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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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Lemgoer
Hexendeputierten und ihre Clique richtet.«
    Arnold Spruthe
unterbrach seine Beschäftigung, Siegellack über dem Talglicht zu erwärmen, um
Bedenken zu erheben. »Weshalb wir heute hier zusammengekommen sind, meine
Herren, ist die Frage: Wer wird das Pasquill zum Grafen und unter das Volk
bringen? Es ist äußerst gefährlich, solche Schmähschriften zu verteilen, und
kann für den Überbringer den Tod bedeuten.«
    »Das ist richtig,
dennoch denke ich, dass dies kein Problem darstellen wird. Unser Diener kann es
zum Braker Schloss bringen, und den Lemgoer Teil könnte vielleicht die Jungfer
Rampendahl übernehmen?« Heinrich Kleinsorge fixierte Maria mit seinen dunklen
Augen über den Tisch hinweg.
    »Ich?« Maria fuhr
erschrocken herum. »Aber Hochwürden, das dürft Ihr nicht zulassen. Ich bin ein
ehrbares und schwaches Weib«, flehte sie und bemerkte dann erst erschrocken,
dass sie sich in Andreas’ Arme geflüchtet hatte. Durch ihr Ungestüm hatte sich
seine Kutte geöffnet. Verwirrt blickte sie auf die Rüschen an dem weißen, weit
ausgeschnittenen Hemd, durch das seine nackte männliche Brust schimmerte.
Hochwürden war ein Mann wie jeder andere und obendrein noch gut gebaut.
Sichtlich verlegen ließ Maria ihn los und schaute betreten zu Boden.
    »Verzeiht mir mein
Verhalten, Hochwürden«, murmelte sie und deutete einen Knicks an. »Aber wie
soll ausgerechnet ich, eine beklaffte Hexe, auf die eine ganze Stadt schaut,
das Pasquill an seinen Bestimmungsort bringen?«
    »Ganz einfach. Zu
den nächsten Festlichkeiten in Cothmanns fürstlichem Haus werdet auch Ihr eine
Einladung erhalten.« Diedrich Kleinsorge grinste zweideutig. »Dass Euch der
Herr Landmann wohlgesonnen ist, davon spricht mittlerweile jeder, wenn auch
hinter vorgehaltener Hand. Auf seinem Ball sollte es ein Einfaches sein, die
Briefe unter den Tänzern zu verteilen. Und ich bin mir sicher, dass Ihr Euch
vor Tänzern nicht retten werden könnt.«
    »Aber sie werden
doch bemerken, dass das Pasquill von mir ist.«
    »Nicht, wenn Ihr es
geschickt anstellt. Ihr seid ein Weib, dem man Schläue und einen scharfen
Verstand nachsagt.«
    »Hochwürden!«,
flehte Maria erneut. »Bitte, redet den Herren diesen Plan aus!«
    »Gott, der
Allmächtige, wird über Euch wachen, mein Kind!« Andreas’ Stimme war nun wieder
weich. »Ich werde an Eurer Seite sein und Euch mit Gottes Hilfe beschützen.
Zudem wird der Umstand, dass es sich bei der Festlichkeit um einen Maskenball
handelt, Eure Aufgabe erleichtern, meine Tochter!«
    Sie zögerte. Alles
in ihr wehrte sich gegen diesen Plan, zugleich aber war die Aussicht auf einen
Ball der Oberschicht eine nur allzu verlockende Versuchung. Höflich senkte sie
den Blick und gab nach einem kurzen Zögern den Herren ihr Einverständnis. »Ich
werde mich Eurem Vertrauen würdig erweisen, meine Herren. Aber verlangt danach
nie wieder so etwas von mir!«
    »Nun, Jungfer
Rampendahl, damit beweist Ihr uns erneut Euren Mut. Mit der erfolgreichen
Ausführung dieser Aufgabe steht Ihr sodann unter unserem Schutz. Bedenkt aber
immer, dass, solltet Ihr uns verraten, das Euren Tod bedeutet. Erhebt jetzt mit
uns den Becher, auf dass die Lemgoer Herren das Fürchten von uns lernen!«
    Rottmann war
aufgestanden und führte als Erster den Krug zum Mund. In einem Zug ließ er den
Wein die Kehle hinunterlaufen, dann rülpste er lautstark und spießte mit seinem
Messer das Pasquill auf die Tischplatte. Maria spürte Hochwürdens Blick auf
sich und prostete ihm wie im Taumel zu. Nach und nach schlossen sich die
anderen Rottmanns Beispiel an, bis das Detmolder Siegel in einem Kreis aus
blinkendem Stahl verschwunden war.
    »Eine junge Hexe
sitzt wieder im Turm. Sie hat sich selbst der Hexerei bezichtigt und mehrere
einflussreiche Namen genannt.« Maria zupfte Andreas an der Kutte. »Habt Ihr das
gehört, Hochwürden?«
    »Sprecht mich nicht
mit Hochwürden an, das könnte uns verraten!« Andreas war von Kopf bis Fuß in
eine schwarze Kutte gehüllt. Nur die Augen waren durch die Schlitze des Stoffes
zu erkennen. Auch Maria hatte sich verschleiert und das Kostüm einer Haremsdame
gewählt. Über dem hauchdünnen glitzernden Schleier verbarg sie ihr Gesicht
hinter einer blauen Seidenmaske.
    »Der Harlekin auf
dem Stock, ist das der Stadtsekretär Johannes Berner?« Neugierig musterte sie
die greisenhafte Figur in dem bunten Narrenkostüm.
    Der Pastor nickte.
»Und der Greis neben ihm auf dem bestickten Polstermöbel ist

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