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Der Herr Der Drachen: Roman

Titel: Der Herr Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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nestelte am Heft ihres Jagdmessers, schüttelte den Kopf und blieb schließlich stehen. »Und was machen wir nun?«, fragte sie. »Wie kann …«
    »Irissa«, sagte Mailun. »Setz dich.«
    »Nein! Was hat die Träumerin da gesagt? Dass wir zum Tempel gehen und wie alte Weiber herumsitzen sollen, während unser Clan um uns herum zerbricht? Während dein Sohn und mein Bruder für uns verloren sind?«
    »Das ist nicht das, was sie gesagt hat. Und jetzt setz dich.« Mailun deutete auf das Kissen. Irissa stand einen Moment da und starrte sie an, doch dann gab sie nach und ließ sich auf das Kissen sinken, das Gesicht störrisch verzogen.
    »Also gut«, begann Mailun. »Die Träumerin hat uns ein Geschenk gemacht. Wenn du auf das gehört hättest, was unausgesprochen geblieben ist, dann wäre dir das klar geworden.« Mailun hob die Hand, um den Talisman zu berühren, den sie um den Hals trug. »Sie hat uns einen Weg gezeigt, wie wir Erlösung oder Antworten für unsere Familien finden können.«
    Irissa runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
    Mailun seufzte und ließ die Elfenbeinschnitzerei los. »Wir werden nicht zum Tempel ziehen, Irissa. Ich werde den Brunnen verlassen, um meinen Sohn zu suchen, und du wirst mich begleiten, weil du so viel Liebe in dir trägst sowohl für Tallis als auch für deinen Bruder.«
    »Aber …«, wollte Irissa protestieren und errötete.
    »Nein. Ich weiß, dass dir Tallis wichtig ist, auch wenn du es dir selbst nicht eingestehen willst. Aber ich habe weder Zeit noch Geduld für Spielereien. Dank der Güte der Träumerin sind wir gewarnt worden und müssen noch heute Nacht aufbrechen. Du musst nicht mit mir mitkommen, aber wenn wir abwarten, bis Karnit zurückgekehrt ist, werden wir keine Chance mehr haben. Wer weiß schon, was er für notwendig erachtet als Wiedergutmachung für alles, was geschehen ist. Doch wenn wir jetzt gehen, besteht immerhin die Möglichkeit, dass du wenigstens deinen Bruder rettest - wenn du ihn denn finden kannst. Die Entscheidung
des Kreises könnte rückgängig gemacht werden, wenn er für sich selber sprechen kann.«
    Mailun drückte ihre Hand. »Wirst du mitkommen? Es ist deine Chance, Irissa.« Sie umklammerte die Hand der jungen Frau. »Du kannst Jared finden und ihn nach Hause holen.« Irissa schwankte. Was auch immer sie für Tallis empfand - ihr Bruder war ihr Blutsverwandter, und sie vermisste ihn. Sie könnte ihn finden und ihn mit dem Clan versöhnen.
    Sie nickte. »Ich komme mit.«
    »Gut. Dann geh jetzt und pack ein paar Dinge zusammen. Sag deiner Mutter, dass ich untröstlich in meiner Trauer bin, und dass du dich entschlossen hast, mich heute Nacht zum Tempel des Kaa zu begleiten. Sie ist eine gute Freundin von mir und wird deshalb nicht weiter in dich dringen. Ich warte dann in der Großen Höhle auf dich.«
    Irissa stand auf, schob den Webvorhang zur Seite und war verschwunden.
    Mit trockenen Augen befüllte Mailun ein kleines Bündel mit ihren wenigen Kleidungsstücken, einem Messer, einer Jagdschlinge, ihrem Nähzeug, eingewickelt in Robbenleder, das einst ihrer Mutter gehört hatte, einem kleinen Metalltopf und einem Wasserschlauch. Sie suchte getrocknetes Fleisch und Pfannenbrot zusammen und legte als Letztes ein kleines Päckchen aus Stoff in der Größe ihrer Handfläche dazu. Eingewickelt im Innern des eingeölten Stoffes befand sich ein kunstvoll behauener Stein, der wie eine Wüstenblume aussah. Diesen legte sie vorsichtig zwischen ihre Wäsche, ehe sie den Sack zuschnürte, die Lampe löschte und die Höhle verließ, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
    Irissa wartete am Eingang zur Großen Höhle auf sie. Als die beiden Frauen hinaustraten, begann im Osten die Sonne aufzugehen. Eine dünne Linie in Rosa und Gold säumte den Horizont und verdrängte die lilafarbene Dunkelheit der Wüstennacht. Die Luft war frisch und kühl, und die Mar-Ratten begannen, aus ihren Löchern hervorzukommen. Sie steckten ihre kleinen Schnauzen heraus und wandten ihre Gesichter der aufsteigenden Sonne zu.

    »In welche Richtung gehen wir?«, fragte Irissa und drehte sich noch einmal um, um sich den Ort ihrer Geburt gut einzuprägen.
    »Wir nehmen den Weg, den die Träumerin uns gezeigt hat«, antwortete Mailun. »Fort von der Sonne in die Gebiete der Feuchtländer.«
    Sie griff die Riemen ihres Bündels und lenkte ihre Schritte nach Westen. Irissa warf einen letzten langen Blick zurück, packte ihren Jagdspeer und folgte ihr.
     
    Verborgen im

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