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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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ich meine Häuser
und Ländereien anvertrauen konnte.« Seine Augen begannen zu leuchten. »Wir
Scharfrichter suchen uns immer unsere Frauen in der gleichen Zunft. So erhalten
wir uns unsere Stärke und sichern unseren Kindern die Zukunft.«
    »Wirst du noch
einmal auf Brautschau gehen?«, unterbrach sie ihn.
    »Das habe ich
bereits getan und um Agnesa Gertraud Muth, die Tochter des Lübecker
Scharfrichters, gefreit.«
    Maria erinnerte
sich, das fade blonde Mädchen einmal bei einer Kindstaufe von Davids Knecht
Henrich gesehen zu haben. »Sie ist noch eine sehr junge Frau«, stellte sie
überrascht fest. »Viel jünger als deine Töchter.«
    Er grinste bis über
beide Ohren. »Traust du mir das etwa nicht mehr zu – oder bist du gar
eifersüchtig?«
    »Dir wünsche ich die
beste Frau der Welt, David.« Sie senkte den Blick, um ihn nicht in ihr Herz
sehen zu lassen. »Ich bin noch nie einem Mann begegnet, dessen Bestimmung es
ist zu töten und der doch so viel Leidenschaft und Herz besitzt wie du.«
    »Warum verweigerst
du dich mir dann?« Von neuer Hoffnung erfüllt, ergriff er ihre Hände und suchte
ihren Blick. »Oder ist es das gottlose Gerücht über meine Tochter Ilsabein und
mich? Hält dich die Vorstellung ab, ich könnte meiner zweitältesten Tochter
beiwohnen?«
    Seine letzten Worte
klangen hart und wütend. Beschämt senkte sie den Blick. Tatsächlich hatte sie
einen Moment darüber nachgedacht, ob es stimmte, was man über David tratschte,
dabei wusste sie nur zu gut, dass er sein Leben für seine Kinder gegeben hätte
und all sein Vermögen in ihre Ausbildung und Zukunft steckte.
    »Das Mädchen vorhin,
war sie das?«, fragte sie zaghaft und hoffte, ihn durch ihr Interesse
abzulenken.
    »Gefällt sie dir?
Sie ist eine recht schöne Maid, nicht wahr?« Aus seinem Blick sprach wieder
Freude. »In meinem größten Schmerz war sie bei mir und hat mich liebevoll
getröstet. Gewisse Leute haben aus Rache und Missgunst das Gerücht unters Volk
gestreut, um mich zu vernichten. Dabei habe ich noch drei weitere hübsche
Töchter, die ich bereits standesgemäß verheiratet habe. Zwei meiner Söhne sind
Scharfrichter außer Landes und zudem berühmte Ärzte«, berichtete er stolz,
hielt dann aber inne und musterte sie nachdenklich. »Mir deucht, ich langweile
dich?«
    Der Wein hatte ihre
Lider schwer gemacht, und David spürte es. »Du kannst in der Scharfrichterei
bleiben, so lange du willst«, sagte er. »Ich werde zu meinem Wohnsitz in die
Pfaffenstraße reiten, wo sich meine junge Frau und meine beiden jüngsten Söhne
befinden. Sie werden meinen Schutz nötig haben. Für dich lasse ich meinen
Knecht Henrich hier. Er wohnt gegenüber.« Als er ihre großen Augen bemerkte und
das Erschrecken in ihnen sah, ergänzte er: »Keine Angst, die Scharfrichterei
wird niemand plündern.«
    »Du reitest allein?«
Erst jetzt, als er sich erhob und nach dem Schwert griff, wurde ihr bewusst,
was er eben gesagt hatte. »Aber sie werden dich angreifen und töten!«
    »Ach was, der Henker
von Lemgo hat Narrenfreiheit«, grinste er. »Meine Schlagkraft ist bis weit über
die Lande hinaus bekannt. Allein mein Name lehrt meine Feinde bereits das
Fürchten. An mir vergreift sich so schnell keiner. Und wenn, dann werden sie
mit meinem Schwert Bekanntschaft machen.« Entschlossen ging er zur Tür.
    »David!« Eine
seltsame Ahnung, dass sie den geliebten Mann nie wiedersehen würde, überkam
sie. Mit einem beklemmenden Gefühl im Herzen lief sie ihm hinterher. Im
Türrahmen erwischte sie ihn am Ärmel. Als er sich zu ihr umdrehte, schlang sie
spontan die Arme um seinen Hals.
    Erstaunen glitt über
seine Züge, bevor er ihren zitternden Körper sekundenlang an sich presste. Noch
einmal spürte sie den harten männlichen Körper, das wilde Klopfen seines
Herzens und seinen rauen Atem. Zärtlich hob er mit der linken Hand ihr Kinn an
und sah ihr ernst in die blauen Augen. Mit der Rechten strich er ihr behutsam
über das Haar. »Nein, ich werde dich nicht küssen«, hauchte er. »Unsere Wege
werden sich ab jetzt nicht mehr kreuzen. Als einen letzten Liebesdienst werde
ich nach deinem Ehemann suchen und ihn dir wohlbehalten zurückbringen. Gib ihm
einen Teil deiner leidenschaftlichen Liebe zu mir ab, und ich denke, du wirst
ihm eine ebenso gute Ehefrau sein, wie sie mir einst meine Agnesa war. Der Herr
behüte dich davor, dass ich dir jemals unter anderen Umständen begegnen muss.«
    »Haut kräftig
zu, Meister David!« Cothmann stand

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