Der Herr Der Drachen: Roman
berichtet hat, den die Glaubenstreuen finden wollen.«
»Warum?« Shaan merkte, wie sich ein Gefühl von Unbehagen wie saure Milch in ihrem Magen drehte.
»Wie soll ich das denn wissen?« Er zuckte die Schultern. »Sie haben nur gesagt, sie glauben, dass der Fremde hier in Salmut sein könnte, und die Anhänger der Glaubenstreuen sollen darauf achten, ob ihnen etwas Seltsames auffällt, merkwürdige Leute und so.« Er bedachte sie mit einem Blick aus zusammengekniffenen Augen. »Was hast du gesagt? Wie war dein Name doch gleich?«
Shaans Nacken kribbelte. Dann war dies also ein Treffen der
Glaubenstreuen gewesen. Sie begann, sich in Richtung der Tür zu schieben, durch die die anderen gekommen waren.
»Ach ja, ich bin Raikah. Und ich werde auf jeden Fall die Augen nach diesem Fremden offen halten.«
»Tu das.« Wieder ruhte sein Blick auf ihren Brüsten. »Komm schon, Meara.« Er zog seine Frau davon. Das andere Paar warf ihr einen ernsten Blick zu, ehe es den anderen beiden folgte.
Shaan stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und näherte sich dem Torbogen. Was hatte das alles zu bedeuten? Arbeitete Tuon mit den Glaubenstreuen zusammen? Sie konnte es sich kaum vorstellen.
Sie versuchte, so wenig verdächtig wie nur irgend möglich auszusehen, und schob sich durch die Öffnung. Dahinter befand sich ein kleiner Hof, und sie verkrampfte sich, als sie einen Jäger der Glaubenstreuen lässig an der gegenüberliegenden Wand lehnen sah, von wo aus er den Durchgang beobachtete. Er war groß und schlank, hatte ein langes Schwert bei sich und ein Messer, an den Oberschenkel gebunden. Shaan schluckte schwer, und in der Hoffnung, unbemerkt zu bleiben, schloss sie sich einer Gruppe von Männern an, die zurück in den Tempel ging.
»He, du da!«
Sie blieb im Eingang stehen und drehte sich langsam und mit trockenem Mund um.
»Wohin bist du unterwegs?« Der Mann, der sie angesprochen hatte, hatte ein schmales Gesicht, und er war jung.
Nun, da sie ihm so nahe war, konnte sie erkennen, dass er kaum genügend Bart hatte, um sich zu rasieren.
Ihre Gedanken überschlugen sich, und sittsam legte sie die Hände übereinander. »Ich bin gekommen … Ich will mich dem Orden anschließen.« Sie versuchte, etwas Begeisterung in ihre Stimme zu legen. »Ich bin hier, um die Vorsteherin zu sehen, aber ich habe mich verlaufen. Tut mir leid, dass ich mich verirrt habe.« Sie sah ihn unter gesenkten Lidern hervor an und dankte den Göttern, dass sie Tuon hinterhergestürzt war, ohne auch noch nach ihrem Messer zu greifen.
»In Ordnung.« Er legte den Kopf schräg. »Hinein mit dir, aber …« Er stieß sich von der Mauer ab und beugte sich zu ihr hinunter. »Ich werde dich finden, wenn du gelogen hast.«
Shaan zweifelte keine Sekunde an seinem Wort. Sie warf ihm ein dünnes Lächeln zu und nickte leicht, dann entfernte sie sich, so schnell es ging, und beim Weggehen konnte sie seine Augen in ihrem Rücken spüren. Sie war sich nicht sicher, ob er ihre Angaben vielleicht nachprüfen würde, aber irgendwie bezweifelte sie, dass ihr viel Zeit bliebe, um das herauszufinden. Was hatte Tuon bloß an einem Ort zu schaffen, an dem es von Glaubenstreuen nur so wimmelte?
Sie bog in einen weißen Flur ein, der mit hellroten Bodenfliesen ausgelegt war. An der einen Wand hingen einige bunte Behänge, auf denen Amora in verschiedenen heroischen Posen abgebildet war. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich vier verschlossene Holztüren. Am Ende des Flures standen einige Türen offen, durch die Shaan Bankreihen erkennen konnte, von denen aus man zu einem langen Tisch auf einem Podium schauen konnte. Als sie näher kam, entdeckte sie Tuon, die mit zwei anderen Männern in ein Gespräch vertieft war. Einer davon war ein großer, dunkelhaariger Mann, der andere hatte graues Haar und einen leichten Bauchansatz. Ein Jäger stand hinter Tuon. Der Mann mit den dunklen Haaren hatte Shaan den Rücken zugewandt, aber während sie die Gruppe beobachtete, drehte er sich ein Stück zur Seite, um mit jemand anderem zu sprechen, und ihr rutschte das Herz in die Hose.
Es war der Mann in Schwarz vom Markt. Sie erkannte ihn an seinen Kieferknochen. Ihr verschlug es den Atem. Tuon hatte gesagt, er sei der Kommandant der Glaubenstreuen, und die Art und Weise, wie sich der Jäger ihm gegenüber verhielt, schien dies zu bestätigen.
Was hatte Tuon mit ihm zu tun? Während Shaan sie beobachtete, legte der ältere Mann einen Arm um sie und sagte etwas, an
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