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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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bei meiner geringen Flugerfa h rung. Wir landeten mitten auf dem überfüllten Platz, auf dem einzigen freien Fleckchen. Daraufhin gingen auch die anderen Flügelträger runter – allerdings mitten in der Menge.
    »Mir war von Anfang an klar, was das für ein mieser Typ ist!«, rief unser Aufpasser. »Und ich hatte recht! Heute hat dieser … Senior … einen Freiflieger entkommen lassen! Womit müssen wir da erst mo r gen bei ihm rechnen?«
    Die Menschen auf dem Platz sagten kein Wort. Es waren Senioren und Junioren gekommen, Mädchen und Erwachsene. Okay, Erwac h sene gab es nicht so viele. Alle schauten mich an, als ob …
    Mir wurde angst und bange. Wie willst du Menschen etwas erklären, die dich hassen und schon vorab ihr Urteil gefällt haben?
    »Womit müssen wir morgen bei ihm rechnen?«, wiederholte Cheky. »Mit gar nichts, denn wir rechnen heute mit ihm ab!«
    Er lachte aus vollem Hals über seinen Witz. Durch die Menge ste u erte Shoky auf mich zu. Die Leute traten sogar zur Seite, offenbar galt er was in dieser Stadt.
    »Weshalb hast du das gemacht, Danka?«, fragte er scharf.
    Da ich schwieg, hetzte der Senior, dem ich gestern eins verpasst ha t te, weiter. »Der Fall ist doch klar: Entweder ist er ein Feigling oder ein Verräter! Ich glaube, er ist ein Verräter.«
    »Halt den Mund!«, fuhr Shoky ihn an. »Danka! Was ist passiert?«
    Als ich ihm in die Augen sah, wurde mir klar: Shoky gab mir eine Chance. Zumindest versuchte er es.
    »Meine Augen«, stammelte ich zu meiner eigenen Überraschung. »Meine Augen! Ich habe manchmal … Probleme mit den Augen … dann sehe ich plötzlich schlecht. Ich bin zu dem Freiflieger geflogen und mit einem Mal habe ich die Orientierung verloren! Danach war er schon auf und davon.«
    Mir war plötzlich eingefallen, was wir vor Klassenarbeiten zusa m menfantasierten: Mir tut der Kopf weh, ich hab Magenkrämpfe, hab mir den Finger ausgerenkt … In der Schule klappte das immer.
    »Blödsinn!«, schnaubte der Senior und richtete seine Armbrust auf mich.
    Aber Shoky wies ihn mit einer energischen Geste in seine Schra n ken. Dann wandte er sich an Len: »Hast du davon gewusst?«
    Len schüttelte den Kopf. Und ihm fiel prompt noch mehr ein. Alle Achtung! »Nein, ich hab das nicht gewusst. Aber irgendwas war mit Dankas Augen. Er hat immer wieder angehalten und sie gerieben … «
    »Glaubt seinem Junior nicht, der ist selbst ein Feigling!«
    »Halt die Schnauze, Iwon!«, blaffte Shoky in scharfem Ton. »U n möglich ist das nicht. Das Wort von Danka und seinem Junior steht gegen das von dir und das von deinem Junior. So kommen wir nicht weiter.«
    Seltsamerweise steckte Iwon den Anschiss, ohne mit der Wimper zu zucken, weg. »Ein Flügelträger muss bereit sein zum Flug und zum Kampf«, sagte er, und es klang, als zitiere er die Worte aus einem Buch. »Und wenn ihm die Hand versagt, hackt ihm die Hand ab, und wenn er ein Signal überhört, schneidet ihm die Ohren ab … Erinnerst du dich noch an die Regeln für den Patrouillenflug, Shoky?«
    Dieser nickte. Ich verstand zwar nichts von alldem, beschloss aber, die Klärung des Problems gar nicht erst abzuwarten. Ich wollte ei n fach wegfliegen – und sehen, wie weit ich kam.
    Bevor ich meinen Fluchtversuch starten konnte, packte mich jemand bei den Armen. Ein anderer Junge warf sich auf den Boden und u m klammerte meine Beine. Ich versuchte gar nicht erst, mich zu wehren. Im Handumdrehen hatten sie mir meinen Flügeloverall ausgezogen, und ich stand nur noch in Unterhosen in der Menge, wieder genau so, wie ich in die Stadt gelangt war. Ohne Kleidung fühlte ich mich gleich noch viel schutzloser. Zum Glück hatte mir wenigstens jemand eine Brille aufgesetzt.
    »Du weißt, was das heißt, Danka?«, fragte Shoky. »Das Gesetz ve r langt es so.«
    Ich hatte zwar kein Wort verstanden, nickte aber trotzdem. »Was passiert mit Len?«, wollte ich wissen.
    »Wenn du den nächsten Patrouillenflug nicht mit ihm antrittst, muss er sich einen neuen Senior suchen«, antwortete Shoky mitfühlend.
    Wenn ich nicht mit ihm auf Patrouillenflug ging? Also gab es noch Hoffnung? »Len ist kein Feigling, Shoky. Hilf ihm, wenn es geht«, bat ich.
    Shoky nickte. »Was wollt ihr hier überhaupt?«, wandte er sich an die Schaulustigen. »Das ist eine Angelegenheit der Flügelträger! Und schafft die Kinder weg, sie haben hier nichts verloren!«
    Die Frauen und die kleineren Jungen stahlen sich schnell aus der Menge.
    »Wir waren auch einmal

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