Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
Auggies Jähzornausbrüche, servierte Mahlzeiten und wusch die Wäsche, obwohl sie ebenfalls eine Vollzeitstelle im Unternehmen Duffy hatte.
    Hin und wieder, zum Beispiel wenn ihre Freundin Poppy in Tränen ausbrach, weil ihre Mutter, Mrs. Batch, eine verbitterte, enttäuschte Frau, ihr Vorhaltungen machte, weil sie mit neunzehn keinen Zahnarzt als Ehemann vorzeigen konnte wie ihre perfekte Cousine Cecily, wurde Lydia klar, dass sie mit ihrer eigenen Mutter ziemlich großes Glück hatte. Andererseits waren sie und ihre Mutter nicht unbedingt beste Freundinnen, nicht wie Shoane und deren Mum, die Shoanes Freundinnen aufforderte, sie beim Vornamen – Carmel – zu nennen. Aber Carmel war sonderbar. Sie zog die gleichen Klamotten wie Shoane an – die beiden tauschten ihre Sachen –,
und einmal war sie mit ihnen ausgegangen und hatte mit einem Typ geknutscht, der nicht älter als siebenundzwanzig gewesen sein konnte. Es war ganz schrecklich gewesen, so dass Lydia dankbar an ihre eigene Mutter gedacht hatte. Ihre Mutter würde so etwas nie tun. Ellen war die beste Mutter der Welt! Aber der Moment ging vorüber, und alles andere, was in Lydias Leben eine Rolle spielte – ihre Haare, der Kater am Tag danach, ihre Mitbewohner, ein überzogenes Konto, hübsche Sneaker –, drängte sich wieder nach vorn, und ihre Mum wurde dahin verschoben, wo sie normalerweise war, nämlich in den Hintergrund.
    Selbst als Ellen, nachdem Auggie so unerwartet gestorben war, mit siebenundfünfzig Witwe wurde – dazu eine Witwe mit einem riesigen Schuldenberg –, lief sie nicht mit ungewaschenen Haaren herum und saß auch nicht jammernd am Küchentisch, sondern sie tat, was getan werden musste. Obwohl ihr Reich auf ein Auto geschrumpft war, arbeitete sie rund um die Uhr, war eine zuverlässige und freundliche Fahrerin, deren einziger Fehler, wenn man einen Fehler finden wollte, darin lag, dass sie etwas zu vorsichtig fuhr. Man sollte lieber nicht eilig zum Bahnhof müssen, wenn man mit ihr fuhr, sagten ihre treuen Kunden. (Das war die witzige Bemerkung der Kunden, denn meistens ließen sie sich von Ellen zum Bahnhof fahren, um in den Belfast Express einzusteigen.)
    Nur wenn Lydia zu einem ihrer seltenen Besuche kam, gestattete Ellen sich ein paar Tränen. Abwechselnd machten sie Auggie Duffy nach, gingen vorm Kamin auf und ab und flehten Gott an, er möge ihnen Fahrgäste
schicken. »Armer Dad«, sagte Ellen dann, und Lydia sagte: »Armer Dad«, und dann weinten sie zusammen ein paar Tränen, und Lydia sagte: »Gib mir mal ein Taschentuch. Aber er war ein Schuft, und wir sind besser dran ohne ihn«, und halb meinte sie es ernst, worauf Ellen ihr einen Stoß in die Seite gab und sagte: »Du bist ganz schön frech.«

    Lydia war so in Gedanken, dass sie den Mann auf dem nächsten Treppenabsatz nicht bemerkte und mit ihm zusammenstieß.
    »He«, sagte er mit strahlenden Augen und blitzenden Zähnen. »Ich heiße Fionn. Ich bin Ihr neuer Nachbar.«
    Einer von der gut aussehenden Sorte, die von allen geliebt werden will – Lydia hatte ihn sofort durchschaut.
    »Ach ja?«, sagte sie ausgesprochen hämisch. »Und was soll das Lächeln?«

SIEBENUNDVIERZIG TAGE
    Conall nahm es schwer.
    »Aber Katie, ich liebe dich.« Das sagte er zum ersten Mal.
    »Das stimmt nicht.«
    »Doch. Das mit Helsinki tut mir leid. Das mit Jasons Hochzeit tut mir auch leid. Ich weiß, wie wichtig dir das war. Aber wir konnten die Übernahme nur abschließen, wenn noch zwölf weitere Arbeitsplätze eingespart worden waren –«
    »Ich will es nicht wissen.«
    »Ich werde in Zukunft weniger arbeiten.« Er nahm ihre Hände. »Wirklich. Ich verspreche es.«
    »Das hast du früher auch schon gesagt, Conall.«
    »Aber diesmal meine ich es ernst.«
    »Nein.« Sie entzog ihm ihre Hände. »Du bist zu unzuverlässig, und ich will das nicht mehr mitmachen.«
    Seltsam war, dass sie es ernst meinte. Es war kein Spiel, es war auch nicht so, dass sie hin- und hergerissen war zwischen Kopf und Herz, wo die Vernunft ihr befahl, die Sache zu beenden, während ihr Herz sich dagegen sträubte.
    Conall war sexy, er war mächtig, er war reich, er hatte
einen schönen Mund, roch köstlich, hatte eine gute Haut und starken Bartwuchs, und er küsste gut – aber all das war nicht wichtig. Sie konnte nicht länger nach seiner Pfeife tanzen – ein Schritt vor, ein Schritt zurück – und hatte ein ganz neues Gefühl: Sie war traurig und gleichzeitig überzeugt, dass sie die richtige Entscheidung

Weitere Kostenlose Bücher