Der Herr der Finsternis
versprochen hat … aber für dich wird es nützlich sein.«
»Das hat sie auch behauptet«, brachte ich müde heraus und ließ mich aufs Deck plumpsen. Len beobachtete uns erstaunt. »Dreh dich mal um, sonst verbrennst du dir den Bauch«, riet ich ihm.
Hier stimmte doch was nicht. Alles geriet … aus dem Ruder. Und zwar extrem.
»Es ist alles in Ordnung, Danka«, beruhigte mich der Kater mit we i cher Stimme. Sein Ton erinnerte mich an Garet.
»Halt die Klappe!«, brüllte ich. »Ich bin nicht dein Werkzeug, ve r giss das nicht!«
Dann sprang ich auf und marschierte zu Garet hinüber. »Was sollte das?«, fragte ich scharf.
»Das wirst du begreifen, wenn du gewonnen hast«, antwortete sie mysteriös. »Aber wenn du dein Duell verlierst … wozu musst du es dann wissen?«
Was sollte ich ihr darauf sagen? Und streiten konnte ich mich jetzt nicht mit ihr.
»Wir müssen zurück«, presste ich heraus, während ich woanders hinsah.
»Gut, dann öffnen wir den Durchgang«, willigte Garet ein. »S o fort?«
»Ja.«
»Reata!«
Die beiden stellten sich wieder neben den Mast und sahen sich in die Augen.
»Wenn ihr zurückwollt, dann fliegt gefälligst«, sagte Reata frech, wobei sie sich eher an Len als an mich wandte. »Wir öffnen einen Korridor über der Jacht.«
Len griff nach seinem Overall. Mir fiel auf, wie er beim Anziehen schmerzhaft das Gesicht verzog. Also hatte er sich doch einen So n nenbrand eingefangen!
»Ich muss euch noch euren Lohn zahlen«, meinte Garet plötzlich. »Schließlich haben wir vereinbart, dass die Arbeit bezahlt wird.«
»Die Arbeit war ja nicht gerade schwer«, knurrte ich. »Gehen wir mal davon aus, dass wir quitt sind. Öffnet jetzt den Durchgang.«
»Sei mir nicht böse, Danka«, bat Garet mit einer Stimme, die mit e i nem Mal ganz schuldbewusst klang. »Guten Flug!«
Ich spreizte die Flügel und schoss hinauf in den Himmel. In Ric h tung des regenbogenfarbigen Films, hinter dem die Finsternis lauerte. Die fast schon vertraute Finsternis. Len und der Kater folgten mir.
»Auf Wiedersehen!«, schrie Garet uns nach.
So flogen wir hinein in die Finsternis.
Dritter Teil
Die Freiflieger
1 Der Schlüssel
» I n die Stadt der Händler brauchen wir nicht zurückzufliegen«, rief mir der Kater zu. Ich nickte. Wenn ich was nicht wollte, dann war es, die Händler zu sehen. Oder ihre Stadt.
Wir flogen dicht nebeneinander. An meiner Flügelspitze nahm ich den Flügelschlag Lens wahr. Der Kater schwirrte etwas voraus, ein orangefarbener Fellball, der in einem warmen Licht leuchtete. I r gendwie hatte es sich so ergeben, dass er die Führung übernommen hatte und die Richtung vorgab. Mir sollte es recht sein. Schließlich wusste ich sowieso nicht, wohin wir jetzt fliegen und was wir tun sol l ten.
Die Händlerstadt erstreckte sich unter uns, ein dämmriger Flecken, der jedoch vor dem Hintergrund der Finsternis förmlich zu strahlen schien. Dann folgten die Berge, wir erspähten sogar eine Karawane, die über den Pfad dahinzog.
Schweigend und ziellos flogen wir immer weiter, die Flügel saugten alle Kraft aus uns heraus und verwandelten die Verletzung und die Scham in eine milde Traurigkeit.
Es war alles in Ordnung. Garet konnte mir gestohlen bleiben! Die anderen Händler auch. Wenn wir erst mal gewonnen hätten, würde ich ihnen allen befehlen abzuziehen. Kein Einziger von ihnen sollte in der Welt der Flügelträger zurückbleiben.
Irgendwann drosselte der Kater das Tempo und wartete, bis wir zu ihm aufgeschlossen hatten. »Fühlst du dich jetzt besser, Danka?«, fragte er.
Ich antwortete mit keinem Wort.
»Dann wollen wir landen, ihr müsst euch ausruhen«, befahl der K a ter und stürzte wie ein Stein nach unten. Len legte bereitwillig die Flügel an, um seinem Beispiel zu folgen. Ich wollte den Flug jedoch noch nicht aufgeben und mich einfach fallen lassen und folgte deshalb in Spiralen dem orangefarbenen Fleck.
Der Sonnenkater und Len warteten auf dem kleinen Vorsprung einer senkrechten Felswand auf mich. Ohne Flügel wäre es unmöglich g e wesen, jemals zu dieser Stelle zu gelangen. Vielleicht hatte hier sogar vor uns noch nie ein Mensch gestanden …
»Sollen wir etwa hier eine Pause einlegen?«, fragte ich. Wenn man fliegt, hat man komischerweise nie Angst vor der Höhe. Aber sobald man an einem senkrechten Abgrund landet und im scharfen Wind steht, wird einem schwindlig.
»Ja.« Der Kater schlug mit einem Mal einen überraschend feierl i chen Ton an. »Allerdings
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