Der Herr der Falken - Schlucht
Arme festzuhalten, die wie Dreschflegel auf ihn, auf seinen Kopf, in sein Gesicht und in die Magengrube niedersausten. Plötzlich schnellte ihr Knie hoch und traf ihn in den Geschlechtsteilen. Er krümmte sich jaulend vor Schmerzen. Mit einem gezielten Fußtritt beförderte Chessa ihn ins Wasser und drehte sich dann seelenruhig lächelnd um. »Bist du in Ordnung, Kerek?«
Er blickte auf sie herunter und sagte mit Ehrfurcht in der Stimme: »Ich muß Euch nach York bringen, Prinzessin. Ihr seid Danelagh letzte Hoffnung. Ihr müßt den Wurm heiraten.«
»Mach dich nicht lächerlich, Kerek. Wir würden uns gegenseitig umbringen. Ich bin keine Boadicea, ich bin eine ganz normale Frau. Sieh nur, Ragnor hat dir mit seinem Silberring die Lippe aufgeschlagen. Ich werde die Wunde reinigen.«
Kerek trat einen Schritt rückwärts. »Ihr seid eine Prinzessin. Es ist nicht recht.«
»Ich sag' dir, was für eine Prinzessin ich bin«, fing sie an, wurde aber von einem von Ragnors Männern unterbrochen, der vortrat und sich an Rorik wandte: »Ragnor kann nicht schwimmen, Herr. Soll ihn einer von uns aus dem Wasser ziehen?«
Rorik schaute den Mann fassungslos an. Dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte lauthals. Aus dem Wasser waren Ragnors gurgelnde Schreie zu hören, der versuchte, sich an den glitschigen Holzpfosten der Mole festzuhalten.
Hafter brummte: »In zwei Tagen schafften es unsere Leute, Ragnors Männern zu zeigen, daß alles andere einem Leben unter der Fuchtel dieses Trottels vorzuziehen ist.«
»Ja, Arek«, nickte Rorik glucksend. »Zieht ihn an Land. Er ist der künftige König des Danelagh, deshalb darf er nicht ersaufen. Ragnor ist immerhin noch besser als diese Sachsen.«
»Mir beginnen die Sachsen direkt sympathisch zu werden, Rorik«, knurrte Hafter.
Die alte Alna kicherte statt einer Antwort, da sie die Frage nicht verstanden hatte. Ihr Gehör ließ sie ebenso im Stich wie ihr Verstand. Der gutaussehende Kapitän Torric trank ihre
Arznei, die sie mit Honig gesüßt hatte. Eigentlich hatte Utta den Saft zubereitet. Alnas Augen vermochten die Zutaten nicht mehr zu unterscheiden. »Bald bist du von Walküren umgeben«, gurrte sie, und Torric seufzte.
»Ich sehe jetzt schon eine. Wer ist die schöne Walküre, die ihr Kind stillt?«
»Wie? Ach, das ist Entti. Schau sie nicht zu begehrlich an, sonst dreht Hafter dir den Hals um. Er ist nämlich sehr besitzergreifend.«
»Sie hat eine wunderschöne Brust.« Torric nahm einen tiefen Schluck.
»Die andere ist genau so schön.«
»Kann ich sie sehen?«
»Sie wird sie dir nicht zeigen, Torric. Sie stillt nur ihren kleinen, hungrigen Verad. Schau lieber mich an, und du wirst von immerwährender Schönheit träumen.«
Torric stöhnte auf, und Alna kicherte. »Ich war früher schöner als Entti und hatte pralle, runde Brüste.«
Torric schloß die Augen. »Was geschieht mit Lord Ragnor?«
»Unser Herr hat den Tölpel noch nicht umbringen lassen, wenn du das wissen willst, Kapitän. Komm, trink den Becher leer. Bevor du einschläfst, wirst du mich als Schönheit sehen, mich beschlafen und heiraten wollen.«
Torric stöhnte erneut auf und starrte die Arznei mit verschwommenem Blick an, als sei sie Gift. Dann trank er ergeben, da sein Bein stark schmerzte. »Ich bin froh, daß Rorik ihn nicht getötet hat. König Olric übertrug Kerek und mir die Verantwortung für seine Sicherheit. Aber Ragnor ist nicht einfach. Er ist ein aufgeblasener Aufschneider. Jeder will ihm die Zähne einschlagen. Dabei kann er geistreich und liebenswürdig sein, wenn er will. Er kann sogar den Helden spielen, einen, der sich für andere einsetzt. Damit hat er damals auch das Herz der Prinzessin gewonnen. Er spielte ihr den edlen Ritter vor, der sie verehrte. Erst später zeigte er sein wahres Gesicht.« Er seufzte. Süße Schwere floß träge in seinen Kopf. Das gebrochene Bein spürte er nicht mehr.
Mit schwerer Zunge sprach er weiter: »Kerek will, daß
Prinzessin Chessa ihn heiratet. Er ist davon überzeugt, daß sie einen besseren Menschen aus ihm macht.«
»Die Wette würde ich nicht eingehen«, zischelte die alte Alna. »Ein Mann läßt sich nicht formen wie ein Laib Brot.«
Torric versuchte ein Lächeln. Ihm war, als schwebe er, der Kopf war ihm ganz leicht, auch sein Körper war schwerelos. Er würde den Trank fässerweise verkaufen und ein reicher Mann werden. »Was ist in deinem Zaubertrank?«
Alna kicherte geheimnisvoll.
Mirana war herangetreten und beugte
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