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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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gesagt hatte: Er durfte die Stadt auf keinen Fall anzünden.

3 Das Schwarze Feuer
    D er Kater steckte den Kopf aus dem Ausschnitt des Flügeloveralls. »Wie lange wollen wir das Ganze denn noch hinauszögern?«, fragte er mürrisch.
    Ich antwortete nicht. Schon seit einer halben Stunde schwebten wir über dem Turm der Freiflieger, ohne einen von ihnen zu entdecken. Ein paar Mal war Len im Sturzflug nach unten gegangen, hatte eine Runde um den Turm gedreht und war danach wieder zu uns hochg e stiegen. Hätte es im Turm viele Freiflieger gegeben, wären sie ihm mit Sicherheit hinterhergejagt.
    »Danka! Wie lange noch?«, wiederholte der Kater.
    Ich sah Len an, legte die Flügel kurz an und ging tiefer. Langsam wuchs der Turm uns entgegen – als ob nicht wir sanken, sondern die Felsen sich aufblähten.
    Normalerweise errichteten die Freiflieger ihre Türme in der Nähe von Seen, Flüssen oder Sümpfen. Dabei waren sie auf das Wasser überhaupt nicht angewiesen. Vielleicht verlangte es ihre Tradition oder es entsprach ihren Vorstellungen von Schönheit.
    Dieser Turm dagegen stand mitten im Gebirge, Wasser gab es ring s um keines. Er hieß der Runde Turm, obwohl niemand sagen konnte, was an ihm runder war als an den anderen Türmen. Hierher war Kurt, der Ex-Senior von Len, geflogen, als er beschlossen hatte, ein Fre i flieger zu werden. Vermutlich hatte Len deshalb vorgeschlagen, ihn anzugreifen.
    Wir landeten auf der Plattform oben an der Spitze des Turms. Drei schmale Steinsäulen trugen ein Holzdach, eine Konstruktion, die an einen Schellenbaum erinnerte. Die Bretter waren bereits durchgefault, die Plattform zugemüllt und in Vertiefungen im Boden stand Wasser. Die Luke, durch die man nach unten gelangte, war halb offen.
    »Was für Schmutzfinken!«, zischte der Kater verächtlich, während er aus meinem Ausschnitt kletterte und mit einem Satz auf dem Boden landete. »Schämen sollten sie sich! Wartet hier, Jungs, ich gehe vor.«
    »Warum das?«, wollte ich wissen, hauptsächlich um nicht als feige dazustehen – denn eigentlich war mir angst und bange.
    »Ich gebe kein so gutes Ziel ab«, erklärte der Kater. »Wartet hier!«
    Er sprang durch die Luke, glitt nicht nach unten, sondern sprang ta t sächlich. Sein Fell leuchtete grell, doch wie hätte er es hier verstecken sollen? Immerhin konnte er den Freifliegern mit dem Licht Angst ei n jagen.
    Ohne mich mit Len abzusprechen, zogen wir beide unser Schwert. Die Scheide des Wahren Schwerts war noch immer leer, was mich ein wenig beruhigte.
    »Kommt runter«, fiepte der Kater von unten.
    Der Raum, in den wir gelangten, war ebenfalls leer und zugemüllt, Umrisse ausgetrockneter Pfützen zeichneten sich ab, überall lag was rum, Anziehsachen, aber auch Schwerter ohne Scheiden. Lens Gesicht verkrampfte sich plötzlich. »Das ist Kurts Schwert … «, stotterte er und zeigte mit der Hand auf eine Klinge.
    Ein Schwert wie jedes andere auch, länger als meins und mit einem blutroten Stein am Griff. Als ich es vorsichtig mit dem Fuß anhob, klirrte der Stahl.
    »Pst!«, zischte der Kater, der die dunkle Wendeltreppe hinunte r spähte.
    Wir erstarrten, doch offenbar wollte der Kater nur in die Dunkelheit hineinlauschen.
    »Das ist ein gutes Schwert«, flüsterte Len mir ins Ohr. »Besser als deins. Willst du es nehmen?«
    »Mein Schwert ist auch gut«, erwiderte ich genauso leise. »Das dort ist mir zu schwer.«
    »Gehen wir!« Der Kater rannte die Stufen hinunter. Wir folgten ihm, indem wir uns an dem Licht orientierten, das er ausstrahlte. Im Turm half uns die Brille kaum und den Wahren Blick wollte ich nicht benu t zen.
    »Komisch … Warum brennen hier denn keine Fackeln?«, hauchte Len.
    »Vielleicht ist der Turm ja verlassen?«
    »Die haben doch nie genug Türme«, wandte Len ein. »Die leben nämlich nicht gern beengt … «
    Die Treppe führte uns in ein rundes Zimmer irgendwo in der Mitte des Turms. Der Kater sprang die letzte Stufe hinunter – und blieb wie angewurzelt stehen. Da ich ahnte, dass etwas nicht stimmte, stürzte ich zu ihm.
    An der Wand stand ein Bett, ein ganz normales Bett mit einem we i ßen Laken. Auf ihm lag ein Freiflieger und starrte an die Decke. Ein Arm baumelte herab, die Membran der Flügel zitterte im schwachen Luftzug.
    Der ist tot, dachte ich ganz ruhig. Aber Len, der sein Schwert mit beiden Händen gepackt hielt, schlich sich vorsichtig ans Bett. Ich rief mir in Erinnerung, dass tote Freiflieger versteinern.
    Mit einem knirschenden

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