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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Vergnügen zu bereiten.«
    »Cleve?« Rorik hob fragend eine Augenbraue. »Woher kennst du Cleve?«
    Sie legte den Kopf zur Seite, eine Geste, die er von Mirana kannte. »Er hat den Ehevertrag für Herzog Rollo ausgehandelt. Er nannte sich Cleve von Malverne. Kennt ihr ihn etwa?«
    »Ja, so heißt er«, sagte Mirana. »Wir kennen Cleve seit fünf Jahren, seit Roriks Bruder Merrik ihn aus Kiew nach Norwegen brachte.«
    »Was machte Cleve in Kiew?«
    »Er war Sklave.«
    »Ein Sklave! Aber das ist nicht möglich. Cleve ist ein schöner Mann, er ist klug und wortgewandt. Als Botschafter muß er sich geschliffen ausdrücken können, um keine Fehler zu machen, aber ...« Sie brach ab und blickte in die verblüfften Gesichter von Rorik und Mirana. Sie schluckte und fuhr leise fort: »Vielleicht habe ich mich in ihm geirrt. Ist er nicht ein wunderbarer Mann? Ein schöner Mann, der sich nichts auf sein Aussehen und seinen herrlichen Körper einbildet? Ist er nicht geschickt im Umgang mit Waffen? Dem Kerl, der ihn umbringen wollte, stieß er das Messer direkt in die Kehle. So schnell, daß ich es gar nicht sehen konnte. Auch ich warf mein Messer nach dem Schurken und traf ihn in den Rücken. Als er vornüber fiel, sah ich Cleves Messer aus seinem Nacken ragen.« Wieder stockte ihr Redeschwall, da Rorik und Mirana sie immer noch erstaunt ansahen. Kerzog saß mit hängender Zunge neben den beiden. Auch er ließ Chessa nicht aus den Augen.
    »Na schön. Ich kann die Wahrheit vertragen.« Chessa holte tief Luft und straffte die Schultern. »Habe ich mich in ihm ebenso geirrt wie in Ragnor von York? Sagt mir die Wahrheit über Cleve.«
    Rorik räusperte sich. »Alles, was du sagst, stimmt. Cleve ist ein aufrechter, junger Mann. Er hat Grausamkeit kennengelernt, zu viel Grausamkeit. Er ist klug und wortgewandt. Und Merrik hat ihn in den letzten fünf Jahren in der Kriegskunst unterwiesen, aber ...« Rorik stockte, blickte seine Frau flehend an, die jedoch nur lächelnd die Achseln zuckte.
    »Ich muß mich um das Mittagessen kümmern. Sollen wir Lord Ragnor auch etwas zu essen geben, Chessa?«
    »Er hat trockene Kleidung. Ich finde, das reicht.«
    Zwei Tage später waren die Männer mit den Reparaturarbeiten an Ragnors Kriegsschiff beinahe fertig. »Ein gutes Boot«, sagte Hafter zu Rorik, als die Männer den Rumpf mit dickflüssigem Fichtenharz bestrichen. »Achtzehn Meter lang, etwas kürzer als deine Rabenschwinge, aber immerhin. Der Kiel müßte ausgebessert werden, aber bis York kommen sie allemal. Sie haben sechs Ruder verloren.«
    »Hat Ragnor dir zugesetzt?«
    »Er hat es versucht. Doch jedesmal, wenn er mich dumm anredet, rufe ich nach Haakon oder Aslak. Und schon zieht er den Schwanz ein und geht.«
    Aslak rief herüber: »Bei den Göttern, Rorik! Da kommt eine ganze Flotte auf uns zu. Wer mag das sein? Plünderer? Piraten?« Rorik verlor keine Zeit. Er rief seinen Leuten Befehle zu, sich schleunigst zu bewaffnen. Die Männer ließen alles Werkzeug fallen und rannten den Pfad zum Haus hinauf, um Schwerter, Schilde, Pfeile und Bogen und Streitäxte zu holen. Im Handumdrehen waren sie kampfbereit.
    »Zum Glück haben wir Verstärkung von siebzehn Männern«, sagte Rorik mit Blick auf Ragnors Leuten, die sich zu den seinen gesellt hatten.
    »Nicht nötig«, sagte Hafter. »Aslak winkt dem ersten Boot zu. Auf dem Bug kann ich den Drachen von Malverne erkennen. Lord Merrik kommt zu Besuch.«
    »Ich frage mich, ob Cleve mit an Bord ist«, lächelte Rorik. »Das wäre eine schöne Überraschung.«
    Cleve sah sie sofort. Er stand an den Toren der Palisade und blickte ihr kopfschüttelnd entgegen. Er hatte die unglaubliche Geschichte auf dem Weg von der Mole herauf gehört. Es würde keine aufregende Rettungsaktion geben, um das unschuldige, junge Mädchen aus den Klauen dieses Ragnor von York zu befreien. Er war erleichtert und enttäuscht zugleich. Er hätte sich gerne etwas bewiesen. Er runzelte die Stirn. Wem hätte er gern etwas bewiesen? Gewiß nicht dem Mädchen. Sie war tatsächlich da, blickte ihn unverwandt an, und er konnte den Blick nicht von ihr lösen.
    Sie war hier, und sie war wohlauf. Plötzlich setzte sie sich in Bewegung und lief auf ihn zu. Ihr glänzendes, schwarzes Haar mit den eingeflochtenen roten Bändern wehte wie eine Fahne hinter ihr her. Sie rief lachend seinen Namen und streckte ihm die Arme entgegen. Er stand wie angewurzelt, zu keiner Bewegung fähig. Sie warf sich an seine Brust, schlang die Arme um

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