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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Das Wahre Schwert hatte sich noch nicht wieder materialisiert, sondern wartete weiterhin auf seine große Stunde. Wenn es endlich auftaucht, dachte ich, werde ich der Versuchung, es sofort zu ziehen, bestimmt kaum widerstehen können.
    Aber gut, darüber konnte ich mir den Kopf zerbrechen, wenn es so weit war.
    Ich setzte mich aufs Bett und schaute mit einem Blick voller Hass auf das Fenster mit der Gardine davor. Am liebsten hätte ich die Vo r hänge zurückgezogen und … nein, nicht die Sonne, es war ja sowieso Nacht … aber die Sterne, die wenigstens hätte ich gern gesehen. Viele und hell leuchtende Sterne, so wie in den Bergen. Und den Mond. Ob es hier nur einen Mond gab oder mehrere? Irgendwann hatte ich mal geträumt, ich würde nachts in einem See baden. Als ich da nach oben schaute, sah ich über mir e i nen ganzen Haufen Monde, jeder in einer anderen Farbe. Eigentlich schade, dass es so was nur im Traum gab.
    Aber hier … Selbst wenn es hier eine ganze Handvoll Monde gäbe, würde doch eine Kleinigkeit fehlen: die Sonne.
    Ich hörte, wie die Tür quietschte, und wandte mich vom Fenster ab. Len steckte seinen Kopf ins Zimmer.
    »Schläfst du schon?«, fragte er, warum auch immer. Ach ja, ich ha t te das Licht nicht angemacht, und Len trug keine Brille.
    »Komm rein.« Ich klatschte in die Hände, doch aus irgendeinem Grund gingen die Lampen nicht an.
    »Meine funktioniert auch nicht.« Trotzdem durchquerte Len mit s i cheren Schritten das Zimmer und setzte sich auf den Bettrand. »Ich hätte sie längst austauschen sollen, noch bevor wir losgezogen sind. Morgen werde ich im Lager vorbeischauen und … «
    »Hmm«, brummte ich nur.
    Len wusste nicht, was er sagen sollte, und ich war mit einem Mal auch verlegen. Es war irgendwie, als säße er mit verbundenen Augen da und spräche mit mir.
    »Die Dinger müssen wirklich ersetzt werden«, sagte ich und ve r zichtete auf meinen Wahren Blick. »Sonst sitzen wir ja in der Dunke l heit … Hast du vielleicht Kerzen?«
    »Unten. Soll ich sie holen?«
    »Ach, egal, wir müssen eh bald schlafen. Len?«
    »Was?«
    »Das vorhin tut mir leid … «
    »Schon gut, ich verstehe es ja … Ich möchte dir gern was sagen, Danka, aber nimm ’ s mir bitte nicht übel.«
    Mir schwante nichts Gutes. »Ja?«
    »Ich werde das Schwarze Feuer ausgießen.«
    »Warum denn das?«
    »Es ist meine Stadt. Wenn du sie anzündest, wirst du unser Feind. Dann bist du nur noch ein Fremder, der mit seiner eigenen Wahrheit hierhergekommen ist. Versteh das bitte nicht falsch!«
    »Und wenn du die Stadt anzündest?«
    »Dann werde ich zum Verräter. Aber in meinen Augen verrate ich nicht die Stadt und nicht die Menschen, denn ich liebe sie ja. Ich ve r rate unser bisheriges Leben. Wenn wir scheitern, bleibe ich ein Verr ä ter. Aber wenn unser Vorhaben glückt und unser Leben sich ändert, dann gelte ich nur als Rebell.«
    »Als Freiheitskämpfer«, bestätigte ich. »Aber wie willst du dich g e gen die Finsternis wehren, Len?«
    »Das schaffe ich schon«, knurrte Len. »Bist du einverstanden, Da n ka?«
    »Lass uns erst mal das Schwarze Feuer holen. Danach sehen wir weiter.«
    »In Ordnung«, sagte Len ohne Widerrede.
    »Hast du Angst?«, fragte ich .
    Er zappelte etwas herum und sagte dann: »Es ist so dunkel … Früher hatte ich nie Angst vor der Dunkelheit, Ehrenwort. Aber jetzt ist es so … als würde sie nur darauf warten, mich anzuspringen.«
    »Weißt du was«, schlug ich vor, »schlaf doch einfach hier.«
    »Darf ich wirklich?«
    »Klar.«
    Nur zu gern streckte sich Len im Bett aus. »Mit dir zusammen habe ich keine Angst mehr«, meinte er und klang schon viel fröhlicher. »Ich wollte schon den Kater zu mir rufen, aber der sitzt unten und liest.«
    »Der Herr Professor«, spottete ich. »Len, wir müssen morgen P a trouille fliegen, da dürfen wir nicht verschlafen.«
    »Ich wache immer früh auf«, versicherte Len schläfrig. »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«
    Ich schloss ebenfalls die Augen und legte mich hin. Mein Junior a t mete gleichmäßig neben mir, ansonsten herrschte Totenstille. Gute Nacht … Was für ein alter Wunsch! Vielleicht haben sich sogar schon die Urmenschen eine gute Nacht gewünscht, bevor sie sich hingelegt haben. Und bestimmt haben sie genau wie wir daran geglaubt, dass dieser Wunsch sie vor jedem Unglück bewahrt.
    Ob der Gutenachtwunsch wohl irgendjemandem hilft, wenn ich die Flasche mit dem Schwarzen Feuer über der Stadt ausgieße?
    Denn egal, was Len

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