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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Roberts
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sich das Baby, stumpfe Stöße in ihrem Bauch, Wellen im Mutterleib.
    Er drückte auf den Anheben-Schalter, und mit einem beruhigenden Summen stieg Julias Körper aus dem Isolationstank auf und hing mit herabbaumelnden Gliedmaßen in der Luft, einer Kuh gleich, die vom Schiff aus an Land verfrachtet wird.
    Er blickte auf den Isolationstank und spürte, wie sich ein Gewicht auf seine Schultern legte. Er war daran gewöhnt, den Tank zu säubern, weil sie ihn alle verunreinigten. Achtzig Kilo Salz und literweise frisches Wasser ließen sich leicht besorgen. Aber der zerbrochene Verschluss? Er war ein miserabler Heimwerker, würde aber versuchen müssen, den Schaden irgendwie zu reparieren.
    Eine Woge heißer Wut stieg in ihm auf.
    Sie starrte ihn mit leeren Augen an.
    «Weißt du, dieser gierige, geldgeile Klempner, mit dem du verheiratet warst, Julia?» Er blieb in der Tür stehen und rieb sich seitlich am Hals. «Soll ich dir etwas sagen? Es ist eine Ironie des Schicksals, oder vielleicht auch einfach nur Zufall, aber dein Mann …»
    Doch genauso schnell, wie die Wut in ihm hochgekocht war, wich sie neuer Kälte.
    Es war nicht nötig, mit der Tragenden zu sprechen, wieso sollte er also sprechen? Es war nicht nötig, irgendetwas zu empfinden, wieso sollte er also etwas empfinden? Es war nicht nötig, dass er eine Meinung hatte, wieso sollte er also nachdenken? Er hatte nichts weiter zu tun, als zu handeln.
    Und so handelte er.
    Julia Catons Körper glitt um 4.13 Uhr auf den Tisch nieder. Bei der Anbetung des Satans waren Zeit und Ort ohne Belang, aber er konnte sich des Bedürfnisses nicht erwehren, diesen Einzelheiten Aufmerksamkeit zu schenken. Dann holte er sein ältestes chirurgisches Werkzeug hervor. Er nahm das erste Instrument, das er je besessen hatte, aus dem abgenutzten Arztkoffer, den er seit seinen zwei Jahren als Medizinstudent am St Thomas’s mit sich herumtrug und liebte.
    Kein anderer Arzt, kein anderer Medizinstudent besaß so etwas, er war etwas ganz Besonderes.
    Erinnerung. Werk. Ritual. Anbetung.
    Es war ein schmaler Metallstab von drei Millimeter Durchmesser am Fuß und einem Millimeter an der geschliffenen Spitze; die ursprünglich achtunddreißig Zentimeter Länge waren auf zwanzig Zentimeter gekürzt worden. Dieser einzelne Gegenstand stand symbolisch für seine ganze Kindheit.
    Julia verdrehte die Augen, und ihre Lippen machten ein schnalzendes Geräusch, als gäbe sie jemandem einen Kuss.
    Er schob sie zurecht, schwenkte das Tragetuch über den Tisch und ließ sie mit einem Druck auf den Schalter herunter. Sie berührte den Tisch zuerst mit den Füßen, dann folgten der Po und der Rücken. Sie schien sich in dem Tragetuch zu winden und sagte: «Garld!»
    Sie verdrehte die Augen nicht mehr und verharrte still, als er die Gurte vom Lifter löste. Der Rest ihres Körpers sackte auf den Tisch herunter wie etwas Totes. Sie erschauerte und bekam eine Gänsehaut.
    Er streckte ihre Beine aus, legte die Arme, die vom Tisch herunterhingen, neben sie und betrachtete ihren dicken Bauch. Sie war dehydriert, damit die Blase ihn nicht beim Aufschneiden der Gebärmutter behinderte.
    Mit dem Finger zog er eine gerade Linie von ihrer rechten zu ihrer linken Hüfte. Wenn er diesen Schnitt einmal ausgeführt hatte, war die Gebärmutter nicht mehr zu verfehlen.
    Er drückte die Spitze der Speiche gegen ihre Brust.
    Julia Caton stieß einen Schrei aus, der ihn erstarren ließ, und er hörte, wie etwas Nasses herabrann.
    Eine Flüssigkeit ergoss sich über den Tisch und tropfte auf den Boden.
    Ihre Fruchtblase war geplatzt.
    Er stieß ihr die Speiche ins Herz.
    Um 4.17 Uhr machte Julia Caton einen tiefen Seufzer und starb.
    Er erhob sein geschliffenes Skalpell und dankte Alessio Capaneus, dem Propheten Satans, bevor er seine Aufmerksamkeit dem Ungeborenen zuwandte.
    Der Rest des Sauerstoffs in ihrem Blut wurde an einen kleinen Jungen weitergegeben, der den Namen Jamie erhalten hätte.

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    25
    Rosen versank gerade in einen Schlaf, der sich tief, aber unruhig anfühlte, als er spürte, wie Sarah aus dem Bett aufstand, und er sie durch das dunkle Zimmer tappen hörte.
    «Alles in Ordnung, Liebling?»
    «Ja, ich geh nur aufs Klo. Schlaf wieder ein …» Ihre Stimme wurde auf dem Weg zum Badezimmer leiser und verstummte dann.
    Er löste sich aus den Armen des Schlafs. Seit er sie von der Schule abgeholt hatte, war sie unruhig, abgelenkt und wirkte sogar ein bisschen unglücklich, wie er bemerkt

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