Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
hatte ja nicht ich versagt, sondern nur meine A u gen. Okay, ich würde verhungern – falls nicht Len oder ein paar mi t leidige Erwachsene mir hin und wieder etwas zu essen gaben …
    »Weine nicht«, wiederholte Gert, während er die Tränen von meinen Wangen wischte. »Du verschmierst die Salbe und davon habe ich nicht so viel. Ohne sie kommt der Schmerz zurück.«
    Mir doch egal! Ich hob die Hand, brachte es aber nicht über mich, meine fest zusammengepressten Lider zu berühren. In diesem M o ment ging die Tür auf und ich hörte Schritte.
    Das war es also, was mir noch blieb: Geräusche. Bis in alle Ewigkeit hinein würde ich nur noch das Trippeln von Schritten und rücksicht s volle Stimmen hören.
    »Wie geht ’ s dir, Senior?«, fragte Len leise.
    Seiner Stimme nach zu urteilen, stand er neben dem Bett, in dem ich lag. Ich tastete nach seiner Hand und drückte sie fest.
    »Weshalb?«, flüsterte ich. »Weshalb hat Shoky das getan? Warum hat ausgerechnet er … mich blind gemacht?«
    Diese Frage ließ mir keine Ruhe.
    »Wenn er Iwon den Dolch gegeben hätte, hätte der versucht, dich umzubringen«, antwortete Len mit leiser Stimme. Er warf sich auf mich und fing an zu weinen: »Das ist alles wegen mir! Das ist alles nur wegen mir! Danka … Ich hätte alles erklären müssen!«
    »Dich hätten sie auf der Stelle umgebracht!«
    »Ich hätte alles von Anfang an erzählen müssen! Ich bin ein Fei g ling! Das ist alles nur meine Schuld! Weil ich so ein Feigling bin, S e nior!«
    »Du solltest diese Worte nicht leichtfertig gebrauchen, mein Junge«, mahnte der alte Gert. »Du bist kein Feigling. Du bist nur nicht für di e sen Krieg geschaffen. Wir haben einst einen Fehler gemacht, für den aber jetzt ihr bezahlen müsst.«
    »Bist du derjenige, der sich noch an die Sonne erinnert?«, fragte ich, während ich Len in den Arm nahm. Mein Freund schluchzte schon nicht mehr ganz so jämmerlich. Komischerweise hatten seine Tränen mich beruhigt. Aber ich war immer noch der Senior! Deshalb musste ich stärker sein. Und das würde ich auch.
    »Ganz richtig, mein Junge. Ich bin einer der Letzten, die sich noch an das Wahre Licht erinnern.«
    »Zu dir wollten wir sowieso«, meinte ich. »Len, wo ist der Kater?«
    »Ich bin hier«, meldete sich der Kater. Orientierte ich mich an seiner Stimme, schwebte er in der Luft über mir. »Bislang habe ich g e schwiegen, weil ich mir erst ein Bild von der Situation machen wol l te.«
    Seine Stimme klang ernst, aber relativ ruhig. Das ließ mich wieder hoffen.
    »Kater! Du hast mich doch damals gesund gemacht! Weißt du noch?«
    Der Kater schwieg.
    »Träume ich das?«, fragte stattdessen Gert. »Bist du ein sprechender Kater?«
    »Weder dass ich spreche noch dass ich leuchte, ist ein Traum«, ka n zelte ihn der Kater ab. »Danka, ich kann dir nicht helfen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.«
    Ich seufzte und malte mir aus, wie schön es gewesen wäre, einfach mit Len nach Hause zu gehen und dort eine Kissenschlacht mit dem Kater anzufangen. Ich konnte nichts dagegen tun: Ich fing wieder an zu weinen.
    »Meine Kräfte reichen dafür nicht«, entschuldigte sich der Kater. »Wenn ich nur das geringste bisschen Licht hätte, Wahres Licht meine ich, würde ich dich sofort kurieren. Tut mir leid.«
    »Aber wenn wir Licht finden, kannst du mir helfen?«
    Mein Bett erbebte, als der Kater neben mir landete. Er hatte also gar nicht in der Luft geschwebt – woher hätte er auch die Kraft für einen Flug nehmen sollen? –, sondern Gert hatte ihn auf dem Arm gehalten. Solchen Irrtümern würde ich in Zukunft ständig aufsitzen …
    »Sag doch was!«, verlangte ich.
    »Eines Tages … vielleicht … werde ich dich kurieren können«, sagte der Kater.
    Na, das war ja ein toller Trost! Nun stapfte Gert mit schweren Schritten durchs Zimmer und wühlte anscheinend in einem Schrank, denn ich hatte gehört, wie eine Tür gequietscht hatte und irgendwas verschoben worden war.
    »Verzeihst du mir, Danka?«, fragte Len.
    »Hör auf damit, Junior«, bat ich. »Wir sind doch Partner.«
    »Also, Kinder, wenn ich es richtig verstanden habe, braucht ihr Wahres Licht, oder?«
    Ich spürte, wie der Kater aufmerkte und sich in die Richtung wandte, aus der Gerts Stimme kam.
    »Ja, um Danka zu retten. Mir selbst würde ein wenig Wahres Licht auch nicht schaden.«
    »Len, du bist doch einer von uns«, fuhr Gert fort. »Ich war der Jun i or deines Urgroßvaters. Damals hat all das angefangen, mein Freund … Du

Weitere Kostenlose Bücher