sie hatte sich etwas vorgemacht, als sie dachte, das wäre leicht. Dazu kam, dass dies ihre erste Trennung war, seit sie vierzig war, wen wunderte es also, wenn sie sich schwertat?
    Doch wenn man die Sache mal positiv betrachten wollte, kam sie, abgesehen von ihren Ängsten vor einem Urlaub mit einer Frau mit unterdrückten lesbischen Neigungen, recht gut zurecht. Zugegeben, sie trank eine Flasche Wein pro Abend, zugegeben, sie schlief sehr schlecht, zugegeben, sie nahm zwölfmal am Tag ihr Handy, um ihn anzurufen, aber sie kam recht gut zurecht .

EINUNDVIERZIG TAGE
    AM FRÜHEN MORGEN

    »Drei doppelte Espresso«, sagte Lydia.
    »Du bist allein«, sagte Eugene. Durch den Dampf von der Espressomaschine konnte Lydia ihn kaum sehen.
    »Ich bin völlig erledigt«, sagte sie. »Ich muss bis neun

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