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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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ihrem richtigen Namen. Das war nach der Geburt ihres ersten Sohnes.«
    »Daraus schließe ich, daß du die Tochter des Königs bist.«
    »Ja, ich bin Chessa.«
    »Ein ungewöhnlicher Name.«
    »Weniger ungewöhnlich als der Name, auf den ich getauft bin. Alles veränderte sich, seit mein Vater diese Sira heiratete. Dein Name klingt ebenfalls ungewöhnlich.«
    »Mag sein«, entgegnete er. »Ich habe mich daran gewöhnt.«
    »Du hast ein braunes und ein blaues Auge, als hätten die Götter sich nicht entscheiden können, welche Farbe besser zu dir paßt. Sie sind hübsch.«
    »Die Götter oder meine Augen?«
    Sie grinste und schüttelte den Kopf.
    Er lächelte auf sie herab, während sie ihr Haar flocht. Verwirrt dachte er: Sie hat bei meinem Anblick nicht einmal mit der Wimper gezuckt.
    Die hohen Wände des geräumigen Schlafgemachs von König Sitric waren weiß gekalkt. Auf dem festgestampften Lehmboden lagen gewebte Wollmatten. Die karge Einrichtung bestand aus einem breiten Kastenbett, das mit weißen Wolfspelzen bedeckt war; einer großen, geschnitzten Mahagonitruhe am Fuß des Bettes, in der die Gewänder des Königs aufbewahrt wurden; und in einer Ecke standen einige hohe Lehnstühle im Halbrund, unter denen der Stuhl des Königs kunstvoll geschnitzte Armlehnen aufwies. Verwundert betrachtete der König seine Tochter, die sein Gemach unangemeldet betreten hatte, und nun wie eine junge Tigerin rastlos auf und ab ging. Was hatte sie so aufgewühlt? Sie hielt in ihrer Wanderung inne: »Ich weiß nicht, ob ich ihn mag, aber er sieht gut aus. Seltsamerweise scheint er das nicht zu wissen. Er wirkt nicht aufgeblasen und selbstherrlich wie andere gutaussehende Männer, die sich allesamt für unwiderstehlich halten. Mit seinem goldblonden Haar sieht er aus wie ein Wikinger, ist aber keiner, soviel ich gehört habe. Und seine Augen ... Eines ist goldbraun und das andere tiefblau.«
    König Sitric schob eine schwarze Augenbraue in die Stirnmitte hoch. »Vielleicht sagst du mir, wer der schöne Mann ist, von dem du nicht weißt, ob du ihn leiden kannst? Ein neuer Höfling? Kenne ich ihn, diesen Mann mit einem goldenen und einem blauen Auge?«
    »Natürlich kennst du ihn, Vater. Er nennt sich Cleve von Malverne und kommt von Herzog Rollo aus der Normandie. Jedenfalls ist er keiner dieser welschen Abgesandten. Die sind alle kurzbeinig und schmierig wie dieser Kerl, der vor kurzem vorgesprochen hat. Der, den ich meine, ist groß und gut gebaut und ...«
    König Sitric unterbrach sie betont langsam: »Sprichst du von Cleve von Malverne? Den Herzog Rollo schickt?«
    »Ja. Er kam zufällig in den Garten hinter meinem Gemach. Ich habe ihn gefragt, wer er ist.«
    »Gutaussehend findest du ihn?«
    »Ja. Aber er ist wie alle Gesandten, die etwas von dir für ihren Herrn wollen. Seine Rede ist aalglatt, und im Grunde genommen sagt er nichts.«
    »Du scheinst dich von Vorurteilen leiten zu lassen, Chessa. Ich hatte gehofft, der unselige Vorfall mit Ragnor von York sei vergessen.«
    Sie reckte das Kinn vor, und ihr Vater schmunzelte. Wie wenig sie ihrer Mutter glich, der sanften, ergebenen Naphta, die er mehr geliebt hatte als sein Leben.
    Er hatte nicht versucht, den Freigeist seiner Tochter zu brechen. Nein, er war eine geeignete Waffe, um sich gegen seine zweite Frau durchzusetzen. Sira müßte er strengere Zügel anlegen, wozu er leider nicht fähig war. Sie brachte ihn auch nach acht Jahren noch mit ihrer Leidenschaft und ihren Verführungskünsten schier um den Verstand. Er mußte sie in ihre Schranken verweisen, da sie Chessa haßte, weil sie in ihr eine Bedrohung, eine Konkurrentin sah.
    »Ragnor ist vergessen, Vater. Er war nur ein dummer Junge. Im übrigen habe ich mich an ihm gerächt und dann seinen Namen in den Sand gespuckt. Ich habe ihn längst aus meinem Gedächtnis gestrichen.«
    »Mach mir nichts vor, Eze. Die Wunden, die er dir geschlagen hat, schmerzen dich noch immer. Er hat dich sehr verletzt mit dem Gerede seiner ewigen Bewunderung und seiner anschließenden Gleichgültigkeit.«
    »Du hast mich lange nicht Eze genannt.«
    »Du wirst immer mehr zu Chessa. Es ist mir rausgerutscht. Du weißt, daß ich deinen Namen ändern mußte. Eze klang so fremdländisch. Man tuschelte bei Hofe darüber, deshalb nannte ich dich nach einer großen irischen Heldin Chessa.«
    »Klang Naphta ebenso fremdländisch?«
    Er straffte die Schultern. »Ja. Aber wir wollen nicht über deine Stiefmutter reden.«
    »Freya sei Dank«,

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