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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Klinge auf meiner Parie r stange, das Schwert fiel mir aus der umgeknickten Hand. Shoky setzte nach und ließ mir keine Gelegenheit, mein Schwert aufzuheben. Okay, ich hatte noch das Wahre Schwert … und die Flügel, um mich dünne zu machen und damit den Respekt der Flügelträger für immer zu ve r lieren.
    Abwartend beobachtete ich Shoky, in dessen Augen Todessehnsucht stand.
    »Du willst nicht allein sterben«, sagte ich leise, damit nur er mich hörte. »Du willst alle anderen mit dir ziehen und die Flügelträger den Freifliegern zum Fraß vorwerfen.«
    Die Klinge zitterte an meinem Hals.
    »Ich werde doch nur der Erste sein, Shoky«, fuhr ich flüsternd fort. »Danach kommen die anderen dran. Du hast deinen Kampfwillen ei n gebüßt … und deshalb wird es Tausende von Toten geben.«
    »Wir haben keine Chance, Danka.«
    »Solange der Kater und ich leben, haben wir eine Chance.«
    »Aber was für eine?«
    »Keine große. Nur ein wenig Hoffnung … «
    Shoky lächelte schief. Er senkte das Schwert und ließ seinen Blick über die verstummten Zuschauer schweifen.
    »Ihr könnt davon ausgehen, dass der Senior Danka und ich mit di e sem Duell unsere Nerven beruhigt haben! Alkk!«
    Ein hellhaariger, linkischer Junge drängelte sich durch die Menge und schaute Shoky fragend an.
    »Wer ist bei dem Angriff gestorben?«, erkundigte sich Shoky.
    »Der kleine Junge und der Alte, in dem Haus dort … « Alkk wies v a ge in die Richtung. »Außerdem die beiden Mädchen, die im Club sa u bergemacht haben.«
    »Aber niemand von denen, die kämpfen können«, schlussfolgerte Shoky bitter.
    »Kira hat sich den Arm verbrannt.«
    »Das wird heilen. Können mich alle hören?«
    Niemand sagte ein Wort, aber Shoky hatte auch nicht mit einer Antwort gerechnet.
    »Dann hört mir zu! Ich wende mich nicht an die Flügelträger, denn die folgen mir ohnehin. Ich wende mich an die Mädchen, Erwachs e nen und Alten. Wir Flügelträger brechen auf, das Licht zu suchen. Denjenigen, die nicht mehr kämpfen können, rate ich, sich in eine der Nachbarstädte zu begeben. Oder zu den Händlern.«
    Mir fiel ein, welche Bedeutung die Wendung »das Licht suchen« für Flügelträger hatte, oder auch der Ausdruck, jemand sei »zum Licht aufgebrochen«. In dem Moment wurde mir klar, wie genau Shoky seine Einstellung zu dem bevorstehenden Kampf in Worte gebracht hatte: Wir zogen in den Tod.
    Ob er deshalb nachgegeben hatte?
    Aus der Menge trat nun ein Mann hervor, der etwa fünf Jahre älter war als Shoky. Er hatte dunkles Haar und dunkle Haut. Ich erinnerte mich an ihn, er hatte Shoky darauf hingewiesen, dass sich jemand um mich kümmern müsse, nachdem man mir die Augen ausgestochen hatte.
    »Seit wann gelten erwachsene Männer als kampfunfähig, Senior der Flügelträger?«
    »Wann habt ihr denn zuletzt gegen die Freiflieger gekämpft?«, fra g te er mit erstaunt hochgezogener Augenbraue.
    »Es ist noch nicht lange her, Shoky. Und wer beschützt denn die K a rawane der Händler?«
    Shoky blieb hartnäckig. »Erwachsene ziehen nicht in den Kampf. Ihr habt eure Pflicht erfüllt. Jetzt … «
    » … jetzt dürfen wir also nur noch für ein Plätzchen unter einer fremden Sonne kämpfen? Ja?«
    Shoky antwortete nicht.
    »Fang lieber keinen Streit mit mir an, Junior«, meinte der Mann in einem Ton, der fast zärtlich klang, und klopfte Shoky auf die Schulter.
    Komisch, dachte ich, Len wird also immer mein Junior bleiben. Er würde es jedenfalls bleiben – wenn wir nicht aufbrechen würden, das Licht zu suchen.

5 Der Aufmarsch
    » D u solltest unserem Plan endlich zustimmen!«, sagte der Kater zu Shoky.
    Wir saßen zu dritt zusammen, Len war in sein Zimmer hochgega n gen und hatte die Tür hinter sich zugemacht. Ich hatte ihn nicht z u rückgehalten. Zu deutlich war mir noch in Erinnerung, wie er gel ä chelt hatte, als er die brennende Stadt sah.
    Shoky war immer noch nicht damit herausgerückt, was er eigentlich von unserem Plan hielt. »Du willst also, dass wir den Köder spielen?«, fragte er den Kater.
    »Nicht ihr, sondern die Erwachsenen.« Der Kater lächelte nachsic h tig. »Sie haben ja die Entscheidung getroffen, ebenfalls in den Kampf zu ziehen. Das kommt uns sehr zupass.«
    Shoky erwiderte kein Wort.
    »Die Freiflieger werden bemerken, dass wir anrücken, und uns am Fuß des Hauptturms erwarten.« Der Kater strich sich mit der Pfote übers Gesicht und fügte nachdenklich hinzu: »Ja, sie werden uns b e merken und sie werden uns erwarten …

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