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Der Henker von Paris

Der Henker von Paris

Titel: Der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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Séparées verhüllten. Die Frau in Blau wählte das letzte Zimmer. Wände und Decke waren mit schönen Spiegeln ausgekleidet. Charles blieb vor einem Spiegel stehen. Es sah so aus, als sei er Teil eines Gemäldes geworden, denn die Spiegel waren mit ornamentierten goldfarbenen Rahmen versehen. Ansonsten war der Raum spärlich eingerichtet. Ein Waschbecken, ein Handtuch, ein Bett, alles goldfarben. Eine Öllampe warf ihr Licht an die Spiegelwände.
    »Ich suche einen Anwalt«, sagte Charles.
    »Marie-Jeanne, aber nenn mich einfach Jeanne.«
    »Ist das dein richtiger Name?«
    Marie-Jeanne lachte. Es war ein bezauberndes Lachen. »Marie-Jeanne Bécu, aber hier bin ich Marie-Jeanne.«
    Sie war achtzehn, hatte einen grossen Busen und ein rundliches, warmherziges Gesicht. Der Mund war etwas klein und die Lippen zu schmal für dieses volle Gesicht, aber sie war eine der Lieblingskurtisanen von Madame Gourdan.
    »Was sind Sie von Beruf, Monsieur? Oder sind Sie reich geboren?«, fragte Marie-Jeanne lachend. »Ich hoffe, hiereines Tages meinen Prinzen zu treffen. Wenn er mich heiratet, spart er eine Menge Geld, das er ansonsten in unserem Etablissement lässt. Und zudem kann ich hervorragend kochen.« Sie löste ihren blauen Umhang und liess ihn über ihre Schultern zu Boden fallen.
    »Ich suche einen Anwalt, Mademoiselle. Mehr nicht.«
    »Sie haben doch nicht etwa Angst?«
    »Nein«, sagte Charles ungeduldig, »aber ich brauche einen Anwalt, der mich vor Gericht vertritt.«
    »In der Kuppelhalle sitzen einige. Ich führe Sie hin.« Marie-Jeanne legte ihren Umhang um die Schultern und begleitete Charles wieder in den Saal zurück. »Und mit uns beiden wird es wohl nichts heute Abend?«, sagte sie enttäuscht.
    Charles schüttelte freundlich den Kopf. »Nein, Mademoiselle, es tut mir leid.«
    »Aber vergessen Sie meinen Namen nicht. Marie-Jeanne!«
    »Charles!«, hörte er plötzlich eine Stimme rufen. Ein Mann erhob sich von einem der Sofas im hinteren Teil des Saals. Charles erkannte ihn nicht. Der Mann kam auf ihn zu. Er hielt ein Glas Champagner in der Hand. »Lass dich ansehen, mein Junge.«
    »Antoine?«, fragte Charles ungläubig. Er war immer noch schmächtig und sehr hager. Die langen Koteletten liessen das Gesicht noch schmaler erscheinen, die markante Adlernase war noch ausgeprägter. »Antoine Quentin Fouquier de Tinville«, sagte Charles leise.
    »Was führt dich zu uns? Ist es so weit, dass ich dir eine warme Suppe offerieren darf?« Antoine lachte und musterteCharles von oben bis unten. »Du bist noch grösser geworden. Und sonst? Bist du Arzt geworden?«
    »Nein«, sagte Charles, »und du?«
    »Ich bin Anwalt, wie du es mir vorhergesagt hast.« Dann fügte er voller Verachtung hinzu: »Ich habe nicht gerne blutige Hände, Monsieur de Paris.«
    »Ich suche einen Anwalt, der mich vor Gericht vertritt.«
    »In welcher Sache?«, fragte Antoine und mimte den Interessierten. Er führte Charles zu einem freien Tisch. Sie setzten sich. Charles erzählte ihm die Geschichte mit der Marquise. »Habt ihr es denn getan?« Antoine grinste.
    »Das spielt keine Rolle«, antwortete Charles ernst.
    »Ich kenne die Marquise, jeder kennt sie, also habt ihr es zusammen getrieben.« Antoine prustete vor Lachen. »Die Marquise mit dem Henker im Bett, das ist ja ein tolles Ding!«
    »Kannst du mich vor Gericht vertreten?«
    »Aber sicher. Die Verhandlung findet am nächsten Freitag statt.«
    Charles war überrascht. »Woher weisst du das?«
    »Wenn du in die richtige Familie hineingeboren wirst, gibt es für dich in Paris keine Geheimnisse. Das lernt man nicht in Rouen, dafür braucht man einen Stammbaum, Charles, altes blaues Blut.«
    Charles nickte. Wenigstens hatte er einen Anwalt gefunden, auch wenn ihm Antoine noch unsympathischer war als früher.
    »Es ist schon tragisch«, heuchelte Antoine, »da will ein junger, gutaussehender Mann Arzt werden, er hat Talent, er hat Ambitionen, und dann endet er auf dem Schafott.«
    »Bist du verheiratet?«, fragte Charles, um das Gespräch in andere Bahnen zu lenken.
    »Noch nicht, aber bald. Ich werde meine Cousine heiraten. Sie ist sehr vermögend. Vermögen zieht Vermögen an. Und sie hat die schönsten Füsse von Paris. Ich stehe auf Füsse, Charles, das erregt mich unheimlich. Und du? Verheiratet?«
    »Ich bin nicht verheiratet.«
    »Dürfte auch schwierig sein für einen Henker. Aber vielleicht findest du hier eine. Für diese Weiber ist selbst ein Henker noch eine erträgliche Partie,

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