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Der Henker von Paris

Der Henker von Paris

Titel: Der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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»Das reicht! Ich gehe zu meiner Schwester. Hier werde ich eh nicht mehr gebraucht.« Sie stampfte den Flur hinunter, durchquerte die Küche und sah Dan-Mali ein Feuer machen. Sie wollte etwas sagen, etwas Hässliches, doch dann ging sie wortlos in den Hof hinaus, um ihr Pferd zu satteln.
    Antoine Fouquier hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und schaute zum Fenster hinaus. Charles stand immer noch vor seinem Schreibtisch und wartete. Fouquier hatte gute Laune und vergass darüber sogar das herablassendeDuzen. »Gratulation zur geglückten Hinrichtung. Ihre Maschine funktioniert tatsächlich, aber Ihr Freund, dieser deutsche Klavierbauer, wird den Auftrag dennoch nicht erhalten. Roederer möchte einen Verwandten begünstigen. Dieser ist zwar viel teurer, aber eben verwandt. Sehen Sie, hier kommt wieder zum Zuge, wovor ich Sie bereits im Internat gewarnt habe. Adelsblut schlägt Wissen, und Verwandtschaft schlägt Qualität. Sie werden nie eine Chance haben, Charles. Ihr lebt in Grotten, und ihr werdet die Felsdecke über euren Köpfen nie durchbrechen können. Aber Leute wie ich, die werden frei geboren, und nur der Himmel kann uns Grenzen setzen.«
    »War das alles?«, fragte Charles unbeeindruckt.
    Fouquier ignorierte die Frage. Sie schien ihm ein bisschen frech zu sein. »Ist dir mittlerweile ein Name eingefallen?«, stichelte er.
    Charles atmete tief ein und blies die Luft wieder aus.
    »Also, ich warte auf Namen. Nenn mir wenigstens einen einzigen Namen.« Fouquier wandte sich wieder dem Fenster zu und schaute in den Hof hinunter. »Übrigens: Die Kleine vom Friedhof hat sich hier beschwert. Ihr solltet der Dame die Köpfe jeweils für eine halbe Stunde ausleihen. Die Menschen sollen die Opfer der Revolution sehen. Das wirkt abschreckend. Es werden viele Köpfe werden. Denn die Gruben in den Friedhöfen sollen voll sein und nicht unsere Gefängnisse. Bürger Sanson, ich warte immer noch auf Namen. Einen einzigen Namen!«
    »Pater Gerbillon«, hörte sich Charles sagen.
    »Ich habe es nicht ganz verstanden«, sagte Fouquier. »Pater …?«
    »Pater Gerbillon«, wiederholte Charles, »ein Jesuit. Er wurde als Mathematiker des Königs nach Siam geschickt.«
    »Ich erinnere mich, Gorsas hatte es kürzlich erwähnt. Unser Mathematiker sollte dort den Sternenhimmel beobachten und neue Seekarten zeichnen, stattdessen hat er die Ärsche von kleinen Jungs und kleinen Mädchen beobachtet. König Rama I. wird uns noch den Krieg erklären …« Er lachte. »Gerbillon genoss stets die Protektion des Hofes, weil er«, und nun schrie Fouquier, »ein gottverdammter Royalist ist. Ich hasse ihn. Ich habe ihn immer gehasst!«
    Charles hob kurz die Augenbrauen, als wollte er sagen: Nun ja, so wird es wohl sein.
    »War das so schwierig, Bürger Sanson?« Als Charles gehen wollte, sagte Fouquier: »Dein Freund, der Orgelbauer, kann die Guillotine bauen: dreiundachtzig Stück zu neunhundertsechzig Livre. Wenn eine versagt, ist der restliche Auftrag storniert.«
    »Aber Sie sagten doch …«
    »Du hast mir einen Namen geschenkt, also zeige auch ich mich erkenntlich. So hast du die einmalige Gelegenheit, die Spielregeln zu begreifen. Und wer weiss, Bürger Sanson, vielleicht könnten wir doch noch zu alter Freundschaft zurückfinden.«
    Tobias Schmidt war betrunken. Er lag auf einem ausrangierten Sofa in seiner Werkstatt und murmelte unverständliches Zeug. An den Wänden hingen neue Skizzen. Eine zeigte eine Riesenguillotine, mit der man gleichzeitig vierundzwanzig Menschen köpfen konnte. Als Charles die Halle betrat, sprang Schmidt hoch, wurde aber sogleichvon einer Übelkeit befallen. Er strauchelte und atmete tief durch. »Ich bin gleich so weit«, keuchte er und kniete sich auf den Boden. »Roederer will mir den Auftrag nicht geben«, jammerte er, »angeblich sei ich zu teuer und die Qualität sei schlecht. Das wäre der Auftrag meines Lebens, über achtzig Guillotinen, für jedes Departement eine.« Schmidt schnappte nach Luft. Er hatte Mühe mit dem Kreislauf.
    »Kann ich Ihnen helfen, Monsieur Schmidt?« Charles reichte ihm die Hand.
    Schmidt lehnte ab und zeigte auf ein Brett, das entlang der Wand am Boden lag. Darauf standen Dutzende von kleinen Guillotinemodellen, nicht grösser als ein Unterarm. »Spielzeugguillotinen«, seufzte Schmidt, »gibt es etwas Beschämenderes für einen Erfinder, als sein Genie an Kinderspielzeug zu vergeuden? Ich habe hydraulische Maschinen erfunden, neuartige Kamine und das

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